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Himbeersommer (German Edition)

Himbeersommer (German Edition)

Titel: Himbeersommer (German Edition)
Autoren: Anja Saskia Beyer
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Blick des Alten sagt mir, dass er verstanden hat. Und ich hoffe, dass er und seine Eier es sich für immer werden merken können. Nicht mit der Blume!
     
Natürlich hat mir die ganze Aktion nichts gebracht. Zumindest kein eigenes Projekt. Dafür aber Genugtuung und Freude. Und den Kaffeekochjob bin ich los. Pünktlich wie ein Buchhalter mache ich jeden Tag meinen Computer aus (das ist der Vorteil, wenn man keine Projektverantwortung trägt) und hetze zur Kita. Lisa ist mitten im Spiel und ignoriert mich. Na toll. Auf der anderen Seite bin ich froh, dass sie sich doch so wohl fühlt hier. Sie mag partout nicht mit, und ich beobachte sie verzückt, wie sie einem Jungen eine Erdbeere zeigt. Der Vorteil der großen Ost-Kita ist, dass es einen riesigen, wunderschönen, altgewachsenen Garten gibt. Und ich bin froh, hier bei der liebevollen, vollbusigen Sabine, Lisas Erzieherin mit einem seltenen Kleidungsgeschmack, gelandet zu sein und nicht in einer dieser Elterninitiativ-Kitas, die in einer dunklen Erdgeschoss-Altbauwohnung untergebracht sind, wo die Erzieherinnen hippe Tattoos und bauchfrei tragen und wo es keinen eigenen Hof oder Garten gibt. Mal abgesehen davon, dass ich auf Kitaputzen am Wochenende auch so gar keine Lust habe.
Ich denke an unseren schönen Garten in der Himbeersiedlung und an Tobias, wie er da alleine, oder vielleicht schon mit Patrizia von und zu, auf unserer Terrasse sitzt. Wie sie ihre schlanken, braungebrannten Beine, an der kein einziger Besenreiser zu sehen ist, in die Sonne streckt, und mein Magen zieht sich zusammen auf die Größe einer vertrockneten Pflaume.
     
Am Abend bringt Daniel Dörrpflaumen-Mousse aus dem Bistro mit, und ich starre ihn missmutig an.
„Was hast du denn?“, will er besorgt wissen.
„Nichts.“
„Ach komm, ich seh’s dir doch an. Hab ich irgendwas falsch gemacht?“
„Nein, hast du nicht!“
„Aber irgendwas hast du doch, Bella.“
„Mein Gott, ich will halt einfach mal nichts reden, okay?“
„Nicht okay. Weil, wenn du nichts reden willst, dann ist Holland in Not. Ist es, weil ich Lisa heute Nacht nicht in unserem Bett haben wollte?“
„Nein, Herrgott. Jetzt red dir doch nicht immer ein, dass du irgendwas falsch gemacht hast, das ist ja furchtbar. Muss an deinem Alter liegen.“
Daniel sieht mich traurig an. „Bisher hattest du kein Problem mit meinem Alter.“
„Hab ich auch nicht. Und du mit meinem?“ Ich weiß, dass ich ungerecht und unausstehlich bin, aber ich kann es einfach nicht abschalten.
Er schüttelt lächelnd den Kopf, nimmt mich in den Arm, hält mich ganz fest, streichelt meinen Nacken und haucht: „Ich liebe dich, Nora. Wie wär’s, wenn wir am Samstag mal wieder so richtig schön ausgehen. Das haben wir seit Lisas Geburt nicht mehr gemacht.“
Ich sehe ihn etwas ruhiger an. „Ausgehen?“
„Ja, wir essen im Bistro eine köstliche Kleinigkeit und gehen dann tanzen. In Kreuzkölln hat ein neuer Club aufgemacht.“
„Ein Club? Lassen die mich da überhaupt noch rein?“
Er lacht. „Du bist unglaublich. Natürlich.“
„Und Lisa?“
Er sieht mich an, als habe er diese kleine Winzigkeit vergessen. „Wir finden schon einen Babysitter.“
„Irgendeiner, das geht nicht. Wie stellst du dir das vor? Wenn sie denjenigen nicht kennt, kriegt sie Angst und schreit.“
„Ach was. Lisa ist cool. Sie kommt nach dir.“
Ich sehe ihn genervt an. „Daniel. Man kann so ein kleines Kind nicht irgendjemandem in die Hand drücken und gehen. Ich mache das nicht. Man muss sie an die Person langsam gewöhnen. Und das kostet alles. Und so viel Geld haben wir im Moment nun auch wieder nicht.“
Er wirkt nicht gerade begeistert. „Also gut. Ich bekoche dich heute Abend und wir machen es uns wieder hier gemütlich.“
„Daniel, du bist süß.“
„Und du süßer.“ Er knabbert an meinem Ohr und beißt aus Spaß hinein.
„Kann denn deine Mum nicht mal babysitten?“, fängt er wieder an.
„Meine Mum hetzt vom Kundalini-Yoga zur Meditationsstunde und zum Bio-Laden. Sie hat keine Zeit für so was. Und genug Windeln in ihrem jetzigen Leben gewechselt. Das reiche für ihre drei nächsten Leben als Ameise, Maus oder Kuh auch noch, hat sie gesagt.“
Hilde hätte es gemacht, denke ich, aber da sie von Tobias zwischenzeitlich weiß, dass Lisa nicht ihr Enkelchen ist, leider auch nicht mehr. Sie hat sich bei mir seit unserer Trennung kein einziges Mal gemeldet. Enttäuschend.
Und Daniels Eltern sind leider beide schon tot. Sie sind bei einem Autounfall in den
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