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Himmel, hilf!

Himmel, hilf!

Titel: Himmel, hilf!
Autoren: Debbie Macomber
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Aufenthaltes in dieser Kirchenbank nichts Ungewöhnliches vorgefallen. Aber die Stille in der Kirche beruhigte Greg. Seine Sorgen kamen ihm auf einmal weniger drückend vor als noch vor einer halben Stunde. Allerdings war er immer schon jemand gewesen, der sich nicht lange mit trüben Gedanken aufhielt. Es war einfacher, Ängste und Gewissensnöte fortzuschieben und so zu tun, als gäbe es sie gar nicht. Außerdem war es ihm bisher noch immer gelungen, sich aus geschäftlichen Schwierigkeiten irgendwie herauszuwinden, selbst wenn Katastrophen wie Überschwemmungen, Frost oder sogar Feuer den Weinberg getroffen hatten.
    Dieses Mal allerdings sagte ihm sein Bauchgefühl, dass keine Rettung in Sicht war. Diesmal war alles anders. Wenn nicht bald eine Lösung für seine Probleme auftauchte, dann würde er alles verlieren. Und mit sechzig war er einfach zu alt, um noch einmal ganz von vorne anzufangen.
    Nachdem er die Kirche verlassen hatte, setzte er mit schwerem Herzen seine ziellose Wanderung fort. Vermutlich war es immer noch nicht ratsam, sich hinters Steuer zu setzen, also lief er einfach weiter. Gleichzeitig überlegte er, welche Wege ihm noch offen standen. Er konnte Insolvenz anmelden. Oder er konnte sich der Gnade und Barmherzigkeit seines Bruders ausliefern. Phil war inzwischen zum Vizedirektor der Pacific Union, einer der größten Banken Kaliforniens, aufgestiegen. Bestimmt stand es in seiner Macht, dem eigenen Bruder einen Kredit zu verschaffen.
    Allerdings hatten sie seit dem Tod der Mutter kein Wort mehr miteinander gewechselt. Greg machte seinem Bruder keinen Vorwurf daraus, dass dieser ihn hasste – das war nur verständlich nach allem, was er getan hatte. Schon wieder eines der Dinge in seinem Leben, die er bereute. Schon wieder ein Mensch, der ihn gebraucht und den er enttäuscht hatte: seine eigene Mutter.
    Übelkeit stieg in Greg auf. Er beschleunigte seine Schritte, als könnte er so der Schuld davonlaufen. Seine Mutter mochte ihm vergeben haben – sein Bruder war weit davon entfernt. Angesichts der Auseinandersetzung, die sie nach der Beerdigung gehabt hatten, bestand nicht die geringste Wahrscheinlichkeit, dass Phil ihm nun helfen würde.
    Obwohl er nicht hungrig war, beschloss Greg, etwas zu essen. Wenn er erst etwas im Magen hatte, würde die Wirkung des Alkohols bestimmt bald nachlassen. Dann konnte er wieder fahren. Er sehnte sich plötzlich danach, zu Hause zu sein, obwohl dort niemand auf ihn wartete.
    Am Fisherman’s Wharf bekam er sicher eine heiße Fischsuppe oder ein Krabbensandwich. Entschlossen lenkte er seine Schritte in Richtung Meer. Ein kalter, scharfer Wind wehte ihm ins Gesicht, und Greg zog den Mantel enger um sich, als er sich der Bucht näherte. Was um alles in der Welt hatten all diese Leute hier verloren? Vermutlich waren sie immer noch dabei, ihr gesamtes Geld für nutzlosen Kram aus dem Fenster zu werfen, den sie zu Weihnachten verschenken wollten. Mürrisch drängte er sich durch die Menschenmenge zum nächstgelegenen Fischimbiss.
    “Da ist sie”, flüsterte Goodness, die sich die Nase an dem Schaufenster des Restaurants platt drückte.
    “Hast du sie gefunden?” Mercy klang ungläubig, spähte aber ebenfalls durch die Scheibe. “Oh, du lieber Himmel! Catherine sieht wirklich wunderschön aus.”
    Nun konnte auch Shirley nicht mehr widerstehen. Sie beugte sich vor und sah durch das Fenster, das bereits etliche Fingerabdrücke zierten.
    “Ihre Tochter sieht ihr unglaublich ähnlich”, bemerkte Mercy.
    Sie haben recht, dachte Shirley unwillkürlich. Catherine, eine klassische Schönheit, wirkte elegant und anmutig, während ihre Tochter – hieß sie nicht Carrie? – ihr wie aus dem Gesicht geschnitten war. Wenn man sie ansah, konnte man beinahe Catherine als junge, unbeschwerte Collegestudentin vor sich sehen, die Greg geliebt und ihm blind vertraut hatte.
    Empört presste Shirley die Lippen zusammen. Sie verabscheute Greg mehr denn je. Sanftmütiges Verzeihen gehörte nicht gerade zu ihren Stärken.
    “Greg Bennett braucht wirklich Hilfe, und zwar nicht zu knapp”, sagte sie. Doch ihre himmlischen Gaben an einen Mann zu verschwenden, der ihre Bemühungen weder bemerken noch schätzen würde, entmutigte sie.
    Vermutlich könnten wir zu dritt direkt vor ihm stehen, umleuchtet von dem Strahl göttlicher Gnade, und er würde sich umdrehen und in die entgegengesetzte Richtung davonlaufen.
    “Ich nehme an, dass Catherine es damals nicht so sehen konnte – aber
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