Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Himmelsstürmer - Capus, A: Himmelsstürmer

Himmelsstürmer - Capus, A: Himmelsstürmer

Titel: Himmelsstürmer - Capus, A: Himmelsstürmer
Autoren: Alex Capus
Vom Netzwerk:
erste Atombombe gezündet worden war.
    Neidvoll mussten die amerikanischen Raketenbauer anerkennen, dass die V2 höher, weiter und schneller flog als alles, was sie selbst gebaut hatten. Da nun der Krieg vorbei war und hundert V2 zum Greifen nahe waren, konnte es nicht ausbleiben, dass Fritz Zwicky wieder einen Geistesblitz hatte.«Dachte an eine gerichtete Ladung mit einem Stück Eisen drin, das in die Nase einer V2 montiert wird», notierte er im Tagebuch.«Wenn die Ladung am höchsten Punkt der Flugbahn der V2 gezündet wird, könnte das Eisenstück genügend Geschwindigkeit haben, um von der Erde fortzufliegen. »Mit einem solchen Schuss in den Weltraum, so dachte sich Zwicky, könnte man den ersten künstlichen Meteor schaffen – also das erste von Menschenhand stammende Objekt, das für immer die Erde verlässt.
    Ein paar Tage später unterbreitete er die Idee seinem obersten militärischen Vorgesetzten, Generalmajor G. M. Barnes. Der fand die Idee gut und veranlasste, dass Zwicky für seinen Versuch eine deutsche V2 zugesprochen erhielt – aber nur eine.
    Zwicky stürzte sich mit Feuereifer in die Arbeit, erprobte verschiedene Treibstoffe und Materialien und versuchte zu errechnen, welche Geschwindigkeit seine Projektile benötigen würden, um auf Dauer die Anziehungskraft der Erde zu überwinden.«Nicht jeder geworfene Stein muss fallen», schrieb er in einem Aufsatz, der am 17. November 1946, als Zwicky in der Schweiz zu Besuch war, in der Neuen Zürcher Zeitung erschien. Darin ließ er durchblicken, dass er sich keineswegs damit begnügen werde, kleine Metallkugeln ins Universum zu schießen; in einem weiteren Schritt werde man«Raketen lancieren, die Instrumente mitschleppen und die zurückmelden, was der Mensch wissen muss, bevor er selbst die Reise antreten kann, ohne zurückzufallen oder raffinierten Selbstmord zu begehen». Und am Ende, wenn der Mensch genügend Kenntnisse gesammelt habe, werde er selbst die Erde verlassen.
    Leider nahmen die Menschen Zwickys Träume von intergalaktischen Reisen nicht ernst. Mitleidig belächelt habe man ihn, berichtet er bitter in Jeder ein Genie , als er seinen Marsch ins Weltall den Wissenschaftlern an der ETH Zürich vorstellte. Enttäuscht kehrte er, der seine alte Heimat mit Atomwaffen und modernsten Raketen hatte ausstatten wollen, zurück nach Amerika.
    Aber dann kam der 17. Dezember 1946 – der große Tag, an dem«seine»V2 abschussbereit auf dem Prüfgelände von White Sands in New Mexico stand. In ihre Spitze eingebaut waren sechs Gewehrgranaten, die siebzig, achtzig und neunzig Sekunden nach dem Start je eine Stahlkugel in entgegengesetzten Richtungen abschießen sollten. Tatsächlich startete die Rakete um 10.12 Uhr und schoss bei einer Höchstgeschwindigkeit von fünftausendsiebenhundertsechzig Stundenkilometern hinaus in den wolkenlosen Wüstenhimmel bis in hundertachtzig Kilometer Höhe – aber dort zündeten wegen eines technischen Versagens die Granaten nicht, und die künstlichen Meteore fielen samt der Rakete zurück zur Erde.
    Einem Journalisten, der ihn fragte, was denn der Zweck dieser Schießerei sein solle, antwortete Zwicky trotzig:«Erst schießen wir einen kleinen Klumpen ins Weltall, dann einen größeren, dann eine Ladung von Instrumenten und zuletzt uns selbst.»
    Als Wissenschaftler war Zwicky es gewohnt, dass der erste Versuch eines Experiments misslingt und einen zweiten, dritten, zehnten Anlauf nötig macht. Die militärische Führung aber wollte ihm aus Kostengründen keine weitere V2 zur Verfügung stellen. Zwicky verhandelte, argumentierte, bettelte – vergeblich.«Die Überwindung der Bürokratie ist allerdings schwerer als diejenige der Gravitation der Erde», schrieb er heim nach Glarus.
    Weil die Kleingeister und Beamtenseelen ihm die Gefolgschaft verwehrten, machte Zwicky sich endgültig von ihnen frei. Seinen Verpflichtungen als Professor am Caltech kam er zwar weiterhin nach, aber in der übrigen Zeit ließ er seiner astrophysikalischen Phantasie nun freien Lauf. Als einer der ersten Wissenschaftler der Welt sprach er ernsthaft davon, ein Raumschiff mit Menschen auf den Mond zu schießen. Dann schlug er vor, dass man den Mond mit einer Zweistufenrakete, die eine Wasserstoffbombe in der Nase trage, beschießen müsste, weil bei der Explosion Mondbrocken freigesprengt würden, welche auf die Erde fallen und untersucht werden könnten; um sie beim Fallen beobachten zu können, regte er die Verwendung eines fluoreszierenden
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher