Himbeersommer (German Edition)
mit mir! En garde!
***
„Sie wollen nur 25 Stunden arbeiten?! Das ist ja wohl ein Scherz, Frau Blume. Sie befinden sich in einem Architekturbüro. Wenn Sie nur Teilzeit wollen, dann gehen Sie zu C&A an die Kasse.“ Mein Chef war schon immer unausstehlich, aber dass er auch noch ein Chauvi ist, hätte ich nicht gedacht.
„Vermutlich herrscht dort ein angenehmeres Betriebsklima“, kontere ich bemüht schlagfertig, doch er grinst nur.
„Dann sind wir Sie also los, Blümchen?“
„Sind Sie nicht. Dieser Arbeitsplatz steht mir nach meiner Elternzeit zu, und ich werde hier wieder arbeiten. Als Frau Blume!“
„Okay, okay“, lächelt er. „Mein Kompagnon kann nicht sagen, ich hätte es nicht versucht. Also gut. Was geben wir Ihnen denn?“
„Ein neues Projekt. Die Himbeersiedlung hab ich schließlich auch gut hinbekommen.“ Gut hinbekommen? Im Tiefstapeln waren Frauen im Job schon immer gut und ich ganz besonders.
Er lacht. „Sagen wir mal so. Ihr Kollege konnte die gravierendsten Fehler ausmerzen. Träumen Sie weiter. Nach dem, was Sie sich da geleistet haben und als Teilzeitkraft, kann ich Ihnen beim besten Willen keine Projektleitung übertragen. Außer, Sie machen doch ganztags.“
„Auf keinen Fall“, fahre ich meine mütterlichen Krallen aus. „Mir ist mein Kind wichtiger. Aber wir leben übrigens nicht mehr in den 50ern. Heutzutage gibt es genug hoch dotierte Stellen in Teilzeit.“
„Womit wir auch schon beim Thema wären“, grinst er. „Die Zeiten sind schlecht, die Weltwirtschaftslage sowieso. Wir können Ihnen leider nicht mehr so viel zahlen wie vor der Elternzeit.“
Ich funkle ihn an. Im Herausheben meiner Qualitäten und Herausschlagen von mehr Gehalt war ich schon immer miserabel; a, weil ich von meinen beruflichen Qualitäten selbst nicht so wahnsinnig überzeugt bin, wie soll es dann ein anderer sein, und b, weil mir mein Job solchen Spaß macht, dass ich auch umsonst arbeiten würde. Hauptsache, ich darf arbeiten. Insgesamt keine wirklich prickelnden Voraussetzungen für dieses Gespräch.
„Sie können also nicht mehr so viel zahlen. Und wieso nicht?“, fange ich erst mal ganz diplomatisch an.
„Das sagte ich doch. Schlechte Zeiten und so.“ Ihm ist anzumerken, dass er keine Zeit und vor allem keine Lust mehr hat, sich mit mir auseinanderzusetzen. Vermutlich darum knallt er seinen Kugelschreiber auf den Tisch und sieht mich an.
„Also gut. Sie sind eine von den Frauen, die nie lockerlassen. Ihr armer Mann. Sie bekommen die 25 Stunden. Von 15 bis 20 Uhr. Und jetzt lassen Sie mich gefälligst arbeiten.“
Ich sehe ihn an und schüttle stur den Kopf.
„Das ist genau die Zeit, in der alle Mütter ihre Kinder aus der Kita holen und zu Bett bringen. Das wissen Sie ganz genau. Und richtig: Ich lasse nie locker. Und mein Mann schätzt das ganz besonders an mir.“ Diese kinderlosen Workaholics wissen doch genau, dass ich das nie annehmen kann. „Das ist doch nur ein mieser Trick, mich rauszuekeln“, füge ich also noch bemüht selbstsicher hinzu.
Mein Chef sieht mich baff an. Dann grinst er. „Erwischt. Naa gut, will ich mal kein Unmensch sein. 9 bis 14 Uhr. Besser?“
„Besser.“ Ich stehe auf, nicke ihm noch kühl und souverän zu, gehe raus und schließe die Tür hinter mir. Und vollführe einen kleinen Freudentanz. Dumm nur, dass mein Chef just in dem Moment hinter mir die Tür aufmacht und meinen peinlichen Stepptanz sieht.
Ich sehe ihn an und stammle: „Äh, mir ist gerade eine Fliege in den Ausschnitt geflogen.“
Daniel lacht sich kaputt, als ich ihm davon erzähle, aber er ist auch sehr stolz auf mich, und wir kuscheln uns gemütlich aufs Sofa. Er riecht so wunderbar, und ich habe das Gefühl, dass jetzt alles gut werden könnte.
Wenn da nicht zum einen Tobias` nüchterne E-Mails wären, die mir ständig im Kopf herumschwirren, und zum anderen die schwierige, belastende Kita-Eingewöhnungszeit.
Lisa war schon immer besonders sensibel und wird es vermutlich auch immer bleiben. Sie will partout nicht von der Mama weg und schreit und schreit und schreit. Mir zerreißt es fast das Herz, und nicht nur ihr, sondern auch mir kullern die Tränen in Sturzbächen herunter. Ist es vielleicht doch zu früh, sie mit einem Jahr fremdbetreuen zu lassen? Andere Kinder weinen aber nicht so viel.
Daniel findet, da muss sie durch, aber er ist bei dem morgendlichen Drama auch nicht dabei. Jacky versteht mich allzu gut. „Frauen, die arbeiten wollen, müssen sich mit diesem
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