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Himmel, Polt und Hölle

Himmel, Polt und Hölle

Titel: Himmel, Polt und Hölle
Autoren: Alfred Komarek
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näherte sich in Begleitung der
beiden anderen Weinbauern. Er gestikulierte heftig und redete viel. Der Pfarrer
seufzte. „Mein Sakristeidirektor! Doppelt so fromm und dreimal so gescheit wie
ich. Grüß Gott, die Herren! Gehen wir gleich einmal nach hinten. In der
Weinlaube müßte Amalie eigentlich schon etwas vorbereitet haben.“
    Tatsächlich stand dort ein festlich gedeckter Tisch,
und davor standen Peter Paratschek und Heinz Hafner, der schon von den
Vorspeisen kostete. Kauend drehte er sich zu den anderen Gästen um und hielt
eine Gabel hoch. „Petits oignios á la Orientale, wenn ich mich nicht irre.
Zwiebelchen in Weißwein gedünstet, mit Tomaten, Knoblauch, Koriander und nicht
zu wenig Safran. Hätte der gute, alte Bocuse nicht besser hingekriegt. Alle
Achtung.“
    Virgil Winter lächelte. „Normalerweise kocht die
Gute ja ziemlich bodenständig, doch manchmal kommt sie auf die seltsamsten
Ideen. Was darf es übrigens zum Trinken sein? Den Cabernet Sauvignon kann ich
reinen Herzens empfehlen.“
    „Ich auch!“ bemerkte Heinz Hafner und steckte mit
einer gezierten Bewegung das Zwiebelchen in den Mund.
    Polt und die Weinbauern starrten ihn sprachlos an,
Ernst Höllenbauer war blaß geworden. Peter Paratschek grinste.
    „Wie war das doch gleich?“ Hafner zückte sein elektronisches
Notizbuch. „Farbe extrem dicht, fast schwarz im Zentrum, Purpur oder auch
Bordeaux am Rand. Sehr komplexe Nase: schwarze Johannisbeeren, ein Hauch von
grünem Paprika. Und dann, im Mund: Voluminöser Körper, tiefe Frucht, kräftiges
Tannin, charaktervolle Säure, eindrucksvoll langer Abgang. Ein absoluter
Hammer, um es einmal vulgär zu sagen.“
    „Den Spott können Sie sich sparen.“ Ernst Höllenbauer
wandte sich ab.
    Heinz Hafner schaute dem Pfarrer ins Gesicht. „Ich
spreche die lautere Wahrheit, so wahr mir Gott helfe.“
    Virgil Winter neigte den Kopf. „Und letzten Sonntag?
Im Keller?“
    „Lug und Trug. Wenn ich schon einmal am Beichten
bin, sollte nicht verschwiegen werden, daß ich einen schlechten Charakter habe.
Ich spiele gerne mit Menschen, die den Fehler machen mitzuspielen. Ihre Weine,
Herr Höllenbauer, sind tadellos und mehr. Aber bei Ihnen fehlt etwas.
Selbstbewußtsein, mein Lieber! Sie hätten sich kein falsches Wort von mir
gefallen lassen dürfen.“ Peter Paratschek hatte Heinz Hafner bewundernd
angeblickt. Jetzt nickte er bedeutsam.
    Ernst Höllenbauer trat dicht an Hafner heran. „Ich
habe nicht geglaubt, daß ein Mensch wie Sie im Keller lügt!“
    „Der Teufel hat lange Krallen!“
    Der Pfarrer griff zur Weinflasche. „In Gottes
Namen!“ Mit ruhiger Hand schenkte er ein und hielt sein Glas gegen das Licht.
„Na bitte. Die Mittagssonne bringt sogar diesen finsteren Burschen zum Leuchten!“
    Heinz Hafner legte eine Hand auf Ernst Höllenbauers
Schulter. „Ich muß mich entschuldigen. Ich wollte zwar boshaft sein, aber nicht
verletzend.“
    „Ist schon gut“, sagte der Weinbauer mit spröder
Stimme.
    „Aber eine Gemeinheit war's trotzdem“, sagte Sepp
Räuschl.
    Ernst Höllenbauer bückte sich, um eine in Papier eingewickelte
Flasche aufzuheben, die im Schatten unter dem Tisch lag. „Jetzt fällt es mir
leichter, mein Gastgeschenk loszuwerden. Ein ganz besonderer Meßwein, Herr
Pfarrer, ein Cabernet Sauvignon Jahrgang 79! Ohne Etikett, wies früher so der
Brauch war. Aber Sie können den Wein nicht verwechseln, weil's diese
altmodischen Flaschen heute gar nicht mehr gibt.“
    „Da sage ich aber herzlich Dankeschön, Herr Höllenbauer!
Den raren Tropfen werde ich mir feierlich zum Sechziger einverleiben. Erst
einmal zur Meßfeier und dann privat, und zwar für mich allein. Hat also noch
fünf Jahre Zeit.“ Virgil Winter schaute auf seine dickleibige Taschenuhr.
„Nehmen wir besser Platz. Die Amalie ist pünktlich und wird bald mit dem
Servieren beginnen.“
    Wenige Minuten später erschien tatsächlich die Pfarrersköchin
im Garten, die gefüllte Suppenschüssel vor ihrem mächtigen Busen. Der Pfarrer,
der Mesner, die Weinbauern und der Gendarm blickten ihr mit begehrlichem Wohlwollen
entgegen. Heinz Hafner aber sprang so hastig auf, daß er beinahe den Tisch
umgestoßen hätte. Er schaute der Köchin einige Sekunden lang stumm ins Gesicht.
„Amy Pröstler! Kann das sein?“ fragte er dann leise.
    Die Köchin gab keine Antwort. Sie ließ die Suppenschüssel
fallen und ging mit steifen Schritten davon.
    Nun war auch der Pfarrer erschrocken aufgestanden.
„Entschuldigen Sie
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