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Himbeersommer (German Edition)

Himbeersommer (German Edition)

Titel: Himbeersommer (German Edition)
Autoren: Anja Saskia Beyer
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vorstellen möchte, dass er gerade dabei ist, einen Flug für sie beide nach Athen zu buchen – dummerweise hat er seine Mastercard auf einem Tauchgang verloren, ob sie ihm 1900 Euro für die beiden Flüge leihen kann. Seine Oma wird eine große Portion Moussaka machen, wenn sie beide kommen. Jacky, die mit Männern schon einiges mitgemacht hat, war noch nie naiv und gutgläubig. Aber einmal wollte sie offen sein für die große Liebe – an die sie seitdem nicht mehr glaubt. Tobias und ich sind ihre letzte große Hoffnung, das Traumpaar schlechthin.
     
„Tobias ist so ein Arsch - wie alle anderen auch. Er kann keine Kinder kriegen. Und weiß das schon seit einem halben Jahr!“, platzt es bereits im 50er-Jahre-Treppenhaus aus mir heraus. Jacky hat Baby Gregor im Arm, starrt mich fassungslos an.
Die alte Frau Piske, die gerade mit ihrem Dackel aus der Tür gegenüber kommt, nickt nur bestätigt und brät ihrem Dackel Willi eins mit der Leine über. Ihr Mann hieß Willi und ist mit einer Russin durchgebrannt.
Jacky sieht mich ungläubig an. „Was, was, Moment, Moment, TOBIAS!?”
„Er weiß es schon seit einem halben Jahr oder vielleicht noch länger, wer weiß…!“ Wir sind in ihrem kleinen Wohnzimmer angekommen. Jacky reicht mir ein Marshmallow und ich beiße hastig hinein, um meine Tränen mit zwei Millionen Kalorien zu ersticken.
„Tobias hat dich … verarscht?“ Sie kapiert es genauso langsam wie ich.
„Er will ein Kind adoptieren. Aber das kommt überhaupt nicht in Frage.“
„Zumal ihr dafür bald schon zu alt seid. Und erstmal heiraten müsst. Und dann wartet man ja `ne Ewigkeit auf so ein Kind. Und eins aus China mit Schlitzaugen, oder ein verstrahltes aus der Ukraine, ich weiß nicht.“
Ich sehe sie an und die Tränen fließen endlich.
Jacky nimmt mich in den Arm. Baby Gregor wird dabei gequetscht und fängt an zu schreien. Männer! Sie wollen immer im Mittelpunkt stehen.
Während sich Jacky erstmal um Gregor kümmert, der jetzt auch noch die Brust will, steche ich Zahnstocher in Marshmallows.
Und als die Marshmallows alle tot sind, fasse ich einen Entschluss.
Wir sind nicht tot, wir leben noch. Und wir kämpfen bis zum bitteren Ende.
     
     

***
     
Schockgefroren wie Käpt`n Iglo, lächelt mich Tobias an, als ich mit Jacky und Baby Gregor zu meiner Geburtstagsparty in der Tür unseres gerade erworbenen Häuschens erscheine. Unsere gemeinsamen Freunde und zukünftigen neuen Nachbarn unterhalten sich bereits prächtig, freuen sich, mich zu sehen, busseln mich ab und merken nichts. Schon als Kind war ich eine überzeugende Biene, bei unserer Biene-Maja-Aufführung in der 3. Klasse.
„Das Buffet ist ja schon halb leer gefuttert“, beschwert sich Jacky, „komm, wir gehen wieder“, aber ich schüttele den Kopf und ziehe sie mit herein. Wir erhaschen fettige Frühlingsrollen und kalte Chicken-Wings. Und ich muss Glückwunschküsschen über mich ergehen lassen.
Während ich dem Blick von Tobias ausweiche, nehme ich Baby Gregor auf den Arm und wiege ihn.
„Guckt er?“, frage ich Jacky leise, denn ich will ihm wehtun. So wie er mir wehgetan hat.
„Ja. Wer sind denn die?“, fragt Jacky und deutet mit dem Kinn auf die Neuen aus Haus 5. „Echte Spießer, oder?“
„Kann sein. Oder gerade nicht. Guck mal da drüben, der coole Portugiese, der hat sich als echter Spießer rausgestellt. Zwanghaft pingelig, will eine Thuja-Hecke, hat seine Wiese drei Stunden geharkt. Ein echter Albtraum.“
„Echt, schade, sieht süß aus“, findet Jacky und stopft sich eine zuckrige Dattel in den Mund. „Der Mann, die Mogelpackung.“
„Das ist Konrad Wolkner, dem gehört das Eckhaus, und das ist seine Frau Monique und ihre entzückende Tochter Sarah.“
„Mann, hat die ein Figürchen.“ Jacky wirkt gefrustet, denn sie hat seit der Geburt von Gregor fünf Kilo zugenommen.
„Konrad hat noch drei Kinder aus erster Ehe. Also sehr potent.“
„Und die Hippies da?“ Jacky sieht sie etwas zu auffällig an.
„Die Meissners. Drei Kinder, jedes Jahr eins. Sag mal, spinn ich oder ist die schon wieder schwanger?“ Ich starre Frau Meissner an, als wäre sie ein Zeppelin.
Jacky sieht mich etwas besorgt an und schüttelt langsam den Kopf.
„Komm, dieser Werner, der mit den längeren Haaren, den muss ich mir mal genauer angucken, nur fürs Ego. Und du stellst mich vor, das ist doch ein Freund von Tobias, oder nicht?“
„Werner ist glücklich verheiratet und hat zwei Kinder!“ Ich versuche sie schnell
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