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Hinter Geschlossenen Lidern

Hinter Geschlossenen Lidern

Titel: Hinter Geschlossenen Lidern
Autoren: Joe Waters , Carolin Wagner
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erschöpft, muss ich irgendwann eingeschlafen sein, denn mitten in der Nacht wurde ich von starken Armen wachgerüttelt. Ich blinzelte in ein hartes Licht, das mich fast blind machte. Es waren die Scheinwerfer von Dags Kahn. Er hockte mit besorgtem Blick über mir und in seinem Haar glitzerten weiße Kristalle. Erst jetzt sah ich, dass um mich herum alles voller Schnee war, eine dichte Schneedecke lag auch auf meinem Mantel und ich wunderte mich, dass mich die eisigen Flocken nicht geweckt hatten.
    “Was machst du hier zum Teufel? Du holst dir den Tod in der Kälte.” Dag starrte mich entsetzt an. Seine Stimme klang ehrlich besorgt, aber so gut, dass ich meine durchgefrorenen Gliedmaßen vergaß und ihn am Kragen wortlos zu mir herunter zog. Er fiel auf mich, unsere Lippen fanden sich und von einer Sekunde auf die andere war es, als hätten wir uns nie getrennt.
    Doch das war leider nur ein Traum. Allzu schnell machte er sich von mir los und achtete nicht auf mein unwilliges Stöhnen, sondern packte mich und zog mich auf die Füße. Als er mich losließ, gaben meine Beine nach. Gerade noch rechtzeitig fing er mich auf. Schließlich bückte er sich, hievte mich wie einen Sack über seine Schulter und trug mich zum Haus. Er hatte noch nicht den Schlüssel ins Schloss gesteckt, als es erneut anfing zu schneien. Der erste Schnee in diesem Jahr. Ich hing kopfüber und beobachtete die dicken Flocken, wie sie an mir vorbei zu Boden taumelten.
    Drinnen war es angenehm warm. Die dicken Balken hielten die Kälte gut ab. Dag schleppte mich hinauf in sein Schlafzimmer, zog mir den Mantel aus und warf mich aufs Bett. Dann streifte er mir die nassen Schuhe von den Füßen, deckte mich mit einer Wolldecke zu und ging wortlos wieder nach unten. Ich hörte ihn in der Küche rumoren und schlief auf der Stelle ein.
    Wach wurde ich erst, als die Sonne bereits hoch am Himmel stand. Ich sah hinaus, blinzelte. Etwas milchig und blass aber immerhin, es war noch früh am Vormittag und die Sonne hatte ihre Arbeit bereits getan. Das Stückchen Dach, das ich vom Bett aus sehen konnte, war frei von Schnee. So viel Eifer ging mir auf die Nerven. Ich drehte mich im Bett um und stellte fest, dass ich nackt war. Vorsichtig lugte ich unter die Decke. Nicht mal meinen Slip hatte ich noch an.
    “Ich musste dich ausziehen.”, klang Dags Stimme vom Fußende her. “Schüttelfrost. Ich hab dir einen heißen Tee gemacht, aber als ich zu dir kam, warst du schon eingeschlafen und immer noch eiskalt, vollkommen durchnässt.” Er saß dort im Sessel, die Arme um die Knie geschlungen, als habe er die ganze Nacht über meinen Schlaf gewacht.
    “Ich wollte dich in die Badewanne stecken, aber du bist ein ganz schön schwerer Brocken, wenn du weggetreten bist.”
    “Macht nichts.”, sagte ich vielleicht ein wenig zu voreilig, denn ich zitterte am ganzen Leib, seit ich mir seiner Anwesenheit bewusst geworden war – allerdings nicht vor Kälte. Ein Bad wäre jetzt genau das richtige gewesen, um meine Nerven zu beruhigen.
    “Es geht mir gut.”, log ich und wartete bangen Herzens darauf, was er als nächstes sagen würde. Wann kam sein Lover? Dann würde er mich bestimmt nicht mehr bei sich dulden.
    Aus lauter Unruhe ergriff ich die Flucht nach vorne. “Du hast also alles hingeschmissen.”
Er nickte. “Ich denke schon länger darüber nach. Hat Überwindung gekostet, aber jetzt bin ich erleichtert.”
“Meine Schwester sagt, du hast dich verliebt. Dass du es seinetwegen getan hast.”
“Da hat sie Recht, bist du deshalb hier, Lauro? Um zu sehen, wie glücklich ich bin?”
Zum ersten Mal nannte er mich bei meinem richtigen Namen und ich lauschte dem fremdartigen Klang unwillkürlich nach. Es kam wie ein Keuchen aus seiner Kehle, gehaucht und nordisch rau. Für mich gab es in diesem Augenblick nichts Erotischeres. Ich schloss die Augen. Was sollte ich ihm antworten, ich wusste ja selbst nicht, weshalb ich hier war. Dann aber machte ich doch den Mund auf.
“Vielleicht bin ich hier, um mich von dir zu verabschieden und dir zu sagen, was für ein Riesenarschloch ich gewesen bin. Weißt du noch? Damals in der ersten Zeit nach unserer Trennung wollte ich unbedingt mit dem Kopf durch die Wand, um zu dir zu kommen. Dabei muss ich mir so etwas wie eine Gehirnerschütterung zugezogen haben.” Ich grinste schief. “Aber wenn du mir etwas zum Anziehen gibst, rufe ich gleich am Flughafen an und buche die Abendmaschine. Dann gehe ich dir nicht noch eine Nacht auf
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