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Hochzeit auf griechisch

Hochzeit auf griechisch

Titel: Hochzeit auf griechisch
Autoren: Jacqueline Baird
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müde! Für einen Mann wie ihn, der lebte, um zu arbeiten, war das ein großes Eingeständnis. Die letzten Wochen waren aber auch die Hölle gewesen.
    Alles begann mit einem Anruf, den Leon kurz nach Neujahr in seinem Büro in der Aristides-International-Bank in Athen entgegengenommen hatte. Sein Vater und seine Schwester waren in einen Unfall verwickelt.
    Weihnachten und Silvester hatten sie noch gemeinsam auf der griechischen Insel verbracht. Am darauf folgenden Nachmittag war Leon abgereist, um nach New York zu fliegen. An diesem Morgen war er nach Athen zurückgekehrt, um seinen Vater in der Bank zu treffen.
    Immer wieder schritt er den Flur vor dem Operationssaal des Krankenhauses auf und ab. Keiner der Krankenhausangestellten wagte, Leon anzusprechen. Vor der Flügeltür des Operationssaals blieb er stehen und fragte sich, wie lange er schon hier wartete. Nach einem Blick auf die Armbanduhr wusste er, dass erst vierzig Minuten vergangen waren.
    Vor weniger als einer Stunde hatten sie den schwer verletzten Körper seiner Schwester in den Operationssaal geschoben. Vor drei Stunden hatte Leon erfahren, dass sein Vater bei dem schrecklichen Verkehrsunfall sofort gestorben war.
    Wie zum Teufel hatte das alles geschehen können?, fragte er sich zum tausendsten Mal. Dieselbe Frage hatte er schon dem Krankenhauspersonal und der Polizei gestellt. Delia war gefahren, ihr Vater auf dem Beifahrersitz. Aus irgendeinem Grund hatte sie die Kontrolle über den Wagen verloren, der in eine Schlucht gestürzt war. Die Ärzte hatten sich nur sehr zögerlich über die Genesungsaussichten seiner kleinen Schwester geäußert. Ihr Zustand sei sehr kritisch, hieß es, sie würden alles in ihrer Macht Stehende tun.
    Erschöpft ließ Leon sich in einen Sessel gegenüber derFlügeltür sinken. Er lehnte den Kopf gegen die Wand und schloss die Augen, um die Realität der Situation wenigstens einen Moment auszublenden.
    Sein Vater war tot, aber seine Schwester kämpfte hinter den verschlossenen Türen vor ihm um ihr Leben. Niemals zuvor hatte Leon sich so hilflos gefühlt.
    Ein starkes Déjà-vu-Erlebnis umfing ihn. Vor vier Jahren hatte er in einem Krankenhaus in New York ebenfalls auf den Ausgang der Operation gewartet. Seine Ehefrau Tina hatte damals einen Verkehrsunfall erlitten. Ihr Beifahrer, der Fitnesstrainer, war wie Leons Vater sofort tot gewesen.
    Er lächelte bitter und zynisch. Später hatte der Arzt ihm gesagt, seine Frau sei auf dem Operationstisch gestorben. Aber ihr Baby, einen Jungen, hätten sie retten können. Einen winzigen Moment lang war Hoffnung in Leon aufgekeimt, doch der Arzt hatte schon weitergesprochen: „Jedoch sind die Verletzungen sehr schwer. Es besteht kaum eine Überlebenschance.“ Wenige Stunden später hatte das Herz des Kindes aufgehört zu schlagen.
    „Mr. Aristides.“ Er öffnete die Augen und betete schweigend, dieser zweite Unfall würde einen glücklicheren Ausgang haben. Während der Arzt auf Leon zueilte, erhob er sich von dem Sessel.
    „Die Operation war erfolgreich. Ihre Schwester befindet sich bereits auf der Intensivstation.“ Leon stieß ein erleichtertes Seufzen aus, doch das gute Gefühl hielt nicht lange an, denn der Arzt fuhr fort: „Es gab einige Komplikationen. Sie hat eine Menge Blut verloren, und ihre Nieren versagen. Auch die Reste von Rauschmitteln in ihrem Körper sind einer Heilung nicht gerade förderlich. Wir tun, was wir können. Wenn Sie möchten, können Sie sie jetzt kurz besuchen. Die Krankenschwester zeigt Ihnen den Weg.“
    Er hatte sich immer noch nicht von dem Schock erholt, dass seine Schwester Drogen nahm, als sie zwei Stunden später starb.
    Als Leon jetzt die Augen aufschlug, blickte er sich in dem sehr behaglich eingerichteten Wohnzimmer um. Falls er geglaubt hatte, dass es nicht schlimmer kommen könne, war er gestern eines Besseren belehrt worden. Der Drogenkonsum seiner Schwester hatte ihn entsetzt. Danach ereilte Leon ein weiterer heftigerer Schock.
    Die intelligente, wohlerzogene junge Dame, zu der Delia – wie er geglaubt hatte – herangewachsen war, hatte dank der Hilfe von Helen Heywood seit Jahren ein Doppelleben geführt. Er erinnerte sich daran, wie seine Schwester einst behauptet hatte, sie hätte jeden Kontakt zu Helen seit dem Studienbeginn verloren.
    Selbst einen Zyniker wie ihn entsetzten Delias schauspielerische Fähigkeiten im Nachhinein, mit denen sie ihre Familie seit Jahren getäuscht hatte. Auch wenn er es ihr vielleicht nicht immer
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