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Höllensog

Höllensog

Titel: Höllensog
Autoren: Jason Dark
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überrascht. Aber ich weiß es.«
    »Willst du sie auch holen?«
    »Ja.«
    »Und dann?«
    »Werden wir zu Guywano reisen, und ihr werdet erleben, wie großartig ich dort empfangen…« Plötzlich schrie er auf. Es war ein Schrei, der mich überraschte und auch erschreckte. Für einen Moment schien das Blut in meinen Adern zu gefrieren. Der Schrei veränderte sich, er ging über in ein Heulen.
    Gerry Giesen heulte?
    Das war neu. Ich hatte ihn bisher nur lachen gehört. Aber ich wußte nicht, was ihn zum Heulen gebracht hatte. Irgend etwas mußte sich verändert haben, das stellte ich auch an meiner unmittelbaren Umgebung fest, denn sie kam mir nicht mehr so dicht vor. Ich war davon überzeugt, daß sie sich auflöste.
    Das Wimmern verlor an Kraft, es wurde leiser, und plötzlich war es verstummt.
    Ruhe…
    Nein, keine Ruhe, denn nun bekam ich mit, was Doktor Horror so erschreckt hatte. Musik!
    Eine bestimmte Musik, ein Flötenspiel, von einem Meister intoniert und gleichzeitig von einer Person, der dieser Flöte Macht verlieh. Ein Mächtiger aus Aibon, aber einer von der richtigen Seite, keiner, der zu Guywanos Schergen zählte. Es war der Rote Ryan!
    ***
    »Hörst du es?« keuchte Suko. »Himmel, hörst du das Flötenspiel, Wladimir?« Suko war völlig aufgeregt. Er wußte nicht, was es bedeutete, aber er schöpfte wieder Hoffnung.
    Der Russe hatte die Frage zwar verstanden, kam aber damit nicht zurecht, weil ihn das Bild zu sehr ablenkte. Suko rüttelte ihn an der Schulter. »Verflucht, was ist denn?«
    »Hörst du das Spiel?«
    »Wie?« Wladimir erwachte wie aus einem Tiefschlaf. Aber er war sofort voll da, und plötzlich weiteten sich seine Augen. »Ja«, flüsterte er mit einer Stimme zwischen Keuchen und Sprechen. »Ich höre es. Da bläst jemand auf einem Instrument.«
    »Nicht nur das. Es ist eine Flöte, und ich weiß auch, wer sich da gemeldet hat. Der Rote Ryan.«
    »Wieso?«
    »Das kann die Rettung sein.«
    Noch sahen sie ihn nicht, aber er war da, und er blieb auch nicht nur auf einer Stelle stehen, denn der Klang seiner Flöte kam näher und näher.
    Suko drehte sich um.
    Der Rote Ryan war schon da! Seine Gestalt malte sich wie ein Schatten vom Untergrund der Straße ab. Er stand dort als einsamer Rächer, der die Wüste verlassen und in die Stadt gekommen war, um abzurechnen.
    Er war gekleidet wie immer. Der Wind spielte mit den Fetzen, aus denen er seine Kleidungsstücke zusammengenäht hatte, und selbst sein rotes Haar leuchtete noch einmal im letzten Licht des Tages.
    Er hatte die Arme angewinkelt und erhoben. Zwischen seinen schlanken Fingern hielt er die Flöte. Spielend kam er näher. Dabei an die märchenhafte Gestalt des Papageno aus der Zauberflöte erinnernd.
    Nichts konnte ihn und sein Spiel stoppen. Er ließ sich auch nicht durch die Anwesenheit der beiden Männer stören, er ging seinen Weg und kam dem erstarrten Höllensog immer näher.
    Suko und Wladimir standen nebeneinander. Sie sprachen leise und bewegten kaum die Lippen.
    »Was sollen wir tun?« fragte der Russe.
    »Nichts, gar nichts. Das ist sein Spiel.«
    »Wird er es gewinnen?«
    »Das hoffe ich.«
    »Und Giesen?«
    »Der wird sich wundern.«
    Der Rote Ryan nahm die Männer nicht zur Kenntnis. Er ging geradewegs auf sie zu, und so sahen sie sich gezwungen, zur Seite zu treten, um ihm Platz zu schaffen.
    Die Lücke war groß genug. Der Rote Ryan schritt hindurch, angestarrt von Wladimir Golenkow, der sich über eine derartige Gestalt nur wundern konnte. Ihm fiel auf, daß der Mann grüne Augen hatte, ein gut geschnittenes ›weiches‹ Gesicht, doch hervorstechend waren einzig und allein die roten Haare, denen er letztendlich auch seinen Namen verdankte.
    Die Melodien wehten über die Straße. Sie verteilten sich in dem leeren Dorf, sie drangen überall hin, sie räumten mit dem Bösen auf, sie wollten die Luft wieder reinigen, und sie wehten auch gegen den erstarrten Höllensog.
    Magie gegen Magie!
    Beide stammten aus Aibon. Letztendlich kam es darauf an, welche von ihnen stärker war.
    Innerhalb des Bogens veränderte sich etwas. Die Gefangenen erlebten eine gewisse Unruhe. Sie bewegten sich, sie erwachten wie aus einem langen, traumatischen Schlaf.
    Der Rote Ryan blieb stehen.
    Er spielte weiter. Seine Fingerkuppen bewegten sich spielerisch leicht über die Löcher der Flöte hinweg, drückten mal gegen sie, hoben sie an, und es war eine Melodie, die nie in Noten gefaßt worden war, aber eine gewaltige Kraft besaß.
    Sie
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