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Hinter verzauberten Fenstern

Hinter verzauberten Fenstern

Titel: Hinter verzauberten Fenstern
Autoren: Cornelia Funke
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Bruder.«
»Sind Sie ein echter König?«, fragte Olli und sah den alten Mann mit staunenden Augen an.
»Ich weiß es nicht!«, sagte der König und zuckte ratlos die hageren Schultern.
»Wieso weißt du das nicht?«, fragte Harry erstaunt. »Das hast du doch wohl nicht auch schon vergessen?«
»Nein, nein!«, sagte der alte König beleidigt. »Aber Leo hat mich doch gezwungen, abzudanken. Er hat gedroht, dich für ewig in seinem Kerker schmoren zu lassen, wenn ich ihn nicht zum König mache. Deswegen«, der König sah sich um, »deswegen ist es hier auch so leer! Sie hatten alle Angst vor Leo und wollten nichts mehr von mir wissen.«
»So, so!«, sagte Harry. »Riesig, bring doch mal unsern Gefangenen her.«
Riesig nahm Leo kurzerhand am Kragen und trug ihn vor den König.
Da stellte er ihn wieder auf die Füße, aber er legte ihm beide Hände auf die Schultern.
»Oh!«, rief der König erstaunt. »Da ist ja Leo! Warum hat er denn bloß so eine rote Nase?«
»Das ist eine lange Geschichte«, sagte Harry, »die erzählen wir dir ein anderes Mal. Jetzt möchte ich nur wissen, ob du ihn schon zum König gemacht hast.«
»Nein, nein!«, antwortete der König. »Die Krönung sollte am nächsten Sonntag stattfinden, auf seiner Burg.«
»Na, daraus wird nun nichts«, meinte Harry zufrieden, »du bist der König.«
»O nein!«, rief sein Vater und schüttelte sehr energisch den Kopf. »Das kommt überhaupt nicht infrage! Davon habe ich endgültig die Nase voll! Aber wie ist es mit dir?«

    »Wenn es sein muss«, sagte Harry, »aber nur, wenn ich nicht in diesem Palast wohnen muss. Ich will bleiben, wo ich bin – im Kalenderhaus. Bei meinen Freunden.«
»Das kannst du machen, wie du willst«, sagte der König.
»Hurra, König Harry!«, rief Melissa. »Hurra, hurra, hurra!«, zwitscherte Rosalinde.
»Wartet mal, wartet mal.« Der alte König runzelte die Stirn. »Wo habe ich denn bloß die Krone hingelegt? Wartet, gleich fällt’s mir wieder ein! Hmm.«
Nachdenklich blickte er sich in dem großen Saal um.
»Da ist sie doch, Herr König!«, rief Olli und zeigte auf den Thronsessel. »Da, unter ihrem Thron!«
»Aaaach, ja!«, sagte der König erleichtert. »Du bist ein schlauer, kleiner Bursche. Wie war nochmal dein Name?«
»Olli«, sagte Olli und platzte fast vor Stolz. Und Julia war selber so glücklich und stolz, dass sie sich nicht darüber ärgerte.
Der König eilte die Throntreppe hinauf und zog die große Krone unter seinem Sessel hervor. »Hier!«, sagte er und reichte sie seinem Sohn. »Da hast du sie. Viel Spaß damit.«
Harry zögerte. »Und was ist, wenn mich meine Untertanen nicht wollen?«, fragte er besorgt.
»Sie wollen dich bestimmt!«, zwitscherte Rosalinde und strahlte Harry entzückt an.
»Ja, bestimmt!«, riefen die Heinzelmänner im Chor »Na gut, wenn ihr meint!«, sagte Harry und nahm die Krone entgegen.
Das bleiche Gesicht von Leo, dem Lügner, wurde krebsrot vor Zorn, als der Prinz sie sich auf sein struppiges Haar setzte.
»Nimm’s doch nicht so tragisch, Leo«, sagte Melissa. »Du wärst sowieso ein miserabler König geworden.«
»Was machen wir denn jetzt mit ihm?«, fragte Jakobus. »Fällt jemand eine gute Strafe für ihn ein?«
Leo warf dem kleinen Erfinder einen fürchterlich finsteren Blick zu.
»Ich weiß was!«, rief Julia, und Leos finsterer Blick wanderte zu ihr. »Er muss die verfallenen Kalenderhäuser reparieren – die Wände streichen, die Löcher in den Dächern flicken und all so was. Und seine Wachen müssen ihm dabei helfen.«
»Das ist eine sehr gute Idee!«, rief der alte König. »Wirklich ausgezeichnet, liebe – äh – liebe – hm, ach ja, liebe Julia.«
»So was kann ich nicht!«, knurrte Leo, der Lügner.
»Du wirst es schon lernen«, sagte Harry. »Und was machen wir mit seiner Burg?«
»Die wird aufgegessen«, sagte Olli, »jedes Kind, das durch einen Kalender kommt, kriegt ein großes Stück.«
»Noch eine gute Idee!«, rief der König. »Ihr beiden seid wirklich zu schlau!«
»Blöde Bälger!«, murmelte Leo, aber keiner beachtete ihn.
Nur Riesig hielt ihm drohend seinen großen Finger vor die Nase.
»Dann beschließe ich jetzt«, sagte Harry, »dass es von heute an in diesem Land keine Schokohäuser mehr geben wird, sondern nur noch richtige Kalenderhäuser!«
»Hurra!«, rief Jakobus und hüpfte so entzückt in die Luft, dass ihm die Perücke vom Kopf flog.
Leopold knirschte vor Zorn mit den Zähnen.
»Und außerdem«, fuhr Harry fort, »beschließe ich, dass
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