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Höchstgebot

Höchstgebot

Titel: Höchstgebot
Autoren: Hoeps/Toes
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Direktion aufgenommen hatte und sich Sohnemann seitdem um die Auftragsbeschaffung kümmerte.
    Bei Mondifra kauften seit jeher Unternehmen aus den ehemaligen Ostblockstaaten; heutzutage kamen die meisten Bestellungen jedoch aus afrikanischen Ländern. Dorthin exportierte Mondifra Kettensägen, Crusher zum Zertrümmern von Schutt und Gestein, fluoreszierende Pylone, kurzum: alles Nötige, um einen Dschungelpfad in eine Autobahn zu verwandeln.
    Im vergangenen halben Jahr waren zwei Container aus der Auslieferungsabteilung gestohlen worden, beide Male in der Nacht, in der die bereitstehenden Sattelschlepper sie zum Rotterdamer Hafen transportieren sollten. Das Timing konnte kein Zufall sein. Wie der Dieb oder die Diebe sich Zugang verschafften, war ein Rätsel. Niemals waren Einbruchsspuren gefunden worden. Allerdings zeigten die Überwachungskameras, auf welchem Weg die Eindringlinge entkommen waren. Sie bahnten sich einfach mit dem Sattelschlepper einen Weg durch das Tor der Lagerhalle, walzten den Drahtzaun um das Gelände nieder und verschwanden über die Ausfallstraße zur nahe gelegenen Autobahn. Innerhalb einer Viertelstunde hatten sie die Grenze nach Deutschland überquert. Das Bewachungsschema musste den Dieben bekannt sein: Aus den Rundgangsdaten ging hervor, dass die beiden Wachposten während der Raubzüge jedes Mal auf der anderen Seite des Betriebsgeländes beschäftigt gewesen waren.
    Atte Borgsteel, Direktor von Mondifra , schloss nach dem zweiten Mal, dass es ein Informationsleck innerhalb der Firma gab. Da die Ermittlungen der Polizei GelderlandMitte nicht wirklich vorankamen, beschloss er, jemanden aus der Privatbranche zu engagieren, um den Maulwurf aufzuspüren. In der Heineken Heaven genannten Presselounge des Arnheimer Fußballklubs Vitesse, wo für die Arnheimer Polizeispitze eine halbe Loge reserviert war, erkundigte er sich nach einem passenden Kandidaten.
    »Jemand, der dezent vorgeht, aber hieb- und stichfeste Resultate präsentiert«, erklärte Borgsteel dem Commissaris Jan Duut, der ihm, ohne zu zögern, Micky Spijker empfahl.
    Micky hatte ein paar Wochen zuvor ihr eigenes Büro für Sicherheitsberatung eröffnet. Als gut ausgebildete Polizeipsychologin war sie bis dahin stets die stille Kraft im Hintergrund gewesen, die mithilfe ihrer Menschenkenntnis und modernen Verhörtechniken auf diskrete Weise alle nötigen Informationen beschafft hatte.
    Duut hatte es nicht gern gesehen, dass sie das Arnheimer Polizeikorps verließ, doch da er sich noch immer als ihr väterlicher Freund betrachtete, hatte er ihr den Auftrag bei Mondifra zugeschanzt.
    Dies war Mickys erster Einsatz als freiberufliche Ermittlerin und ihr war klar, dass sie damit ihren Ruf begründen würde. Ein paar Tage lang ackerte sie die Personalakten aller einhundertachtundsiebzig Mitarbeiter durch und stellte fest, wer überhaupt von den Transporten wissen konnte. Dann erhielt sie einen anonymen Brief, in dem Hans Auber als Drahtzieher bezichtigt wurde.
    Borgsteel wies diesen Verdacht strikt von sich: »Hans? Ich kenne ihn seit über dreißig Jahren, wir haben gemeinsam angefangen. Er würde keinerlei Nutzen daraus ziehen, er ist der zweite Mann im Unternehmen und wird Geschäftsführer, wenn ich mich zurückziehe …«, eine gewisse Unsicherheit schlich sich in seinen Tonfall, »… bis Jelmer in der Lage ist, die Firma zu übernehmen.«
    Nach einer Reihe von Vernehmungen legte Micky eine Liste von zehn Personen an, über die sie nähere Ermittlungen anstellen wollte, und gab sie der Geschäftsführung. Hans Auber war nicht darunter, aber ein zweiter anonymer Hinweis ließ sie ihre Pläne revidieren. Ihr wurden Kopien von zwei Hotelreservierungen zugespielt, auffälligerweise jeweils an dem Wochenende vor und nach den Diebstählen. Beide Male war ein Zimmer auf Aubers Namen gebucht worden, in einem Hotel etwas außerhalb der Stadt.
    »Callgirls«, vermutete Borgsteel. »Hans hat keine Frau mehr.«
    Micky hatte bei der Polizei gelernt, dass es sinnlos war, in der über sie hereinbrechenden Sturzflut von anonymen Hinweisen immer wieder nach den Quellen zu suchen. Es war besser, die Angaben einfach zu prüfen und unter Umständen einen Vorteil daraus zu ziehen.
    Ein Anruf bei dem Hotel ergab, dass die Reservierungen einen Konferenzraum vom Typ V betrafen. Ohne Übernachtung. Als Micky die Hotelmanager um nähere Hinweise bat, prallte sie an den Datenschutzbestimmungen ab, doch die Cateringrechnungen durfte sie immerhin einsehen.
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