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Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall
Autoren: Dorothy L. Sayers
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irgendwas sonst sein, denn er ist offensichtlich von keinerlei Zweifeln geplagt (außer denen am Völkerbund natürlich) – und es hat mich sehr überrascht, daß er fast zwei Stunden lang absolut still dasaß, ohne herumzuzappeln oder viel zu sagen, was so ungewöhnlich an ihm ist, denn in aller Regel ist ein Sack Flöhe nichts gegen ihn. Er hat sich sehr über alles gefreut, was ich hinsichtlich des Hauses unternommen habe. Will die Einstellung von Personal mir überlassen, da Harriet zu unerfahren. Sie werden etwa acht Dienstboten brauchen, außer Bunter und der Haushälterin – werde also ganz schön beschäftigt sein.
     
    15 . September. – Harriet heute morgen hier, um mir ihren Ring zu zeigen – großer Solitärrubin – der alte Abrahams hat ihn eigens nach Anweisung schneiden und einfassen lassen. Arme H. mußte über sich selbst lachen, denn als Peter ihn ihr gestern gab, hat sie ihn angesehen, und als sie zehn Minuten später danach gefragt wurde, wußte sie nicht einmal, welche Farbe der Stein hatte. Sie hat gesagt, sie wird wohl nie lernen, sich so zu benehmen wie andere Leute, aber Peter hat nur geantwortet, das sei das erstemal gewesen, daß sein Antlitz mehr galt als selbst Rubine. Peter kam dann zum Lunch dazu – Helen auch, die den Ring sehen wollte und bissig sagte: »Du lieber Himmel! Hoffentlich ist er versichert.« Um ihr Gerechtigkeit angedeihen zu lassen, muß ich zugeben, daß ich mir nicht vorstellen kann, was sie noch Gemeineres hätte sagen können, selbst wenn sie vierzehn Tage lang ausschließlich darüber nachgedacht hätte. Sie sagte dann noch, sie nehme doch an, daß die beiden in aller Stille auf dem Standesamt heiraten würden, aber Peter antwortete, dann könne er ebensogut in einem Bahnhofswartesaal heiraten, und wenn Helen neuerdings religiöse Skrupel habe, brauche sie die Zeremonie ja nicht mit ihrer Anwesenheit zu beehren. Darauf meinte Helen: »Ach so, verstehe – wahrscheinlich St. George am Hanover Square« – und sofort fing sie an, alles für sie zu arrangieren, einschließlich Datum, Pfarrer, Gästen und Musik. Als sie zu der »Stimme, die über Eden weht« kam, sagte Peter: »Laß um Gottes willen den Völkerbund aus dem Spiel!« Woraufhin er und Harriet unartige Verse zu dichten anfingen und Helen sich ziemlich überflüssig vorkam, denn in Gesellschaftsspielen war sie noch nie sehr gut.
     
    16. September. – Helen hat uns entgegenkommenderweise ein Exemplar des neuen Trauungsritus besorgt, bei dem die ganzen derben Stellen herausgestrichen sind – was ein Spiel mit dem Feuer war. Peter nahm es spaßig auf und meinte, er wisse über die Zeugung von Kindern bestens Bescheid, theoretisch zumindest, wenn auch nicht praktisch, aber die »Vermehrung der Menschheit« nach irgendeiner anderen Methode sei ihm zu fortschrittlich, und wenn er sich je solch gefährlichen Vergnügungen hingeben sollte, wolle er mit Erlaubnis seiner Frau lieber bei dem alten Verfahren bleiben. Was das »Geschenk der Keuschheit« angehe, sagte er, die wolle er nicht einmal geschenkt haben, das gebe er ohne weiteres zu. An diesem Punkt stand Helen auf und verließ das Haus, und P. und Harriet durften sich über das Wort »gehorchen« streiten. P. sagte, er sehe es als Verstoß gegen die guten Sitten an, seiner Frau Befehle zu erteilen, aber H. antwortete, er werde ihr schon noch schnell genug Befehle erteilen, wenn nämlich das Haus brenne oder ein Baum umstürze und er sie in Sicherheit bringen wolle. P. sagte, in diesem Falle müßten sie beide »gehorchen« sagen, aber das sei ein zu saftiger Bissen für die Zeitungen. Ich ließ sie den Streit allein ausfechten. Als ich wiederkam, hatte Peter inzwischen eingewilligt, sich gehorchen zu lassen, aber nur unter der Bedingung, daß er ihr seine irdischen Güter schenken dürfe, nicht nur mit ihr teilen. Schockierender Sieg der Gefühle über das Prinzip.
     
    18. September. – Muß jetzt wirklich mal »Verdammt« sagen! Da haben doch diese widerlichen Zeitungen die alte Geschichte von Harriet und Philip Boyes wieder ausgegraben! Peter ist wütend. Harriet sagt: »War ja nicht anders zu erwarten.« Ich hatte fürchterliche Angst, sie könne Peter anbieten, von der Verlobung zurückzutreten, aber sie beherrschte sich tapfer – wahrscheinlich ist ihr klar, daß es ihn umbringen würde, das alles noch einmal durchzumachen. Ich glaube, dahinter steckt nur diese Sylvester-Quicke, die sich seinerzeit so bemüht hat, Peter einzufangen – ich
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