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HMJ06 - Das Ritual

HMJ06 - Das Ritual

Titel: HMJ06 - Das Ritual
Autoren: F. Paul Wilson
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heute benutzen wir sie als eine Schüssel, um Ihre Fragezettel hineinzulegen.«
    Er reichte die Glocke Kehinde, der zu jedem von ihnen kam und die Umschläge einsammelte. Jack behielt ihn genau im Auge und achtete sorgfältig darauf, wie der jüngere Bruder die Glocke hinter dem Sockel des Podiums absetzte. Er hantierte an etwas herum, das nicht zu sehen war. Dann breitete er ein weißes Tuch aus. Die Glocke erschien wieder, diesmal mit dem Tuch bedeckt, und wurde zu Ifasen hochgereicht.
    Jack lehnte sich zurück und nickte. Erwischt.
    Kehinde verschwand, und die Beleuchtung veränderte sich. Im Raum wurde es dunkel, während ein Spotscheinwerfer an der Decke aufflammte, so dass Ifasen – wie in ein himmlisches Licht getaucht – über ihnen zu schweben schien. Er riss das weiße Tuch weg und blickte in die Schüssel. Nach einem kurzen Augenblick griff er hinein und zog einen Umschlag heraus. Er hielt ihn mit ausgestreckten Armen hoch.
    »Ich habe hier die erste Frage«, verkündete er. Er senkte den Kopf und hob den Umschlag noch höher, so dass er im Licht des Scheinwerfers leuchtete wie ein Stern. »Ogunfiditimi, ich rufe dich. Diese Bittsteller sind zu mir gekommen auf der Suche nach Wissen. Einem Wissen, das nur du übermitteln kannst. Höre ihre Fragen, und liefere die Antworten, die sie suchen.«
    Er erschauerte einmal, zweimal, dann verfiel er in einen gleichförmig düsteren Tonfall.
    »Du bist noch nicht so weit. Du musst eifriger arbeiten, musst deine Fähigkeiten verfeinern, und vor allem musst du Geduld haben. Er wird kommen.«
    Ifasen blickte auf und blinzelte. Er senkte den Umschlag und ergriff einen schlanken, vergoldeten Brieföffner. Er schlitzte den Briefumschlag auf und holte die Karte heraus. Dann faltete er sie auseinander und hielt sie zu Jacks Verdruss an der linken oberen Ecke hoch. Nachdem er den Text darauf gelesen hatte, lächelte er Karyn an. »Beantwortet das Ihre Frage, Karyn?«
    Sie nickte begeistert.
    Claude sagte: »Was hast du gefragt?«
    »Ich wollte wissen, wann ich endlich genauso erfolgreich sein werde wie Junie.«
    Junie wandte sich an sie. »Habe ich es nicht gesagt? Ist er nicht einfach toll?«
    »Wie macht er das?«, flüsterte Gia.
    »Später.«
    Da er ziemlich genau wusste, wie es weitergehen würde, holte Jack eine zusammengefaltete Broschüre aus der Tasche, die er im Parterre mitgenommen hatte. Auf dem Umschlag stand
     
    DIE MENELAUS MANOR
    RESTORATION FOUNDATION
     
    über einem grobkörnigen Foto von diesem alten Haus. Das war es also, wohin die Stiftungen gingen.
    Er öffnete die gelbe, dreifach gefaltete Broschüre, und heraus rutschte eine weitere kleinere Broschüre, fast so groß wie die Karte, die er soeben ausgefüllt hatte. Der Umschlag zeigte als kunstlose Illustration eine menschliche Silhouette, die neben dem Titel – »Die Falle« – in einen Schacht stürzte. Er drehte sie um und lachte beinahe laut auf, als er die Worte »Chick Publications« las. Ein Wiedergeburts-Minicomic. Auf den ersten Seiten war ein Christ zu sehen, der einen selbst ernannten Channeler entlarvte.
    Irgendein Witzbold schmuggelte offenbar Jack Chicks fundamentalistische Traktate in Ifasens Broschüren. Ziemlich dreist.
    Jack achtete auf Ifasen, der einen weiteren Umschlag hochhielt, diesmal aber auf die Anrufung verzichtete. Vielleicht hatte er es eilig. Er schüttelte den Kopf, als versuchte er, seine Gedanken zu klären, kniff die Augen zusammen. Dann schüttelte er abermals den Kopf. Schließlich senkte er den Umschlag und schickte Claude einen missbilligenden Blick.
    »Der Geist weigert sich, diese Frage zu beantworten. Ich darf Ihnen bestellen, dass Sie sich einen Taschenrechner kaufen sollen.«
    Er schlitzte den Umschlag auf und faltete die Karte auseinander – und hielt auch diese an der linken oberen Ecke hoch. Er las: »›Wie lautet die Quadratwurzel von 2,762?‹« Er musterte Claude stirnrunzelnd und machte aus seinem Missfallen keinen Hehl. »Was habe ich über lächerliche Fragen gesagt, die die Zeit des Geistes vergeuden?«
    Claude grinste. »Es ist eine Frage, die mich schon seit Jahren beschäftigt.«
    Junie schaute ihn wütend an und gab ihm einen Klaps aufs Knie. Jack fand, dass Claude ihm gefiel.
    Er legte die Chick-Broschüre beiseite und begann Ifasens Werbetext über das Haus und seine Geschichte zu lesen, als Gia ihn anstieß.
    »Pass auf. Du bist vielleicht der Nächste.«
    Jack faltete die Broschüre zusammen und konzentrierte sich auf Ifasen, der einen
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