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Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 2

Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 2

Titel: Hogan, S: Steampunk-Saga: Episode 2
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indischen Subkontinent nur eine Handvoll Dampfkutter. Aber da der Inder zweifellos ein reicher Mann war, hatte er gewiss auch schon in seiner Heimat dieses Transportmittel benutzt.
    Allerdings gab es in einigen Regionen Indiens fanatische Maschinenstürmer, wie auch im britischen Mutterland selbst. Das waren in Kates Augen abergläubische Gesellen, die mit Gewalt den Fortschritt aufhalten wollten. Gewiss, manche von diesen armen Schluckern fürchteten um ihre Arbeitsplätze. Dafür hatte Kate großes Verständnis. Doch vor allem in Indien waren viele Maschinenstürmer Anhänger von grausamen Sekten, die ihre unheimlichen Götzen durch die moderne Dampftechnik bedroht sahen. Teilweise wurden sogar Erfinder ermordet, weil sie es gewagt hatten, sich neue Lösungen für altbekannte Menschheitsprobleme auszudenken.
    Doch Kate war sicher, dass diese Kerle niemals die Oberhand gewinnen würden. Seit der Erfindung des Rades in grauer Vorzeit hatte sich immer der menschliche Einfallsreichtum durchsetzt.
    Raja Singh räusperte sich und ergriff das Wort. Trotz des Maschinenlärms konnte Kate ihn laut und deutlich verstehen, denn er sprach sehr klar.
    „Darf ich mir erlauben, eine Frage an Sie zu richten, Miss Fenton? Oder wird dadurch Ihre Konzentration zu sehr beeinträchtigt?“
    „Ganz und gar nicht, Sir. Es ist mir ein Vergnügen, mit Ihnen zu reden. Und ich fliege meinen Dampfkutter sicher, auch wenn ich währenddessen Konversation betreibe.“
    „Daran zweifle ich nicht im Geringsten. – Ich würde zu gerne von Ihnen wissen, ob Sie schon einmal unsere geliebte Regentin Queen Victoria leibhaftig vor sich gesehen haben.“
    „Ja, als ich noch ein kleines Mädchen war. Sie werden wissen, dass unsere Königin den Thron bereits 1837 bestiegen hat. Es war anlässlich einer Geburtstagsparade wenige Jahre nach ihrer Inthronisierung. Die Queen fuhr in einer vergoldeten Kutsche durch London, die von sechs feurigen Rossen gezogen wurde. Sie kam mir wunderschön vor. Damals wollte ich auch eine Königin sein. Aber heute bin ich Gott dankbar für mein Leben als Dampfkutter-Pilotin.“
    „Fällt es Ihnen deshalb so schwer, über unsere Queen zu reden? Ich fürchte, dass ich Sie mit meiner Frage betrübt habe, Miss Fenton. Das bedaure ich aufrichtig.“
    Ein Schatten huschte über Kates Gesicht. Aber das konnte der Inder nicht sehen, weil sie ihm den Rücken zudrehte. Sie musste schließlich darauf achten, wohin sie das Luftfahrzeug lenkte. Ihre verantwortungsvolle Arbeit half ihr dabei, ihre Fassung zurückzugewinnen.
    „Nein, meine plötzliche Melancholie hat mit der Königin direkt nichts zu tun. Ich erinnerte mich nur gerade an diesen Festtag, weil mein Vater mich zu der Parade mitgenommen hat. Wie gesagt, ich war noch ein Kind. Heute lebt er nicht mehr, und dieser Tag, an dem ich die Queen sehen durfte, zählt zu meinen schönsten Kindheitserinnerungen und Momenten mit meinem Vater.“
    „Es tut mir leid, dass ich diese Wunde wieder aufgerissen habe, Miss Fenton. Können Sie einem alten Narren noch einmal verzeihen?“
    Kate musste grinsen, obwohl sie noch wenige Momente zuvor von traurigen Erinnerungen gequält wurde. Sie war eben ein sehr sprunghafter Mensch.
    „Sie sind gewiss kein Narr, Sir. Und Ihre Frage nach unserer Königin war durchaus unverfänglich und keineswegs zu indiskret. – Dort drüben sehen Sie übrigens den Buckingham Palace, in dem sich die Queen während ihrer Londoner Regierungstage üblicherweise aufhält.“
    Kate deutete auf das imposante Gebäude. Mit einem schnellen Blick rückwärts über die Schulter stellte sie fest, dass Raja Singh nun wirklich interessiert die Palastarchitektur musterte. Damit war das Thema Queen Victoria für den Moment offenbar erledigt. Jedenfalls unternahm er keinen weiteren Anlauf, eine Plauderei zu beginnen.
    Kate flog einen weiten Bogen über den Bloomsbury Way und landete mit einem eleganten Schwung direkt vor dem Museum. Die imposante Gebäudefront mit den weißen Säulen erinnerte an die antiken Tempel, die Kate aus ihren früheren Schulbüchern kannte.
    Wie jedes englische Schulkind hatte Kate auswendig lernen müssen, dass das Britische Museum in London 1759 geöffnet worden war, also vor fast einhundert Jahren. Ihr Lehrer Mr Willoughby hatte auf solche Daten größten Wert gelegt. Wenn ein Kind diese Zahlen vergaß, hatte es ein paar Schläge mit dem Rohrstock bekommen.
    Kate fasste sich unwillkürlich an ihr Hinterteil. Irgendwann hatte auch sie sich
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