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Hinterhalt

Titel: Hinterhalt
Autoren: Garry Disher
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an deren Bauch sich ein Schildpattkätzchen zusammengerollt hat.
    »Vielen Dank.«
    Evie fummelte in den Taschen ihres Trainingsanzugs herum. »Tesafilm.«
    »Danke dir, das ist wirklich nett.«
    Anna glättete Madonna auf ihren Knien. »Weshalb bist du hier? Darf ich das fragen?«
    »Hab meinen Alten umgebracht.«
    »Wirklich?«
    »Kam total besoffen nach Hause und wollt mir an die Wäsche. Als ich nein gesagt habe, hat er mich verprügelt. Ich hatte die Schnauze voll. Fünf Jahre ging das so. Nachdem er endlich eingepennt war, hab ich ihm ein Messer in den Bauch gerammt.«
    »Hat er dich öfter geschlagen?«
    »Das und der ganze Rest«, sagte Evie. »Fünf Jahre lang.«
    »Warum hast du keine Anzeige erstattet? Du hättest Polizeischutz anfordern oder eine einstweilige Verfügung beantragen können.«
    Evie zuckte mit den Schultern. »Hat mir keiner was gesagt.«
    »Wie lange?«
    »Sie haben geglaubt, dass ich’s geplant habe«, sagte Evie, »also hab ich fünfundzwanzig Jahre bekommen.«
    »Großer Gott.«
    »Ich wollte es ja auch.«
    Ein Schatten fiel in die Zelle. Die beiden Frauen, die Anna jetzt ansahen, machten einen freundlich-belustigten Eindruck, doch dahinter steckte unverhohlene Neugier. Sie waren groß und sportlich, die eine schwarzhaarig, die andere dunkelblond. Bis auf einige lange Strähnen am Oberkopf hatten beide extrem kurzes Haar. Blauschwarze Tätowierungen bedeckten ihre Arme von den Schultern bis zu den Handgelenken. Lautlos und voller Energie. Bei ihrem Anblick musste Anna unwillkürlich an einen Panther und einen Leoparden denken und sie wurde unsicher. Von Evie konnte sie nicht allzu viel Unterstützung erwarten. Die Frauen betraten die Zelle. Die Dunkelblonde setzte sich neben Anna auf das Bett und grinste breit: »Hi, ich bin Blaze.«
    Der Panther lehnte sich gegen die Wand und lachte nur.
    Anna nickte erst der einen, dann der anderen zu. »Anna«, stellte sie sich vor.
    »Wissen wir schon«, sagte der Panther. Sie schraubte sich von der Wand los und streckte ihre Hand aus. »Ich bin Lauris.«
    Zurückhaltend schüttelte Anna beiden die Hand.
    Dann deutete Lauris auf das Bild von Madonna auf Annas Knien. »Evie! Warum bringst du ihr so einen Scheiß!«
    Blaze schüttelte sich vor Lachen, ihr ganzer Körper bebte.
    »Scheiß-Tusse, zeigt ihre Titten und denkt, das ist Emanzipation. Schmeiß das endlich weg.«
    Anna sah zu Evie hinüber. Evie hatte sich in ihr Schneckenhaus zurückgezogen und starrte vor sich hin. Anna blätterte die Bilder durch, dabei flatterte ein Blatt Papier zu Boden. Sie hob es auf und sah eine großzügige, runde Handschrift; es waren ein paar Gedichtzeilen, die von Schmerz und einer Wunde im Herzen sprachen.
    Evie riss es ihr aus der Hand, wütend und verlegen zugleich.
    »Wusste nicht, dass das dabei ist.«
    »Hast du das geschrieben?«, fragte Anna.
    Lauris baute sich vor ihr auf. Das Grinsen war verschwunden und ein spitzer Zeigefinger richtete sich auf Anna. »Eins merk dir am besten gleich, Anwaltsschnecke. Hier gibt’s Leute, die solche Sachen gegen dich verwenden. Insassen, Aufseher - scheißegal, sie lieben es, in persönlichen Dingen rumzuschnüffeln, um dann die Messer zu wetzen. Verstehst du?«
    Anna wusste, dass es ein Nachteil wäre, quasi ein Gesichtsverlust, sich jetzt einschüchtern zu lassen. Sie stand auf und war jetzt mit Lauris auf Augenhöhe. »Und du merkst dir am besten gleich, dass ich nicht zu diesen Leuten gehöre.«
    Lauris verzog keine Miene. Sie zuckte mit den Schultern und sagte: »Schätze, das werden wir noch herausfinden.«
    Blaze wollte vermitteln. »Viele schreiben hier, um nicht durchzudrehen. Ich war zehn Monate in Einzelhaft und hatte nur diesen Stern vorm Fenster. Ich habe ihn angestarrt und geschrieben.«
    »Zehn Monate?«
    Blaze wirkte jetzt sehr angespannt. »Sie haben gesagt, ich bin widerspenstig.«
    Lauris ging auf sie zu, nahm ihren Kopf, drückte ihn kurz an ihren Bauch und wuschelte durch die Haarsträhnen. Blaze schloss die Augen, alle Anspannung verschwand aus ihrem Gesicht.
    Dann öffnete sie die Augen und befreite sich aus der Umarmung. »He, hast du irgendwelche geilen Bücher, Anwaltsschnecke?«
    Anna setzte sich wieder. »Ich hab überhaupt nichts.«
    »Ich leih dir meinen Magier von Deverry.«
    »Danke.«
    »Ich hab noch eins von Dean Koontz«, sagte Evie.
    »Danke.«
    Sie schwiegen. Anna spürte Lauris’ Kraft, ihre Furchtlosigkeit und den Blick ihrer dunklen Augen.
    »Hey.«
    Anna sah auf. »Ja?«
    »Wenn
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