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Historical Collection Band 01

Historical Collection Band 01

Titel: Historical Collection Band 01
Autoren: MARGUERITE KAYE BRONWYN SCOTT MICHELLE WILLINGHAM ELIZABETH ROLLS
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mich stürzt, wenn er von meinem Besuch hier erfährt?“
    O Gott! „Lionel hat Ihnen schon vor langer Zeit vergeben.“
    „Wirklich?“, vergewisserte Everett sich. „Aber Sie können mir nicht verzeihen.“
    Ihr Stolz hatte gelitten, aber verloren hatte sie ihn nicht. „Es gibt nichts zu verzeihen“, erklärte sie. „Ich habe einen Fehler gemacht, genau wie Sie.“ Natürlich war es ein sehr dummer Fehler gewesen. Wie hatte sie nur glauben können, die Tochter eines Schulmeisters würde einem Adligen wie Everett wirklich etwas bedeuten? „Und ich ziehe es vor, nicht daran erinnert zu werden.“
    Ein Muskel in seinem Kinn zuckte. „Dann werde ich Sie jetzt von meiner Anwesenheit befreien.“ Er beugte sich zu den Gemälden hinunter.
    „Warten Sie!“
    „Ja?“
    „Es hat zu regnen begonnen. Wir müssen die Bilder in Ölpapier wickeln, um sie zu schützen.“
    Unglücklicherweise befand sich das Ölpapier in der Schublade, in die sie ihre Schürze gestopft hatte.
    Loveday zog die Schublade auf und bemühte sich, das Zittern ihrer Hände zu unterdrücken. Sie griff nach dem Ölpapier, holte es vorsichtig heraus und wandte sich um. Everett hatte die drei Gemälde auf einem Stuhl abgestellt. Zögernd ging sie auf ihn zu, das Ölpapier wie einen Schutzschild vor sich haltend. Vor dem Stuhl kniete sie sich auf den Boden und begann, das erste der Bilder einzuwickeln.
    Es handelte sich um das Porträt. Lionel hatte es gemalt, bevor sie nach Italien gegangen waren. Um genau zu sein: Er hatte es sogar vor allem gemalt. Wie unbeschwert sie damals gewesen war! Wie sie gelacht, geplaudert und Pläne geschmiedet hatte! So wenig hatte ihr Kummer bereitet. Der Tod des Kätzchens natürlich … Ja, der arme kleine Oliver … Sie erinnerte sich noch so genau an ihn. Wie lange das her war!
    Ein Seufzen unterdrückend griff Loveday nach dem nächsten Bild, um es einzupacken. Dass Lionel die Berglandschaft gemalt hatte, lag nun auch schon Jahre zurück. Wie großartig die Berge aussahen, einer höher als der andere, ein wildes Durcheinander von Gipfeln, die in den Himmel zu streben schienen.
    „Es ist wichtig zu wissen, warum man etwas malt“, hatte Lionel gesagt. „Hier geht es mir um den Gegensatz Fassbarem und Unfassbarem, von Himmel und Erde, von irdischen Grenzen und Unendlichkeit.“ Sie hatte genau verstanden, was er meinte. Und nun, da sie sich an seine Worte erinnerte, füllten ihre Augen sich mit Tränen. Rasch wandte sie ihre Aufmerksamkeit dem dritten Gemälde zu.
    Es half nichts. Ihr war noch immer nach Weinen zumute. Sie schluckte und schaute zum letzten Mal den weiten Strand an mit der einsamen Gestalt, die gefangen war zwischen Land und Meer, verloren …
    Langsam atmete Loveday aus. Sie trennte sich nur ungern von diesen Werken, obwohl sie wusste, dass es besser war, sie herzugeben. Viel besser. Vor allem, da die Miete bezahlt und etwas zu essen gekauft werden musste.
    Sie erhob sich und schaute zu Everett auf. Sie fühlte, dass sie ihm die Gemälde anvertrauen konnte, weil er ihren Wert kannte. Dann bemerkte sie, dass er die Stirn runzelte.
    „Ist irgendwas nicht in Ordnung? Haben Sie es sich anders überlegt?“
    „Nein. Ich dachte nur gerade, wie wichtig es ist, dass ich gut auf die Bilder achtgebe.“
    Schon immer hatte er in bestimmten Situationen ihre Gedanken lesen können. Aber daran wollte sie sich jetzt nicht erinnern. „Sie hätten Ihr Geld verschwendet, wenn die Gemälde Ihnen nichts bedeuteten. Hier!“ Sie hielt ihm die drei Pakete hin. „Nehmen Sie sie!“
    Als er nach ihnen griff, berührten sich ihre Finger, und ein heißer Schauer überlief Loveday. Everett stand jetzt so nah bei ihr, dass sie jede einzelne seiner Wimpern erkennen konnte. So nah, dass sie sah, wo er sich am Morgen rasiert hatte, und dass ihr der Duft seines Rasierwassers in die Nase stieg.
    Einst hatte dieser Duft ihre Welt erfüllt. Damals hatte sie noch Träume gehabt. Sie hatte geglaubt, Everett würde irgendwann bemerken, dass sie kein Kind mehr war, sondern eine Frau, die ihn sehr glücklich machen konnte. Sie hatte sich vorgestellt, wie er sie zärtlich streicheln würde und wie sie seine Wange an die seine legte.
    Manchmal wurden Träume wahr. Doch einige von ihnen hinterließen einen bitteren Nachgeschmack.
    Lovedays Herzschlag beschleunigte sich, als Everett die Lider hob und sie direkt in seine tiefblauen Augen schaute.
    „Sie müssen loslassen“, sagte er.
    Das hatte sie doch getan. Schon vor langer Zeit.
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