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Hintergangen

Hintergangen

Titel: Hintergangen
Autoren: Rachel Abbott
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und sie verspürte einen intensiven, stechenden Schmerz beim Gedanken an das Leid des Kindes.
    Sie sah, dass Will immer noch Mühe hatte, es zu begreifen, und ihr war bewusst, dass sie dem Bild, das sie von Hugo gezeichnet hatte, nun bald das letzte Detail würde hinzufügen müssen. Das eine, was allem einen Sinn verleihen würde.
    »Hattest du denn nicht Sorge, eine von euch könnte aufgehalten werden, weil dein Gesicht nicht mit dem im Pass übereinstimmte? Ihr beiden seht euch doch nicht mal entfernt ähnlich!«
    »Ach, Will, wir sind Frauen! Als du gestern ins Bad gekommen bist, da hast du Imogen für mich gehalten, oder? Ich trage schon seit Jahren die Haare straff aus dem Gesicht gekämmt, um Hugo von mir abzulenken, indem ich möglichst reizlos aussehe. Wir sind im gleichen Alter und haben annähernd die gleiche Statur. Bei der Einreise wird man kaum angeschaut, solange der Pass einigermaßen mit dem äußeren Erscheinungsbild übereinstimmt, vor allem, wenn es ein britischer Pass ist. Wir haben einfach unser Aussehen ein bisschen angeglichen, um den Unterschied zu verringern. Das war ehrlich gesagt der leichtere Teil. Für Imogen wurde es auf dem Flug ein bisschen kompliziert, als sich Laura Fletcher beim Flugpersonal melden sollte. Das hat sie aber einfach ignoriert. Deshalb hatte ich auch Billigflüge ohne festen Platz genommen.«
    »Warum zum Teufel ist Imogen dann hierhergekommen? Das ist doch völlig blödsinnig!«
    Will griff wieder nach der Whiskyflasche – als könnte die den Schmerz betäuben.
    »Ich weiß, und ich war auch so wütend auf sie. Doch sie hat gewusst, dass etwas nicht stimmte. Wieso wäre mein Name sonst auf dem Flug aufgerufen worden? Und als wir uns in Heathrow getroffen haben, habe ich ihr nur erzählt, ich sei zu gestresst und würde ihr alles erklären, sobald sie wieder in Kanada sei. Wir hatten sowieso keine Zeit. Ich wusste, dass die Polizei dicht hinter mir war und ich vor denen wieder hier sein musste. Dann hat sie von Hugos Tod gehört und verständlicherweise nicht gewusst, was sie davon halten sollte.
    Hugo hätte eigentlich gar nicht so schnell gefunden werden sollen. Ich wollte ihn als vermisst melden – vielleicht am späten Sonntag oder sogar Montag früh. Ich habe gedacht, ich hätte etwas Zeit, um mich zu sammeln. Aber dann ist Beryl wegen ihrer Tasche zurückgekommen – weniger als eine Stunde nachdem ich gegangen war! Gott, was für eine Katastrophe das hätte werden können. Und als die Polizei hierherkam, war ich völlig außer mir – der Stress, die Angst –, ich bin dann schier ausgeflippt. Ich habe nur noch daran denken können, wie leicht alles hätte schiefgehen können. Und was ich Schreckliches getan hatte. Und nun verdächtigt die Polizei Imogen. Ich schäme mich so dafür, dass ich sie da mit hineingezogen habe. Aber ich wusste keinen anderen Ausweg.«
    Will schwieg und betrachtete seine verschränkten Hände zwischen den Knien. Nach vermeintlichen Stunden, aber vermutlich weniger als einer Minute hob er den Blick.
    »Ich kann immer noch nicht glauben, dass das deine einzige Möglichkeit war. Ich hätte dir doch geholfen. Aber Mord ? Warum hast du mich denn nicht gefragt?«
    »Ich konnte nicht. Er hätte mich nicht gehen lassen. Ich habe dir doch erzählt, er hat gedroht, mich umzubringen. Die öffentliche Fassade war das Wichtigste für ihn. Wenn ich dich mit hineingezogen hätte, hätte er wieder etwas getan, um dein Leben zu ruinieren. Das war ihm ja schließlich schon einmal gelungen.«
    Will musterte sie mit einem verblüfften Gesichtsausdruck. Er begriff es immer noch nicht.
    »Deswegen hast du ihn also umgebracht? Weil du gedacht hast, er würde dich umbringen? Oder weil er diese Prostituierten entführt hat? Weswegen denn nun?«
    »Das war es nicht, Will. Aus keinem dieser Gründe habe ich ihn getötet.«
    »Warum denn dann , um Gottes willen?«
    »Ich habe ihn für Alexa getötet.«
    Will starrte seine Schwester fassungslos an. Und erst viel später wurde ihm bewusst, dass irgendwo im Haus ganz leise eine Tür zugegangen war.

40. Kapitel
    Ein halbes Jahr später
    L aura saß allein im Wohnzimmer, einem Raum, der kaum als der düstere, trostlose Ort von vor einem halben Jahr wiederzuerkennen war. Behagliche hellbeige Sofas boten den perfekten Kontrast zu den restaurierten dunklen Holzpaneelen. Der schöne grüne Aubusson-Teppich aus dem Eingangsbereich war hierhergebracht worden, wo er dem aufgefrischten hellen Steinfußboden zu
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