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Hoellenfluestern

Hoellenfluestern

Titel: Hoellenfluestern
Autoren: Jana Oliver
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Nachdem sie die blauen Flecken sorgfältig überschminkt und sich genau überlegt hatte, was sie zum Besuch bei Beck anziehen würde – sie wollte, dass der Fänger sie in etwas anderem als zerrissenen und schmuddeligen Klamotten sah –, fuhr sie zu dem Ort, von dem man meinen sollte, dass sie dort zuletzt hinwollte. Dieses Mal rief Ori auf andere Weise nach ihr.
    Die Sonne ging auf, als sie das Mausoleum erreichte. In der Ferne war das dumpfe Grollen des Donners zu hören, der Tag würde wohl eher nass als sonnig werden. Vor den Gräbern ihrer Eltern kniete sie nieder und sprach ein kurzes Gebet. Dann zog sie den kleinen Lederbeutel aus der Tasche. In dem Beutel war die Erde, die sie vom Grab ihres Vaters eingesammelt hatte, nachdem sein Leichnam gestohlen worden war. Sie war dort, um Riley daran zu erinnern, dass sie niemandem vertrauen konnte.
    Aber ich kann Menschen vertrauen . Ayden, Mort, Stewart, Beck, Peter. Sie würden sich alle für sie einsetzen. Sie öffnete den Beutel und ließ die Erde auf den Boden rieseln, weil sie keine Bedeutung mehr für sie hatte.
    Riley stieß die Doppeltür auf und holte die rote Rose, die der Engel ihr geschenkt hatte. Sie musste eine Weile suchen, bis sie die Stelle gefunden hatte, auf der Ori auf die Erde gefallen war – sein leuchtend blaues Blut klebte noch immer an den Blättern. Ein letztes Mal sog sie den Duft der Rose ein, dann legte sie sie dorthin, wo er zuletzt gelegen hatte. Vorher zupfte sie ein einzelnes Blütenblatt ab und steckte es in den Beutel, als Erinnerung an ihre gemeinsame Nacht. Dann suchte sie eines der kleineren blaugefärbten Blätter und legte es zum Rosenblatt.
    Wenn sie betete, dass Ori überleben möge, und ihr Wunsch in Erfüllung ging, würde sie in der Ewigkeit einen entsetzlichen Preis dafür zahlen müssen. Wenn er tot war, würde der Verlust sie bis zu ihrem letzten Atemzug nicht loslassen.
    »Ich werde mit dem leben, was geschieht, was immer es auch sein mag«, flüsterte sie.
    Manchmal war es das Beste, nicht gegen sein Schicksal anzukämpfen.
    Kurze Zeit später ließ Riley den Friedhof hinter sich. Eine weitere dringende Aufgabe wartete auf sie: Es war an der Zeit, die Wahrheit über das Opfer ihres Vaters zu erfahren.
    Riley saß neben Mortimer auf der Steinbank in seinem Garten, ihr Rucksack lag neben ihr auf dem Boden.
    Sie hatte gehofft, dass er ohne Umschweife zu einer Erklärung ansetzen würde, über ihren Vater und warum er Ozys Platz in dem Schutzkreis eingenommen hatte, doch der Totenbeschwörer schluckte den Köder nicht.
    »Erzähl mir alles, Mort. Keine Geheimnisse mehr.«
    Statt zu antworten, stand der Beschwörer auf und ging zum Springbrunnen, wo er sich vorbeugte und das Wasser über die Finger tröpfeln ließ. Es schien ihn zu entspannen.
    »Ich werde dir erzählen, was ich weiß und was meiner Meinung nach geschehen ist.« Er schnippte das Wasser fort. »Lord Ozymandias hat Dämonen beschworen, um geheimes Wissen zu erlangen. Bei einem seiner Zaubersprüche hat er einen Fehler gemacht, und Sartael hat das ausgenutzt und sich selbst anstelle eines Erzdämons manifestiert. Der Erzengel stellte ihn vor die Wahl – er macht, was Sartael verlangt, oder er würde in die Hölle gekarrt und bis in alle Ewigkeit gefoltert.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ozymandias hat es mir erzählt.«
    »Was? Wann?«, wollte sie wissen.
    »Seine Lordschaft stand gestern Abend in der Dämmerung vor meiner Tür«, sagte Mort. »Er tat, als habe er niemals mein Haus angegriffen oder deinen Vater gestohlen.«
    Oder Sartael dabei geholfen, die Welt an den Rand eines Krieges zu bringen .
    »Hat er sich entschuldigt?«
    »Natürlich nicht«, erwiderte Mort. »Aber er bestand darauf, mir seine Geschichte zu erzählen. Er behauptete, es ginge ihm darum, dass ich nicht denselben Fehler begehe, wenn ich mächtiger werde. Ich denke allerdings, es ging ihm eher darum, sein Gewissen zu erleichtern.«
    »Ich glaube nicht, dass er eines hat«, gab Riley zu bedenken.
    »Vielleicht hat er jetzt eines.« Mort richtete sich auf und wischte die nassen Finger an der Hose ab. »Er wirkte … demütig. Er sagte, Sartael habe ihn angewiesen, wie er die Dämonen verändern soll, und mit jedem zusätzlichen Zauber, den er einarbeitete, wurde Ozymandias klarer, dass das zu einem schlimmen Ende führen würde. Als dein Vater starb, versuchte er ihn zu beschwören, weil er hoffte, ein Meisterfänger wüsste, wie er der Knechtschaft eines gefallenen Engels entkommen
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