Höllenqual: Lenz’ zehnter Fall (German Edition)
schwingen?«
»Genau.«
»Hartes
Brot.«
»Das erklären
Sie mal meinem Daddy. Der sieht das nämlich ganz anders.«
»Und wie
sieht der das?«
»Na ja.
Knutschen läuft schon, aber erst, wenn man verlobt ist. Und mehr sowieso erst, wenn
man Ja gesagt hat.«
»Und deine
Freundin? Wie sieht die das?«
»Na, wie
schon? Wenn sie es anders sehen würde als ich, hätte uns mein Vater bestimmt nicht
dabei erwischt, oder?«
»Das ist
logisch, ja«, stimmte Hain ihm zu.
»Ist sie
auch in der Gemeinde? Deine Freundin, meine ich?«
»Nein, wie
kommen Sie denn darauf? Wenn sie auch bei uns in der Gemeinde wäre, hätten wir erst
in zehn Jahren oder so was miteinander anfangen können. Die Mädchen aus der Gemeinde
sehen das mit den Jungs und so ziemlich eng, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Ich glaube
schon, ja.«
Der Junge
nickte ihnen zu und wollte sich umdrehen, doch Lenz hatte noch eine Frage.
»Macht dein
Vater den Job als Pastor hauptberuflich?«
»Wie meinen
Sie das?«
»Nun, ob
er noch einen anderen Beruf hat außer dem als Pastor?«
»Ach so.
Nein, er ist nur für die Gemeindearbeit zuständig. Früher hat er etwas anderes gearbeitet,
aber seit ein paar Jahren ist er fest bei der Gemeinde angestellt.«
»Darf ich
fragen, was er gemacht hat früher?«
»Klar. Er
ist gelernter Schuster.«
»Klasse
Job«, nickte Hain anerkennend. »Hat man vermutlich immer vernünftige Schuhe zu Hause
stehen.«
»Ja, das
stimmt schon«, erwiderte der Junge mit reichlich Wehmut in der Stimme und einem
Blick auf seine Füße. »Aber der Nachteil ist, dass es immer nur ganz bestimmte,
handwerklich gut gemachte Schuhe sind. Und Nike Air oder ein paar coole Sneaker
fallen leider nun mal nicht in diese Kategorie.«
»Das tut
mir leid für dich«, zeigte Lenz Mitgefühl. »Meinst du, wir können deinen Vater vielleicht
auch mal kurz besuchen?«
»Hmm«, machte
Gabriel Zimmermann. »Ich weiß nicht, ob er zu Hause ist, aber zu uns kommen öfter
Leute, die was von ihm wollen. Warum sollte er bei Ihnen eine Ausnahme machen?«
»Wo finden
wir ihn denn?«
»Wir wohnen
in der Koboldstraße 8. Wissen Sie, wo das ist?«
»Richtung
Ihringshausen ist das doch«, erinnerte Hain sich dunkel. »Die Koboldstraße geht
von der Ihringshäuser weg, nicht wahr?«
»Ja, genau.
Direkt an der Straßenbahnhaltestelle rechts ab, dann sind Sie richtig. Es ist das
vierte Haus auf der rechten Seite.«
»Ganz schön
weiter Weg mit dem Fahrrad. Da musst du doch durch die ganze Stadt.«
»Ja, das
stimmt. Aber zum Glück liegt das Haus, in dem meine Freundin wohnt, genau am Weg.«
»Dann vielen
Dank für deine Unterstützung, Gabriel, und einen schönen Heimweg.«
»Den werde
ich haben«, erwiderte er grinsend. »Und zum Abschluss des Tages gibt es dann noch
Latein und Mathe.«
»Trotzdem
alles Gute.«
*
»Schaffst du das Gespräch mit dem
Vorturner der ›Bibeltreuen‹ noch?«, wollte Hain wissen, während er den Kombi vom
Hof rollen ließ.
»Eigentlich
nicht, aber wenn wir schon so weit sind, dann können wir auch noch diese halbe Stunde
dranhängen.«
»So will
ich dich hören, Gevatter Hinkefuß. Und wenn wir das erledigt haben, bringe ich dich
wirklich und ganz ehrlich nach Hause.«
»Und meldest
dich morgen auf keinen Fall vor Mittag bei mir. Wenn überhaupt.«
»Na, komm,
ein bisschen was haben wir bestimmt auch morgen noch zu tun. Es liegt mir wirklich
was daran, diesen Ahrens zu finden, bevor er noch weiteren Lokführern eine Sinnkrise
bescheren kann.«
»Du meinst,
dass er es weiterhin probieren wird? Wobei noch nicht mal bewiesen ist, dass das
heute wirklich ein Suizidversuch gewesen ist?«
»Genau das
meine ich. Und ich will sicher sein, dass er nicht gerade deshalb vor den Zug springt,
weil er doch die Frau bei Zeislinger und die beiden Kerle umgebracht hat.«
Nach einer
Weile des Schweigens ließ der Oberkommissar die Seitenscheibe heruntergleiten, wählte
einen ruhigen Musiktitel aus und lehnte sich in seinen Sitz zurück.
»Was wird
das jetzt?«, wollte Lenz wissen. »Eine Entspannungsübung?«
»Meinetwegen,
ja. Ich habe nur gerade darüber nachgedacht, was sich in den letzten 24 Stunden
alles ereignet hat, und das hat mir schon in der Herzgegend einen Stich versetzt.
Vielleicht werde ich sogar meinen Job verlieren, wer weiß das?«
»Nun mach
mal halblang, Junge. So schnell verliert ein deutscher Kripobeamter seinen Job schon
nicht.«
Hain beugte
sich nach vorn und drehte einen Regler ein wenig nach
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