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Hinter verzauberten Fenstern

Hinter verzauberten Fenstern

Titel: Hinter verzauberten Fenstern
Autoren: Cornelia Funke
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Kopf. »Höchstens ein ganz kleines bisschen!« Plötzlich zeigte Riesig mit seinem Riesenfinger auf sich und fuhr mit beiden Händen durch die Luft.
»Du kennst die Burg von Leo?«, fragte Jakobus. »Du hast daran mitgebaut, als du noch jung und stark warst?«
Riesig nickte zufrieden und malte mit einem Finger lauter Striche in die Luft.
»Du weißt auch, wo das Gefängnis ist?«, rief Jakobus. »Aber das ist ja wunderbar, Riesig!«
Riesig senkte verlegen den Kopf und lächelte.
»Wuuuunderbar!«, rief Melissa und verpasste dem Riesen einen schmatzenden Kuss auf seine große Nase.
»Gut!« Der kleine Erfinder rieb sich zufrieden die Hände. »Dann geht ihr jetzt alle ins Bett und schlaft euch aus. Ich werde mir überlegen, wie wir in die Burg reinkommen. Wir treffen uns morgen früh alle unten vor dem Haus. Julia, du kommst am besten durch die 24. Sonst musst du die ganze Treppe hinunter.«
»Ist gut«, sagte Julia erleichtert. »Und ihr«, Jakobus sah die Heinzelmänner an, »ihr verschlaft euch nicht wieder, ja?«
»Bestimmt nicht!«, versprachen die Heinzelmänner im Chor.
»Bis morgen dann!« Julia winkte allen nochmal zu und ging zu einem der Kalenderfenster. Und während sie in ihr Zimmer blickte, stellte sie sich vor, wie sie Leo, den Lügner, nach einem furchtbaren Kampf gefangen nahm und in einen Schokoladenkalender steckte.
    Als sie in ihrem dunklen Zimmer landete, klopfte ihr das Herz bis zum Hals. So aufgeregt war sie wegen des nächsten Tages. Sie würde bestimmt nicht eine Sekunde schlafen können. Völlig unmöglich.
    Sie würde nur pausenlos an die Heldentaten denken, die sie morgen vollbringen würde. Bestimmt gab es auf der ganzen Welt nicht einen einzigen Menschen, der schon mit neun Jahren einen Prinzen befreit hat.
    Julia tappte durch das düstere Zimmer zum Lichtschalter und knipste das Licht an. Olli saß im Morgenmantel auf ihrem Teppich und grinste sie an.
    »Ich weiß, wo du warst!«, sagte er triumphierend. »Du warst im Kalender. Ich hab dich gesehen!«
Julia stand da, wie vom Donner gerührt, und brachte keinen Ton heraus.
»Du hast auf einem Sofa gesessen«, plapperte Olli weiter, »zwischen richtigen Heinzelmännern. Und da waren auch ein Riese und zwei Omas mit Flügeln und so ein kleiner Mann mit silbernen Locken.«
Er lügt, dachte Julia. Er lügt bestimmt. Ich hätte ihn doch sehen müssen!
»Ihr wart alle furchtbar aufgeregt«, erzählte Olli, »und habt mich überhaupt nicht gesehen. Und als du zum Fenster geguckt hast, hab ich mich ganz schnell geduckt, und dann hab ich auf dich gewartet!«
Er hat mein Geheimnis gestohlen!, dachte Julia. Und dann sitzt er auch noch da und platzt fast vor Stolz!
»Du bist gemein, Olli!«, sagte sie. »Du bist ein gemeiner Spion!«
»Bin ich nicht!« Olli verzog schmollend die Lippen. »Ich hatte Angst, weil Mama und Papa weg sind, und dann bin ich raufgegangen. Und dann habe ich noch mehr Angst gekriegt, weil du auch weg warst.«
»Du bist trotzdem ein Spion«, sagte Julia wütend. »Und am liebsten würde ich dich jetzt verhauen!«
»Ich bin aber kleiner als du.« Olli zog den Kopf ein und sah sie ängstlich an.
»Allerdings«, knurrte Julia verächtlich, »und deshalb lass ich’s auch. Weil du nur ein blödes Baby bist. Verschwinde, bevor ich’s mir anders überlege. Ich will jetzt schlafen. Ich habe morgen was Wichtiges vor.«
»Was denn?«, fragte Olli und sah sie mit großen Augen an.
Julia konnte einfach nicht widerstehen. »Ich werde morgen einen echten Prinzen befreien«, sagte sie stolz. »Ein scheußlicher Schurke hält ihn in seiner Schokoladenburg gefangen.«
»Oh!« Olli sah seine Schwester bewundernd an.
»Also los!«, sagte Julia und begann sich auszuziehen. »Geh zurück in dein Zimmer. Und wehe, du sagst Mama was.« Sie schlüpfte in ihr Nachthemd.
»Ich erzähle ganz bestimmt nichts!«, versprach Olli und rappelte sich hoch. »Ehrenwort! Aber nur, wenn ich morgen mitdarf.«
»Waaas?«
»Nur, wenn ich morgen mit darf.«
»Du spinnst.«
Olli machte sein trotzigstes Gesicht und verschränkte seine kurzen Arme vor der Brust.
»Ich will morgen mit«, sagte er, »ich will auch einen Prinzen befreien.«
»Du bist viel zu klein!«, rief Julia empört.
»Bin ich nicht!«, widersprach Olli böse. »Die Heinzelmänner sind bestimmt auch nicht größer als ich!«
»Du kommst nicht mit!«, sagte Julia wütend.
»Schluss. Das ist mein Kalender. Und ein ekliger Spion wie du hat nichts darin zu suchen!« Sie kroch in ihr Bett, zog die Decke
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