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Hoher Einsatz (German Edition)

Hoher Einsatz (German Edition)

Titel: Hoher Einsatz (German Edition)
Autoren: Saskia Berwein
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aus dem Stadtrat zusammensitzt und sich aus der Runde nicht einfach verabschieden kann, ohne negativ aufzufallen, kommt einem jede Minute wie eine halbe Ewigkeit vor.«
    Jennifer riskierte einen kurzen Blick über die Schulter. Sie beneidete Oliver nicht darum, die letzten Stunden mit besagten Herrschaften an einem Tisch verbracht zu haben. »Es gibt wohl keine bessere Gelegenheit als die Weihnachtsfeier, um Frieden miteinander zu schließen«, bemerkte sie nicht ohne Sarkasmus. »Sieht jedenfalls ganz nach schöner, heiler Welt aus.«
    »Und hält vermutlich nicht mal bis Januar.« Er deutete ein Kopfschütteln an. »Was aber auch nicht weiter verwundert. Ich glaube, ich habe noch nie eine derart lahme Veranstaltung erlebt.«
    Lahm war noch eine beschönigende Bezeichnung, steif und förmlich traf es eher. Ein teures Restaurant, vorgegebene Sitzordnung, ein Vier-Gänge-Menü, anschließend an die Bar oder auf die kleine Tanzfläche, die Dank der eintönigen Musikauswahl nicht einmal zur Hälfte gefüllt war. Für die Behördenleiter und Stadtabgeordneten war es ein angemessener Rahmen, für alle anderen machte es aus der sogenannten Feier eine unbeliebte Pflichtveranstaltung.
    Jennifer unterdrückte ein Seufzen. »Jetzt hast du es überstanden. Zumindest den hochoffiziellen Part.«
    »Gott sei Dank.« Seine graublauen Augen blitzten schelmisch auf. »Allerdings nicht rechtzeitig, um dich vor Fröhlich zu retten.«
    Jennifer verdrehte die Augen. Sie war Jarik Fröhlich, den Leiter der Kriminaltechnik, erst vor wenigen Minuten losgeworden. Seine Eroberungen hatten im Präsidium bereits Geschichte geschrieben, und seitdem sie in Lemanshain angefangen hatte, hatte er noch keine Gelegenheit ausgelassen, um sie für ein Abenteuer zu gewinnen.
    Der Barmann kam, und der Staatsanwalt orderte ein Wasser. Sie nahm seine Bestellung als willkommenen Anlass, das Thema erst gar nicht weiter erörtern zu müssen. »Du hast wohl den falschen Lostopf erwischt«, bemerkte sie in Anspielung auf die bei der Polizei praktizierte Regelung, per Los darüber zu entscheiden, welche Beamten bei Feiern und ähnlichen Anlässen für den Ernstfall nüchtern zu bleiben hatten. Eine Lösung, die bei den anderen Behörden ebenfalls Schule gemacht hatte.
    Der Staatsanwalt schüttelte allerdings den Kopf. »Freiwilliger.« Sein Blick streifte ihr Glas. »Wenn ich raten müsste, genauso wie du.«
    »Zwangsweise. Du weißt doch, chronisch unterbesetzt.« All ihre Kollegen waren entweder bereits im Urlaub oder krank. Sie war die letzte Kriminalbeamtin, die kurz vor Weihnachten noch geblieben war. »Wenigstens wurde mir mein Urlaub nicht gestrichen.«
    Er musterte sie eine Sekunde lang. »Irgendwie habe ich den Eindruck, dass dich das nicht sonderlich gestört hätte.«
    Die Kommissarin zuckte die Schultern. »Hätte mir das wundervolle Familientreffen und die Festlichkeiten in Heidelberg erspart.« Sie warf ihm einen Seitenblick zu. »Und, was steht bei dir an?«
    »Ich fliege mit einem Freund nach Teneriffa, wo wir die schönste Zeit des Jahres in einem abgelegenen Ferienhaus verbringen werden – weit ab von Jingle Bells und Nordmanntannen.«
    Jennifer musste ein Lachen unterdrücken. »Wenigstens bin ich nicht die Einzige, die Weihnachten nicht ausstehen kann.«
    »Nicht ausstehen?«, fragte er lächelnd. »Ich hasse es.«
    Der Barmann brachte das bestellte Wasser. Der Staatsanwalt hob sein Glas zu einer feierlichen Geste. »
Cheers
, auf entspannte und möglichst verwandtschaftsfreie Weihnachten.«
    Sie stießen an und beobachteten einige Minuten lang schweigend das Treiben auf der Tanzfläche. Ein neues Musikstück wurde angespielt, zur Abwechslung ertönten die ersten Takte eines alten, aber immerhin einigermaßen tanzbaren Songs.
    Oliver Grohmann fing Jennifers Blick ein und hielt ihr die Hand hin. »Ich hoffe, die Frage ist nicht zu aufdringlich.« Seine Mundwinkel verzogen sich zu einem Grinsen. »Hast du Lust, Fröhlich ein bisschen eifersüchtig zu machen?«
    Für den Bruchteil einer Sekunde war sie einfach nur überrascht, dann erwiderte sie jedoch sein Grinsen mit einem Lächeln. »Einen Versuch wäre es wert.«
    Sie wollte gerade seine Hand ergreifen, als die Musik plötzlich verstummte. Der Spot über dem kleinen Podest, von dem aus die Behördenleiter und der Gesandte des Bürgermeisters die üblichen Danksagungen verkündet hatten, flammte auf.
    Dieses Mal war es jedoch ein Polizist in Uniform, der hinter das Mikrofon trat. Einer der
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