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Hoffnung am Horizont

Hoffnung am Horizont

Titel: Hoffnung am Horizont
Autoren: Kerry Greine
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wegen
Nahrungsverweigerung! Verdammt Jules, du bist schwanger! Hast du eine Sekunde
lang mal an dein Baby gedacht?“
    Ich glaube, ich habe Chris
noch nie so wütend gesehen. Er ist eigentlich immer ausgeglichen und gut
gelaunt, aber jetzt brüllt er fast schon.
    „Ich habe Cornflakes
gegessen. Was anderes ist nicht dringeblieben.“, gebe ich kleinlaut zu und
senke kurz den Blick auf die Tischplatte vor mir.
    Ungläubig starrt er mich
an, schüttelt den Kopf.
    „Okay, Jules, das reicht!
Komm mit!“
    Er zerrt mich vom Stuhl
hoch und hinter sich her in sein Schlafzimmer. Dort schiebt er mich vor die
verspiegelte Tür seines Kleiderschranks.
    „Sieh dich an, Jules.“,
verlangt er energisch.
    Zögernd sehe ich auf.
    „Sieht so eine gesunde,
schwangere Frau aus? Sie dich an, du bist nur noch ein Schatten deiner selbst
und es tut mir weh, dich so zu sehen.“
    Er hat Recht. Wieder
einmal. Die Frau, die mir aus dem Spiegel entgegenblickt, bin nicht mehr ich.
Ich hatte in den letzten Tagen zwar immer mal im Vorbeigehen mein Gesicht im
Spiegel im Badezimmer gesehen, aber nicht meinen Körper. Ich trage noch meine
Schlafsachen, ein einfaches T-Shirt mit einer gestreiften Baumwollhose dazu.
Das Shirt schlabbert um meine Schultern, ich kann meine Schlüsselbeine unter
dem Ausschnitt herausstechen sehen. Die Hose rutscht mir fast von den Hüften,
ich verschwinde in der viel zu großen Kleidung. Jahrelang habe ich mir gewünscht
abzunehmen, aber nicht so. Und vor allem nicht jetzt. Die einzige Rundung an
mir ist der Babybauch, der jetzt viel stärker auffällt, als noch vor einer
Woche und über dem sich das weite T-Shirt spannt. Fast vorwurfsvoll kommt er
mir vor, als ich meinen Bauch betrachte. Wie von allein wandern meine Hände auf
die deutliche Kugel. Es fühlt sich fremd an, ich war so in meinem Schmerz
versunken, wie lange ist es her, dass ich mein Baby so liebkost habe? Das
schlechte Gewissen, unendliche Schuldgefühle brechen über mich hinein. Ich habe
das Wertvollste vernachlässigt, das mir in meinem Leben geschenkt wurde, mein
Baby, mein persönliches Wunder. Und das, nachdem ich doch weiß, wie es sich
anfühlt, die Angst, dieses Wertvolle zu verlieren. Ich habe das doch alles
gerade erst durchgemacht! Wie konnte so etwas passieren? Ich hasse mich selbst
dafür. Ich schluchze auf, schnappe nach Luft, als sich meine Brust
zusammenzieht, wie durch ein starkes Metallband zusammengepresst. Mir wird ein
wenig schwindelig und die Knie sacken mir weg. Da legen sich plötzlich zwei
starke Arme um mich, halten mich fest, damit ich nicht falle. Chris. Ich hatte
fast vergessen, dass er noch immer hinter mir steht. Er fängt mich auf und
setzt sich mit mir auf die Bettkante. Ich merke erst, dass ich schon wieder
weine, als ich das Salz der Tränen auf meinen Lippen schmecke.
    „Entweder du rufst jetzt
Gabe an und redest mit ihm, oder ich mache das! So darf es keinen Tag weiter
gehen.“, flüstert Chris, als ich mich langsam beruhige. Ich kann nur nicken.
Die Schocktherapie, die ihm scheinbar vorgeschwebt ist, hat funktioniert. Das
erste Mal, seit dieser Nacht vor Gabes Fenster finde ich in mir so etwas wie
Lebenswillen. Kampfgeist.
    „Aber erst muss ich
duschen! Und essen!“, schniefe ich, wische mir die letzten Tränen aus dem
Gesicht und stehe auf.
    „Okay, du gehst duschen
und ich zaubere uns ein schönes, reichhaltiges Frühstück.“
    Chris grinst mich
aufmunternd an, streicht mir kurz über die Wange und schiebt mich in Richtung
Badezimmer.
     
    Nach einer ausgiebigen
Dusche, habe ich es geschafft, meine langen Haare mit viel Spülung zu
entwirren, ich bin wieder sauber und fühle mich fast wieder wie ein Mensch. Ein
bisschen Make up hilft mir, die schlimmsten Spuren der letzten Tage in meinem
Gesicht zu kaschieren. Als ich in die Küche komme, stellt Chris gerade eine
große Schüssel Rührei zu dem Bacon und Toast auf den Tisch und füllt mir gleich
den Teller voll.
    „So viel kann ich
unmöglich essen, Chris.“, protestiere ich.
    „Macht nichts, Hauptsache,
du isst überhaupt etwas.“
    Und das mache ich. Nicht
viel, aber zumindest von allem ein bisschen. Zum ersten Mal seit Tagen schafft
mein Magen es, die Nahrung bei sich zu behalten.
    „Ich fahre nach Hause.“
    Wir räumen gerade die
schmutzigen Teller weg, als die Worte aus meinem Mund schlüpfen. Ich hatte
diesen Gedanken noch nicht einmal zu Ende gedacht, aber als ich meine Worte
jetzt höre, fühlt es sich richtig an.
    „Du hattest Recht,
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