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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual
Autoren: F. Paul Wilson
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Side, 2001?«
    »Ich habe darüber gelesen, es damals aber nicht gespürt. Dies hier habe ich jedoch gespürt. Und das gefiel mir gar nicht.«
    Jack auch nicht. Vielleicht konnten Menschen an Orten wie Los Angeles sich an so etwas gewöhnen, aber zu spüren, wie der solide Granituntergrund von New York City zu zittern beginnt … das war verdammt beunruhigend.
    »Was ist mit diesem anderen Geräusch? Es klang wie ein Schrei. Hast du das gehört?«
    Gia nickte, während sie sich an ihn drängte und seinen Arm umklammerte. »Wie eine verdammte Seele.«
    »Wahrscheinlich nur ein paar alte Nägel, die durch das Beben herausgezogen wurden.«
    »Wenn du meinst. Für mich klang es eher wie eine Stimme.«
    Natürlich klang es so, dachte Jack. Aber er wollte ihre Unruhe nicht noch vergrößern.
    Er schaute sich um und sah Ifasen mit einem anderen, jüngeren Schwarzen näher kommen, der ihm irgendwie ähnlich sah. Beide hatten in etwa die gleiche Figur und die gleichen Gesichtszüge, doch anstelle von Dreadlocks hatte der jüngere Mann eine konventionellere Frisur. Er trug eine schwarze Hose, schwarze Turnschuhe und einen leichten langärmeligen Rollkragenpullover, ebenfalls schwarz.
    »Ein Erdbeben, Ifasen!«, sagte Junie. »Ist so etwas möglich?«
    »Ich wusste, dass irgendetwas geschehen würde«, sagte Ifasen. »Aber nahe bevorstehende seismische Aktivitäten wirken sich störend auf mediale Kontakte aus, daher konnte ich keine klare Botschaft empfangen.«
    Jack nickte anerkennend. Der Knabe improvisierte sehr gut.
    Aus der Nähe konnte Jack eine lange, horizontale Narbe auf Ifasens linker Wange erkennen. Bis auf ein paar vereinzelte Bartstoppeln am Kinn wirkte seine milchschokoladenbraune Haut makellos.
    »Können wir jetzt wieder ins Haus gehen?«, fragte Junie.
    Ifasen schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht …«
    »Bitte?«
    Er seufzte. »Na gut. Aber nur kurz.« Er legte eine Hand auf die Schulter des jungen Mannes. »Das ist übrigens mein Bruder Kehinde. Er wohnt im Menelaus Manor mit mir zusammen.«
    Menelaus Manor, dachte Jack und betrachtete das alte Haus. Dieses Gemäuer hat also einen Namen?
    Kehinde ging voraus, als sie zum Haus zurückkehrten. Jack blieb mit Gia zurück, um mit Ifasen zu reden.
    »Warum nahmen Sie an, dass es eine Bombe war?«
    Ifasen blinzelte, aber der Ausdruck seiner onyxschwarzen Augen blieb undeutbar. »Wie kommen Sie auf die Idee?«
    »Ach, ich weiß nicht. Vielleicht durch die Tatsache, dass Sie ›Eine Bombe!‹ gebrüllt haben, als das Haus zu zittern begann.«
    »Ich weiß es nicht genau. Vielleicht war ich so erschrocken, dass dies der erste Gedanke war, der mir in den Sinn kam. Die präseismischen Vibrationen …«
    Jack hob eine Hand. »Ja. Sie haben es uns erklärt.«
    Jack spürte, dass Ifasen die Wahrheit sagte, und das beunruhigte ihn. Wenn das Haus, in dem man wohnt, zu wackeln, zu schwanken und zu zittern anfängt, kann das eine Menge Ursachen haben, aber eine Bombe sollte nicht an erster Stelle auf der Liste auftauchen.
    Es sei denn, man rechnete damit.
    »Und wo ist Charlie?«
    Ifasen erstarrte. »Wer?«
    »Ich habe Sie nach jemandem namens Charlie rufen hören, während wir uns in Sicherheit brachten.«
    »Da müssen Sie sich verhört haben, Sir. Ich rief nach meinem Bruder Kehinde.«
    Jack wandte sich an Gia. »Lass uns verschwinden. Ich glaube, das hier ist keine gute Idee.«
    Ehe Gia etwas darauf erwidern konnte, sagte Ifasen: »Bitte. Sie brauchen keine Angst zu haben. Wirklich.«
    »Nun komm schon, Jack.« Sie sah Ifasen fragend an. »Es dauert … wie lange – eine halbe Stunde?«
    »Höchstens.« Ifasen lächelte. »Wie ich schon sagte, ich brauche meinen Schlaf.«
    Eine halbe Stunde, dachte Jack. Okay. Was konnte schon in einer halben Stunde passieren?
     
     

2
     
    »Dies ist mein Channeling-Raum«, erklärte Ifasen mit einer ausholenden Geste.
    Beeindruckend, dachte Jack, während er sich umschaute.
    Ifasen hatte den hohen Raum im ersten Stock mit einer umfangreichen Kollektion spiritualistischer und aus der New-Age-Lehre stammender Utensilien sowie einigen einzigartigen Arrangements ausgestattet. Am eindrucksvollsten war die Ansammlung von Statuen – einige davon schienen sogar absolut echt zu sein – aus Kirchen und indischen Tempeln und Mayapyramiden: Maria, der heilige Josef, Kali, Shiva, ein Totempfahl, ein schlangenköpfiger Gott, Wasserspeier von Kirchen und ein drei Meter hoher Ganesh, der in seinem Elefantenrüssel ein goldenes Zepter hielt.
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