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Hochzeit in St. George (German Edition)

Hochzeit in St. George (German Edition)

Titel: Hochzeit in St. George (German Edition)
Autoren: Sophia Farago
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der liebende Bräutigam zeigte sich als das, was er war: Ein Glücksritter, der bereit war, für Geld seine Seele zu verkaufen. Und Geld hatte er zweifach erhalten. Einmal von Esther, um ihr ihre unliebsame Schwägerin vom Leib zu schaffen. Einmal von seinem Onkel dafür, daß er ihm eine junge englische Lady als seine zweite Gemahlin zuführte.
    Der Marquis de la Falaise war bereits einmal verheiratet gewesen. Corinne, seine erste Gattin, mit der er zwanzig Jahre mehr oder weniger glücklich verheiratet war, hatte ihm keine Kinder geschenkt. Darunter hatte er immer sehr gelitten und beschlossen, eine zweite Ehe zu wagen, um endlich den ersehnten Erben zu bekommen. Aus unerfindlichen Gründen war er zu der Ansicht gelangt, daß die jungen Mädchen in England fruchtbarer waren als gleichaltrige Französinnen. Also hatte er seinen Neffen gebeten, eine passende junge Dame nach Frankreich zu bringen. Das war der Hintergrund gewesen, der Roger zur Reise nach England veranlaßt hatte. Denn Anlaß für eine Flucht hatte es nie gegeben. Er und sein Onkel hatten es meisterhaft verstanden, sowohl in der Zeit unter Ludwig XVI. als auch später unter dem neuen Regime gut zurechtzukommen. Mit geschickten Worten und passenden, großzügigen Geschenken in die richtigen Hände war es dem Marquis gelungen, für sich und die Seinen ein Leben in Ruhe und Wohlstand auf La Falaise zu sichern.
    Catharine fand sich auf einem einsamen Landsitz wieder, hoch auf den Klippen erbaut, die steil zu den brausenden Wogen des Atlantik abfielen. Zitternd vor Empörung mußte sie zur Kenntnis nehmen, daß sie nicht Roger, sondern dessen Onkel Gervais als ihren rechtmäßigen Gatten anzusehen hatte. Einen Mann, der mehr als vierzig Jahre älter war als sie, von einem stillen, unergründlichen Gehabe und einem wenig einnehmenden Äußeren.
    »Ich mußte es tun, Chérie », antwortete Roger, als sie ihn zur Redestellte. »Hättest du mich je nach Frankreich begleitet, wenn es diese Scheintrauung nicht gegeben hätte?«
    »Natürlich nicht«, hatte sie schroff erwidert.
    »Na, siehst du«, sagte Roger, als sei es das Selbstverständlichste auf der Welt. »Ich jedoch hatte meinem Onkel versprochen, ihm eine junge Engländerin als Gattin zu präsentieren. Dieses Versprechen konnte ich nicht brechen: Schließlich bin ich ein Ehrenmann.«
    Die letzten Worte waren von einem amüsierten Grinsen begleitet. Catharine hatte sich veranlaßt gesehen, ihm ganz undamenhaft den erstbesten Gegenstand, dessen sie habhaft werden konnte, an den Kopf zu werfen. Zu ihrem Mißvergnügen traf sie daneben, und die reichverzierte Vase zerschellte an der breiten Wand des Salons.
    Es half ihr alles nichts. Vor Dritten beteuerte Roger Stein und Bein, daß er Catharine niemals geheiratet hatte. Im Gegenteil, er selbst sei dabeigewesen, als sein Onkel die reizende Engländerin zur Frau nahm. Sicher hätte sie ihm auch gefallen, fügte er dann jedesmal mit einem scheinbar charmanten Lächeln hinzu. Doch seiner geliebten Jeanette wäre es nicht recht gewesen, wäre er mit einer Zweitfrau nach Hause gekommen. Mit diesem Scherz brachte er alle Zweifler schnell auf seine Seite. Zumal auch sein Onkel jedem erzählte, wie glücklich er war, so eine hinreißende Braut gefunden zu haben, und wie ergreifend die Zeremonie in der wunderschönen St.-George-Kirche gewesen sei. Sollte es da verwundern, daß auch die Dienerschaft, allesamt seit Jahren oder Jahrzehnten auf La Falaise tätig, jedem, der es hören wollte, erklärte, Onkel und Neffe seien zusammen in London gewesen?
    Catharine suchte einen Anwalt auf. Die unter so falschen Voraussetzungen zustande gekommene Ehe mußte doch aufgelöst werden können! Doch der Maître hörte sich ihre Version der Geschichte an, prüfte die Heiratsurkunde eingehend und schüttelte schließlich bedauernd den Kopf. Das Dokument war ohne Zweifel echt. Ob es wohl möglich wäre, daß Madames Nerven ein wenig angegriffen waren nach der weiten Reise? In Frankreich wurden viele Ehen nicht aus Liebe geschlossen, meinte der gütige alte Herr. Besonders nicht in Kreisen des Hochadels. Und trotzdem würden sie im allgemeinen recht glücklich, wenn sich die Ehegatten erst einmal besser kennengelernt hätten. Catharine hatte die Anwaltskanzlei wütend verlassen.
    Warum glaubte ihr niemand? Sie mußte sofort zurück nach England! Auf dem schnellsten Wege! Doch leider war gerade das nicht möglich. Ihre Mitgift war, soweit es sich nicht um Möbelstücke oder Gegenstände
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