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HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK

HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK

Titel: HOFFNUNG AUF DAS GROSSE GLÜCK
Autoren: JOANNA MAITLAND
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Vogelgezwitscher magisch. Lag es an seiner erhöhten Aufmerksamkeit, dass er die Schönheit seiner Umgebung so überdeutlich wahrnahm – und vielleicht zum letzten Mal?
    Er lächelte vor sich hin. Nein. Es lag nicht an der morbiden Faszination seines vielleicht letzten Tages auf Erden. Es war Freude, Freude, dass Emma, seine Frau, ihn liebte, Freude, dass sie in seinen Armen Erfüllung gefunden hatte, Freude, dass sie es endlich geschafft hatten, gemeinsame Leidenschaft zu erleben, selbst wenn es nur für eine Nacht gewesen war.
    Und es würde mehr Nächte geben wie diese. Er war sich dessen beinahe sicher. Emmas Liebe schien wie eine Rüstung für ihn zu sein, machte ihn beinahe unbesiegbar. Er musste überleben, um zu ihr zurückzukehren.
    Kit an seiner Seite war still und widmete seine Aufmerksamkeit ganz den Pferden. Es gab wenig Verkehr um diese Stunde, aber Pünktlichkeit war jetzt lebenswichtig. Hugo lehnte sich in die weichen Lederpolster und schloss die Augen. Er würde sich gestatten, einen Moment lang von Emma zu träumen. Und dann würde er jedes Gefühl ganz tief in sich vergraben, um sich gegen die Begegnung mit seinem Todfeind zu wappnen. Er war entschlossen, ganz kühl zu bleiben. Forster hatte Hugos Kameraden auf dem Gewissen. Ein solcher Mann verdiente keine Gnade.
    Als sie Paddington Green erreichten, hatte die Sonne den Frühnebel beinahe vertrieben. Es war noch Zeit. Um fünf Uhr würden sie einander im ersten Tageslicht gegenüberstehen.
    Emma reckte sich zufrieden, traumbefangen. Nein, sie träumte nicht. Der Mann ihrer Sehnsucht liebte sie, und in dieser Nacht hatte er sie in ein Land der Wunder und Ekstase geführt. Hugo hatte ihr gezeigt, dass sie mehr Macht über ihn besaß, als sie sich jemals hatte vorstellen können. Wenn sie ihn berührte, reagierte sein Körper, genau wie ihrer auf ihn. Er hatte ihr gesagt, dass sie ihn besiegt hatte, und er war nur zu gern bereit, sich zu ergeben.
    Sie seufzte leise bei der Erinnerung daran. Gleich wollte sie ganz aufwachen und sich zu ihm drehen. Er würde auf sie warten.
    Hugo schritt auf und ab, während er ungeduldig mit den Handschuhen gegen seine Hüfte schlug. Die Sekundanten waren da, genau wie der Arzt, der am Waldrand wartete. Nur Forster fehlte.
    Kit trat auf ihn zu und hielt ihn fest. „Es sind noch fünf Minuten, Hugo. Er wird kommen. Sonst wäre er ein Feigling.“
    Hugo war nicht in der Stimmung, sich beruhigen zu lassen. Er schüttelte Kits Hand ab und nahm seine Wanderung wieder auf.
    Seufzend ging Kit zurück, um sich mit den Sekundanten zu beraten.
    Die Glocke von St. Mary schlug die volle Stunde. Hugo hob den Kopf und lauschte. Eins. Zwei. Und keine Spur von Forster. Drei. Von ferne waren die Hufe galoppierender Pferde zu hören.
    Beim fünften Schlag erschien eine geschlossene Kutsche zwischen den Bäumen, gezogen von einem dampfenden Gespann. Forster war angekommen.
    Hugo nickte seinen Sekundanten zu. Für ihn gab es nichts zu tun, bis die Waffen begutachtet und die Entfernung abgemessen war. Kit würde ihm Bescheid sagen, wenn alles so weit war. Hugo entfernte sich ein Stück von der kleinen Gruppe. Fünfundzwanzig Schritte, dachte er und zählte. In dieser Entfernung würden sie einander gegenüberstehen.
    Eins, zwei … was war da los? Die Sekundanten verhandelten aufgeregt. Forster war nicht zu sehen. Hugo vermutete, dass er sich nach wie vor in der Kutsche befand. Dummer Kerl. Seine Muskeln würden vom Sitzen verkrampft sein. Nicht die beste Vorbereitung für ein Duell, selbst wenn es nicht mit Degen ausgefochten wurde. Vier, fünf …
    Endlich begannen die Sekundanten, das Gelände abzumessen. Kit kam und führte ihn zu seinem Platz. Forster war noch immer nicht ausgestiegen. Kit berührte Hugo am Arm. „Forsters Sekundant wird das Taschentuch fallen lassen“, erklärte er. „Ich …“ Er verstummte. Forster stieg aus der Kutsche, endlich. „Gütiger Gott“, rief Kit aus. „Das werde ich nicht durchgehen lassen!“ Er ging zu den anderen Sekundanten, und seiner Haltung war die Empörung deutlich anzusehen.
    Forster trug wie Hugo einen schlichten dunklen Mantel. Doch während Hugo barhäuptig war, trug Forster eine eng anliegende schwarze Kappe, wie sie zuweilen von den Alten getragen wurden, wenn sie frierend am Feuer hockten.
    Hugo hörte Kits ärgerliche Stimme, verstand indes nicht, was er sagte. Sicher warf er Forster einen Regelbruch vor, indem er seinen Kopf bedeckte, um ein weniger gut sichtbares Ziel
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