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Hinterland

Hinterland

Titel: Hinterland
Autoren: Feridun Zaimoglu
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oder russischer Soldat – so vermuten sie – die Köpfe begraben hat, kassierten einen unverschämt hohen
     Finderlohn. Die Witwe ist ihr erspartes Geld auf einen Schlag losgeworden, und sie muß sich nach einem reichen ausländischen
     Käufer umsehen. 3. Elf geteilt durch drei macht am Taschenrechner drei Komma sieben Sechsen. Ihr gehören alsodrei ganze Köpfe und etwas mehr als ein halber Kopf. 4. Sie muß den wilden Mongolen loswerden …
    Sie fügt einen weiteren Punkt hinzu, also 5., ihre Freundin ist eine Mitwisserin. Sie mag verwirrende Geschichten von der
     Freundschaft zu … einem rot bemützten Zwiebelweibchen erzählen, ihr kann sie nichts vormachen, sie hat die Witwe durchschaut.
     Und es scheint, als würde sie mit dem Dorftataren anbändeln, seine Schlupflider haben es ihr wahrscheinlich angetan. Wie kann
     sie auf ihre tschechische Freundin einwirken? Wie kann sie sie zur strengen Geheimhaltung verpflichten, ohne daß es sie viel
     Geld kostet? Sie beschließt, bis zu Vlastas Abreise eine vorzügliche Gastgeberin zu sein …
    Ihre beiden Liebhaber, Jacek und Edison, werden unruhig, die Witwe vertröstet sie in der Liebe auf bessere Zeiten, sie aber
     haben den Verdacht, daß sie als Liebhaber nicht mehr in Frage kommen. Eine falsche Annahme, sie führt zu Mißverständnissen
     und sinnlosen Zornausbrüchen. Es wird sich alles geben, es werden sich alle beruhigen.
    Und Olivia? Die Aufregung ob des Funds der Holzköpfe und der eigentlich nicht legale Handel haben sie aufblühen lassen. Also
     sagt sie bei einem ihrer Gespräche mit ihrem nicht mehr geliebten Ehemann, dem jungen Regisseur: Ich glaube, ich habe in letzter
     Zeit viele Äffchen kennengelernt, du weißt, das sind Männer, die kleine Luftsprünge lieben. Ein Äffchen heißt Daniel, ein
     polnisch verwandelter Deutscher, er stach sich bei meinem Beisein versehentlich in den Finger, und ein Tropfen quoll heraus.
     Eine Blutblüte. Ein Tropfen Blut am Finger einer kriminellen Person. Hab keine Angst, ich sehe mich vor, es gab nur eine einzige
     Abwechslung, aber du möchtest es ganz sicher nicht wissen, was passiert ist. Du klingst seltsam, was ist los?
    Und der Regisseur erzählt von dem Lob, das er für seine neueste Theaterarbeit bekommen hat, und davon, daß ihmnach der letzten Krise keine Schauspielerin und kein Schauspieler abhanden kommt. Du wirst dort ansässig werden, stellt er
     fest, und Olivia gibt ihm recht, sie schweigt und erwägt, endlich in die Scheidung einzuwilligen. Doch jede Trennung ist ein
     Tod, und ein Leben nach den Regeln der Philosophie mißlingt bei der ersten Feuerprobe. Man darf den Schmerz nicht vergöttern.
     Sie sagt ihm eine Nettigkeit und erfährt im Gegenzug Einzelheiten über das Wetter und das Verrücktwerden der Prager Künstler
     bei Wind und Nieselregen.
    Sie legt auf, und als sie sich umdreht, sieht sie Heliodor mit dem Klappspaten in der Hand ins Zimmer eintreten, er lehnt
     ihn an die Wand und verkündet, er werde ab sofort anfangen zu fasten, sein Glaube sei erschütterlich und sein Leib ihm fremd
     geworden …
    (Die kummervollen Äffchen, hienieden. Die Seelen, hoch droben. Ein Nebel, der sie verhüllt: die Hunde die Katzen die Kaufmänner
     die listigen Witwen.)

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    Sie waren glänzend in dem, was sie hauptsächlich waren, und in dem, was sie beiläufig taten – das dachte Ferda beim Anblick
     der Bekannten nach seiner Rückkehr, und weil Libor, vom Bier erheitert, ihn anstieß und ihn aufforderte, ein weiteres Mal
     die deutschen Namen der Städte der Städtchen der Dörfer an der polnisch-tschechischen Grenze aufzusagen, vergaß er seinen
     Tagtraum und sprach: Bielitz, Hindenburg, Oppeln, Glatz, Waldenburg, Hirschberg, Görlitz. Mährisch Ostrau, Olmütz, Mährisch
     Schönberg, Königgrätz, Jungbunzlau, Trautenau, Gablonz, Reichenberg, Schneekoppe.
    Es war der einundzwanzigste Dezember, ab heute würden die Tage länger werden, die Aussicht auf die baldige Helle an Spätnachmittagen
     wollten sie alle bei Gretá feiern, und er war der Einladung gefolgt, denn sie verschloß sich ihm, Aneschka,die ihre vertrauten Lieblingssachen berührte und aber nicht berührt werden wollte von ihm, dem fremden Mann.
    Vom Hotel im Stadtzentrum dauerte es eine Viertelstunde Fußmarsch bis zum georgischen Restaurant, und nun saß er mit dem verwandelten
     glühenden Libor an einem Tisch. Wenn ein tibetanischer Mönch spürte, daß es dem Ende zuging, aß er nur noch Wassersuppe und
     trank
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