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Hinter verzauberten Fenstern

Hinter verzauberten Fenstern

Titel: Hinter verzauberten Fenstern
Autoren: Cornelia Funke
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bis unter die Nase und drehte ihrem Bruder den Rücken zu.
»Ich will mit!«, sagte Olli. »Sonst erzähle ich alles Mama. Und die nimmt dir den Kalender dann weg.«
Julia holte tief Luft. Sie hatte das Gefühl, dass ihr Kopf jeden Moment vor Wut platzen würde. »Also gut«, sagte sie, ohne sich umzudrehen. »Ich nehme dich mit. Aber glaub bloß nicht, dass ich mich um dich kümmere.«
»Das brauchst du auch nicht«, meinte Olli, »ich bin schon groß!« Und dann machte er das Licht aus und knallte die Tür hinter sich zu.
Julia rollte sich auf den Rücken und blickte zum Kalender. Er glitzerte und blitzte in der Dunkelheit wie in der ersten Nacht. Wie viel Schönes und Aufregendes hatte sie seitdem erlebt! Aber heute passierte ein Unglück nach dem anderen! Sie rollte sich wieder auf die Seite und boxte in ihr Kissen.
Unten schloss jemand die Haustür auf. Ihre Eltern kamen nach Hause.
Wenn ihr wüsstet!, dachte Julia, und dann schlief sie doch noch ein.

13. Kapitel

    »Tschüs, Mama!«, sagte Julia und nahm Olli bei der Hand. »Tschüs, ihr beiden«, sagte ihre Mutter und gab jedem einen
Kuss.
Julia bekam ein furchtbar schlechtes Gewissen, und Olli sah Mama an, als wollte er jeden Moment alles verraten. Rasch
zog sie ihn hinter sich her zum Gartentor. Dort sah sie sich rasch nochmal um. Ihre Mutter war schon wieder im Haus
verschwunden.
»Komm!«, zischte Julia und zerrte Olli über die Straße. Sie versteckten sich hinter ein paar kahlen Büschen auf der anderen Straßenseite und spähten von dort vorsichtig durch die dürren Zweige zu ihrer Haustür hinüber.
Jetzt mussten sie nur noch darauf warten, dass Mama zur Arbeit ging.
»Sie kommt!«, flüsterte Olli.
Julia lugte über seine Schulter und sah ihre Mutter aus dem Gartentor kommen. Sie ging mit hastigen Schritten den matschigen Bürgersteig entlang und verschwand dann um die Ecke.
»Jetzt!«, sagte Julia und schubste Olli vor sich her. Sie rannten durch den Garten zur Haustür. Julia zog ihren Schlüssel aus der Hosentasche und schloss auf. Dann stürmten sie die Treppe rauf zu ihrem Zimmer. Olli kam keuchend hinterhergetrampelt.
»Versteck deine Schultasche unter meinem Bett«, sagte Julia. »Wann kommen wir denn zurück?«, fragte Olli.
»Keine Ahnung«, brummte Julia und stieg mit ihren schlammigen Stiefeln aufs Bett.
»Ist auch egal«, sagte Olli und kam kichernd hinterher, »ich habe Mama gesagt, dass wir nach der Schule zu Oma gehen.« Julia warf ihrem Bruder einen erstaunten Blick zu. Ganz schön schlau, dachte sie, aber laut sagte sie das natürlich nicht.
Stattdessen öffnete sie vorsichtig das große Tor mit der 24. 
    »He, was machst du denn da?«, fragte Olli erstaunt. »Sei ruhig«, sagte Julia. »Stell dich neben mich und schau auf das Bild.«
Sie blickten in eine große Garage. Sie war doppelt so hoch wie die Zimmer, die Julia bisher im Kalenderhaus gesehen hatte, und auch mindestens doppelt so breit. Wie eine Garage sah sie eigentlich nur aus, weil in der Mitte ein großes, sehr merkwürdig aussehendes Auto parkte. Drumherum aber standen in Kästen und auf Kisten, in großen und kleinen Töpfen, in Eimern und Konservendosen Hunderte von Blumen. Überall zwischen ihren Blättern glühten winzige Lämpchen als Ersatz für die fehlende Sonne.
Als Julia es schaffte, ihre Augen von all den bunten Blüten loszureißen, merkte sie, dass sie bereits in der Garage stand.
Der ganze, riesige Raum war vom Duft der Blumen erfüllt. »Oooh!«, sagte Olli. Er stand mit offenem Mund hinter ihr und schnüffelte in der Luft herum wie ein Kaninchen. »Wir sind da!« Er sah sich staunend um. »Mannomann, ist das verrückt!« Seine Augen wurden größer und größer. Gleich springen sie ihm aus dem Kopf, dachte Julia.
»Guck mal das Auto, Julia!«, rief er und rannte mit seinen kurzen Beinen darauf zu. »Guck doch mal. Wem gehört das wohl?«
»Das? Das gehört bestimmt Jakobus.« Julia stellte sich neben ihn. »Er ist nämlich Erfinder.«
»So ein Auto habe ich noch nie gesehen«, sagte Olli andächtig.
Das Auto war genauso verrückt wie die Ballonbadewanne. Es hatte acht hohe Räder, die aussahen wie die Räder von Julias
Fahrrad. Sein Bauch war ein langes, spitzes Holzboot, in dem hintereinander vier Sessel mit abgesägten Beinen standen. Als Dach war hinter jedem Sessel ein Plastikregenschirm befestigt, und das Lenkrad war ein Fahrradlenker.
Olli wollte gerade auf den Fahrersitz klettern, als sich ein großes Tor auf
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