Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hoellenpforte

Hoellenpforte

Titel: Hoellenpforte
Autoren: Anthony Horowitz
Vom Netzwerk:
seiner knarrenden Worte. Es hörte sich an wie Russisch oder Polnisch oder so etwas. Scarlett wich zurück.
    »Tut mir leid«, sagte sie. »Ich muss mich in der Tür geirrt haben.«
    Sie fuhr herum und griff hektisch nach dem Türgriff, doch der Mönch war schneller. Er sprang auf, packte ihre Schultern und zerrte sie von der Tür weg. Er war sehr stark, seine Finger krallten sich in sie wie Stahlzangen.
    »Loslassen!«, schrie sie.
    Sein knochiger Arm legte sich um ihre Kehle und hinderte sie am Atmen. Er hielt sie mit einer unglaublichen Kraft fest und schrie noch mehr Worte, die sie nicht verstand. Seine Stimme klang schrill wie die Schreie eines Tieres. Am Ende des Ganges tauchte ein zweiter Mönch auf. Scarlett konnte ihn nicht genau sehen. Sie erhaschte nur einen Blick auf die wehende Kutte, als er auf sie zurannte.
    Trotzdem kämpfte sie weiter. Sie versuchte mit beiden Händen, nach den Augen des Mönchs zu krallen. Sie trat mit einem Fuß nach hinten und rammte ihren Ellbogen dorthin, wo sie seinen Magen vermutete. Aber sie erwischte ihn nicht. Und dann warf sich der zweite Mönch auf sie.
    Im nächsten Augenblick lag sie auf dem Rücken, die Arme über dem Kopf ausgestreckt. Sie zappelte und wand sich und die Haare fielen ihr übers Gesicht. Die Mönche lachten nur.
    Scarlett spürte den kalten Steinboden unter ihrem Rücken, als die beiden Männer sie wegschleiften.

PATER GREGORY
    Die Zelle war winzig – weniger als zehn Quadratmeter - und vollkommen leer. Nicht einmal einen Stuhl oder eine Bank gab es darin. An den gemauerten Wänden waren Überreste abgeblätterter Farbe zu erkennen, was vermuten ließ, dass sie irgendwann einmal gestrichen gewesen sein mussten. Die Tür bestand aus drei dicken Brettern, die mit Metallbändern verbunden waren. Es gab ein vergittertes Fenster, doch es war so hoch oben, dass selbst jemand, der deutlich größer war als Scarlett, nicht hätte hinaussehen können. Zusammengesunken auf dem Steinboden, konnte sie gerade mal einen schmalen Streifen Himmel sehen. Aber schon dieser Anblick reichte aus, um ihr Angstschauer über den Rücken zu jagen.
    Denn es war dunkel. Noch nicht ganz dunkel, aber fast. Ihr wurde bewusst, dass es in nur wenigen Stunden stockfinster in ihrer Zelle sein würde, weil man ihr weder eine Kerze noch elektrisches Licht gegeben hatte. Aber wie war das möglich? Es war ungefähr zwei Uhr gewesen, als sie St. Meredith betreten hatten, und die Sonne hatte geschienen. Jetzt plötzlich war es früher Abend. Wo war die Zeit dazwischen geblieben?
    Scarlett zitterte – aber nicht nur vor Angst. Es war eiskalt in der Zelle. Das Fenster hatte keine Scheibe und es gab keine Heizung. Die nackten Mauern machten alles noch schlimmer. Zum Glück hatte sie ihren Wintermantel an, den sie jetzt eng um sich zog. So kalt war ihr noch nie gewesen. Scarlett konnte sogar die Knochen in ihren Armen und Beinen spüren. Sie fühlten sich so hart und kalt an, dass sie glaubte, sie müssten zerspringen.
    Verzweifelt überlegte sie, was passiert sein konnte. Aus Gründen, die sie nicht einmal ahnte, hatte ein Mann, den sie nie zuvor gesehen hatte, sie gepackt und in diese Zelle gesperrt. War sie vielleicht in irgendeinen geheimen Trakt der Kirche geraten, den niemand sehen durfte? Der dunkle Himmel widersprach dieser Theorie. Er und die Eiseskälte. Außerdem fiel ihr wieder ein, dass der Mönch eine fremde Sprache gesprochen hatte.
    Sie war nicht mehr in London.
    Es war verrückt, aber sie musste den Tatsachen ins Auge sehen. Vielleicht war sie ohnmächtig geworden, als der Mönch sie gepackt hatte. Vielleicht hatten sie sie betäubt und sie war ohne Bewusstsein gewesen, ohne es zu merken. Alles deutete darauf hin, dass dies hier nicht England war. Irgendwie hatte man sie weggeschafft.
    Plötzlich wurde sie wütend, rappelte sich auf und ging zur Tür. Sie würde ganz sicher nicht herumsitzen und darauf warten, dass die Kerle zurückkamen. Was, wenn sie nie zurückkamen? Dann würde sie hier sterben. Scarlett erkannte schnell, dass die Tür kein Ausweg war, jedenfalls nicht, solange sie nicht jemand von der anderen Seite aufschloss. Sie war massiv und hatte ein Loch für einen altmodischen Schlüssel. Scarlett schaute durchs Schlüsselloch, aber es gab nichts zu sehen. Sie richtete sich wieder auf und hämmerte mit den Fäusten gegen das Holz.
    »He! Kommt zurück! Lasst mich raus!«
     
    Aber es kam niemand. Sie war sich nicht einmal sicher, ob man ihre Stimme draußen hören
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher