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Himmel und Hölle

Titel: Himmel und Hölle
Autoren: Hera Lind
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sich wieder.
    Nicht so mein Stefan. Er konnte oft erst um Mitternacht kommen, wollte dann aber auch für den Rest der Nacht bleiben und mich zutexten.
    »Also den Kindern geht’s natürlich nicht gut. Unsere Große hat immer wieder gefragt, ob du jetzt tot bist, aber ich habe ihr geschworen, dass du nur schläfst. Der Konstantin ist wie verrückt auf seinen Schneehosen im Garten herumgerutscht und hat mit Schneebällen auf dein Schlafzimmerfenster geworfen. Er meinte, dann musst du doch endlich rauskommen!«

    Stefan seufzte und wischte sich über die Augen. »Wie soll der kleine Kerl bloß verstehen, dass die Mama immer wieder weg ist? Er glaubt, er muss sich nur unartig genug verhalten, dann wirst du schon kommen. Und sei es nur zum Schimpfen …«
    »Scheiße«, murmelte ich und wollte den Kopf schütteln, aber das tat zu weh. »Aua! Scheiße, Scheiße, Scheiße!«
    »Die Zwillinge haben wieder den ganzen Tag gebrüllt, sie wollen ihre Mama. Die Flasche schmeckt ihnen noch immer nicht. Nicole kriecht auf dem Zahnfleisch, aber keine Sorge, wir kriegen sie schon durch.«
    »Gib ihnen einen ganz lieben Kuss von mir …« Als mir die Tränen kamen, wechselte Stefan sofort das Thema.
    »Übrigens sind die Grundstücksverträge endlich unterschriftsreif …«
    »Herr Kuchenmeister, Sie müssen Ihre Frau jetzt in Ruhe lassen«, eilte mir Nachtschwester Michaela zu Hilfe. »Wir sind hier auf der Intensivstation.«
    »Meine Frau muss das alles wissen. Sie ist meine Partnerin, und ich brauche ihren Rat«, widersprach Stefan. »Wir besprechen alles miteinander, sie ist meine Ehefrau, meine Mitgesellschafterin und ein kluger Kopf. Obwohl sie gerade operiert worden ist, scheinen alle ihre 145-IQ-Punkte noch vorhanden zu sein …«
    »Herr Kuchenmeister, BITTE! Das ist jetzt unpassend!«
    »Okay. Themawechsel. Deine Arzthelferinnen sind klasse. Sie und die Vertretungsärztin schaffen es irgendwie,
die Praxis trotzdem am Laufen zu halten. Die Patientinnen vermissen dich natürlich, und das Gerücht, dass du dich nicht nur in der Babypause befindest, grassiert bereits auf dem Marktplatz. Manche haben dich sogar schon ins Grab getuschelt.«
    »Herr Kuchenmeister, ich muss Sie wirklich eindringlich auffordern …«
    »Du wirst vermisst, Konstanze. Als Ärztin, als Freundin, als Ehefrau, als Mutter, als Tochter … ja sogar als Schwiegertochter!« Stefan ergriff meine Hand, die nach wie vor an Schläuchen hing. »Du MUSST gesund werden, und zwar schnell!«
    »Herr KUCHENMEISTER!« Jetzt wurde Schwester Michaela aber handgreiflich. »Sie gehen jetzt sofort nach Hause ins Bett, ist das klar?«
    »Stefan«, krächzte ich mit belegter Stimme. »Ich WERDE gesund. Ich lass dich nicht hängen, versprochen! Autsch, das tut weh!«
    »Ich weiß, meine geliebte Frau! Nimm dir alle Zeit der Welt! Aber BITTE werde wieder gesund …« Stefan kamen die Tränen.
    Energisch schob Schwester Michaela einen völlig erschöpften Stefan aus meiner gläsernen Zelle.
    »Wie halten Sie es mit diesem Mann bloß aus?«, murmelte sie kopfschüttelnd, während sie die Geräte kontrollierte. »Ihr Blutdruck ist dramatisch gestiegen!«
    »Ausgezeichnet. Aber er kann manchmal etwas nervig sein, für Leute, die ihn nicht kennen …«
    »ETWAS? Er ist penetrant bis an die Grenzen des guten Geschmacks!« Die Schwester stemmte die Arme in
die Hüften. »Also wenn das MEIN Mann wäre, den würde ich …«
    Sie machte die Geste des Halsabschneidens und verdrehte dabei die Augen.
    Ich wollte lachen, kniff aber die Augen zusammen vor Schmerzen.
    »Andererseits hat er auch schon unglaublich viel bewegt«, versuchte ich meinen Stefan zu verteidigen. »Solche Männer braucht das Land!«
    »Mir geht er auf den Geist«, sagte Michaela schlicht.
    »Und mir geht es auf den Geist, dass ich ungeduscht bin und fettige Haare habe«, antwortete ich lakonisch. »Bitte, Schwester, darf ich duschen?«
    »Sie wollen … Aber hier auf der Intensivstation gibt es überhaupt keine Duschen! Unsere Patienten werden von den Schwestern im Bett gewaschen!«
    »Nur über meine Leiche!«, sagte ich entschieden und rappelte mich auf. »Niemand wischt mir den Hintern ab. Das mache ich selbst.«
    Kind, wasch dich, kämm dich, sitz gerade und lass dich nicht so gehen. Du bist eine Dame.
    Zu ihrer Verblüffung musste die Schwester mit mir Arm in Arm mitsamt Tropf und Schläuchen zur Personaldusche tappen, wo ich mir sogleich die Haare waschen wollte. Ich fuhr mir über den Kopf. Oh. Das waren ja nur
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