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Hochzeit in St. George (German Edition)

Hochzeit in St. George (German Edition)

Titel: Hochzeit in St. George (German Edition)
Autoren: Sophia Farago
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jungen Mann so lebendig wie immer. Wie hatte sie sich je einbilden können, gerade ihn zu lieben?
    Catharine seufzte und begann langsam ihr Kleid aufzuknöpfen. Ohne die Hilfe einer erfahrenen Zofe war das gar nicht so einfach zu bewerkstelligen. Zudem begann das Schiff immer stärker zu schlingern. Endlich konnte sie sich auf dem schmalen, harten Bett ausstrekken. Sie zog die Decke bis zum Kinn. Noch etwa vier Stunden, dann würde das Schiff anlegen. Sie lag regungslos und starrte auf die graue Decke ihrer Kabine. Ihre Gedanken wanderten fünf Jahre zurück, zu jenem sonnigen Frühlingsnachmittag, an dem sie Roger de la Falaise zum erstenmal begegnet war. Sie war gerade siebzehn Jahre alt geworden und sollte in dieser Saison in die Gesellschaft eingeführt werden. Papa lebte damals noch. Ihr Bruder Henry hatte sich kürzlich mit Lady Esther Linchford, der einzigen Tochter eines Barons, verehelicht. Von dem Tag dieser Hochzeit an hatte sich Catharines Leben drastisch verändert. Sie war immer Papas Liebling gewesen. Nachdem frühen Tod der Mutter wurde sie von ihm und ihrem um zehn Jahre älteren Bruder verwöhnt und umsorgt. Sie war Mittelpunkt der kleinen Familie gewesen, in der man es sich, obwohl die finanziellen Mittel nicht zum Besten standen, gutgehen ließ. Zu dritt unternahm man Jagdausflüge auf dem Land, man besuchte die Oper oder Theateraufführungen zusammen. Und es wurde viel gescherzt und gelacht. Das änderte sich schlagartig, als Henrys Frau, Esther, in die Familie eindrang und unbarmherzig das Kommando an sich zog. Sie war Anfang dreißig, fünf Jahre älter als ihr Gemahl. Eine forsche, dominierende junge Frau, die es gewöhnt war, ihren Willen überall durchzusetzen. Und sie setzte ihn auch hier durch. Denn Esther war reich. Mit ihrem Geld wurden die längst notwendigen Reparaturen auf dem Landsitz Berdington Hall bezahlt. Mit ihrem Geld wurde das Stadthaus am Hanover Square neu eingerichtet. Ihr Geld ermöglichte Henry die elegante Garderobe, mit der er sich, stolz wie ein Pfau, seinen Freunden präsentierte. Ihr Geld verschaffte Papa ein langersehntes Gespann vollblütiger Rotfuchsstuten. Sie erreichte, daß ihr sowohl ihr Mann als auch ihr Schwiegervater zu Dank verpflichtet waren. Und beide Männer, ohnehin nicht von entschlossenem und starkem Charakter, ließen es zu, daß Esther künftig über ihr Leben bestimmte. Zu ihrer Dankbarkeit gesellte sich nach kurzer Zeit auch die Furcht vor der spitzen Zunge der neuen Hausherrin, die jede Äußerung, die ihren Plänen zuwiderlief, im Keim erstickte.
    Die einzige Bewohnerin des Hauses, die sich gegen die Veränderung in ihrem Leben entschieden zur Wehr setzte, war Catharine. Kategorisch lehnte sie jedes noch so kleine Geschenk ihrer Schwägerin ab. Wohl wissend, daß diese als Gegenleistung immerwährenden Gehorsam erwartete. Nein, sie würde sich nicht für Geld zur Marionette machen lassen. Sie würde die erste Möglichkeit nützen, das Haus zu verlassen, in dem sie sich nun nicht mehr länger zu Hause fühlte. In dieser Situation war Roger de la Falaise in ihr Leben getreten. Im Sattel eines stolzen Rappen sitzend, ritt er im Hydepark direkt auf die Kutsche zu, in der sie in Begleitung ihrer ungeliebten Schwägerin eine Ausfahrt unternahm. Es kam nicht oft vor, daß sie mit Esther zusammen eine Spazierfahrt unternahm. Doch an diesem Tage hatte ihre Schwägerin so vehement darauf bestanden, daß Catharine um des lieben Friedens willen zugestimmt hatte. Catharine hätte sich noch jetzt dafür ohrfeigen können. Wie hatte sie damals nurso dumm sein können? Warum hatte sie dieses abgekartete Spiel nicht durchschaut. Wie hätte sie aber auch ahnen sollen, welchen schändlichen Plan Esther und dieser gutaussehende französische Edelmann gemeinsam ausgeheckt hatten? Nein, sie war an diesem Nachmittag weit davon entfernt gewesen, Böses zu ahnen. Sie hatte nur Augen gehabt für diesen hübschen jungen Mann mit den kurzgeschnittenen schwarzen Locken. Die azurblaue Reitjacke unterstrich die tiefblaue Farbe seiner Augen, die, wie es schien, bewundernd auf sie gerichtet waren. Ein Blick in diese Augen hatte genügt, und Catharine hatte sich Hals über Kopf in ihn verliebt. Damit hatte sie sich den beiden Intriganten ausgeliefert. Esther hatte sie loswerden wollen. Sie duldete keine Person in ihrem Haus (und nachdem sie so großzügig investiert hatte, betrachtete sie das Palais am Hanover Square ab ihr Haus), die ihr widersprach und die auch ihren Mann
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