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Hilflos in deinen Armen

Hilflos in deinen Armen

Titel: Hilflos in deinen Armen
Autoren: MARGARET MOORE
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bösartiger, ungerechter und grausamer Mensch gewesen. Unter diesen Umständen war es vermutlich verständlich, dass man einem neuen männlichen Lehnsherrn mit Grausen und Argwohn entgegensah. Gleichwohl: Ungeachtet des eigenen Augenscheins – denn wer Armand und Adelaide miteinander sah, der zweifelte nicht daran, dass sie unsterblich ineinander verliebt waren – vermochte Bayard nach wie vor nicht einzusehen, wieso Armand diesen Besitz nebst Burg der Führung einer Frau überließ. Gewiss, Lady Gillian war beileibe nicht die fraulichste Person, die ihm je über den Weg gelaufen war, aber ein weibliches Wesen allemal.
    „Nun, Mylord“, sagte sie, indem sie sich wieder setzte und ihn die volle Wucht ihrer lebendigen grünen Augen spüren ließ, „berichtet mir von diesem Prozess.“
    Da Bayard nichts anderes übrig blieb, erstatte er wunschgemäß Bericht, beschränkte sich dabei jedoch auf das Wesentliche. „Mein Halbbruder wurde fälschlicherweise des Hochverrats bezichtigt und konnte seine Unschuld unter Beweis stellen, indem er sich einem der Verleumder zum Zweikampf stellte.“
    „Na, und wie!“, fuhr Frederic dazwischen, wobei es ihn regelrecht von seinem Sitz riss. „Er rammte Sir Francis das Schwert mitten in die Visage!“
    Die Burgherrin hielt erstickt den Atem an. Der Kaplan erbleichte, und dem Vogt wurde sichtlich flau.
    „Auf Wunsch des Verräters, wohlgemerkt!“, erklärte Bayard, um von vornherein klarzustellen, dass sein Bruder keine blutrünstige Bestie war. „Sein Gegner stürzte sich in Armands Klinge. Er wollte einer langsamen Hinrichtung entgehen.“
    „Na, die hätte ich mir gern angesehen!“, rief Frederic.
    „Der wahrer Ritter ergötzt sich nicht am Sterben, ganz gleich, wie es dazu kommt!“, mahnte Bayard mit ernster Stimme. „Hat er eine Pflicht zu erfüllen, so kommt er ihr nach. Doch sollte er am Töten niemals Gefallen finden.“
    Er wandte sich wieder an die Gastgeberin, auf deren Gesicht inzwischen ein Ausdruck lag, aus dem er nicht recht schlau wurde. Es war ihm auch einerlei, was sie dachte. Er hatte die Nase voll von ihrem wenig damenhaften Gebaren, ihrem eifersüchtigen Verwalter, ihren Befehlen und Brüskierungen.
    „Wenn Ihr mich nun entschuldigen wollt“, sagte er und erhob sich. „Es war ein langer Tag. Ich wünsche Euch eine gute Nacht.“
    Sie neigte hoheitsvoll das Haupt, unzweifelhaft ebenfalls froh, ihn endlich von hinten zu sehen. „Gute Nacht, Sir Bayard.“
    „Darf ich noch bleiben?“, fragte Frederic.
    Da er der Hilfe eines Knappens nicht bedurfte, um sich zur Nachtruhe zu begeben, erteilte er ihm kopfnickend seine Erlaubnis. Nach einem Abschiedsgruß an seine Begleiter stapfte er zum Saal hinaus.
    Während sie so tat, als höre sie ihrem Verwalter bei der Schilderung möglicher Entscheidungen zu, schaute Gillian dem Ritter nach, der mit langen, energischen Schritten die große Halle durchmaß. Hier und da blieb er stehen, um ein paar Worte mit einem seiner Männer zu wechseln. Diese antworteten offensichtlich gut gelaunt, ganz so, als sei er nicht nur ihr Anführer, sondern auch Kamerad.
    Interessant – und ein eklatanter Unterschied zu Iains Führungsmethoden. Dem Schotten wäre es nicht im Traum eingefallen, mit seinen Soldaten zu scherzen. Eher hätte er sich splitternackt auf den Burghof gestellt.
    Sir Bayard hingegen würde das höchstens dann tun, wenn er eine Wettschuld zu tilgen hatte oder aus ähnlich törichten Gründen. Bei seinem Wuchs war er solchem Unfug vermutlich nicht einmal abgeneigt. Sie konnte sich lebhaft vorstellen, wie er sich aufbaute, das süffisante Lächeln auf dem Gesicht, und sich in aller Seelenruhe auszog, ein Kleidungsstück nach dem anderen …
    „Mylady?“, fragte Dunstan und legte ihr die Hand auf den Arm. „Hört Ihr mir überhaupt zu?“
    Sie zuckte zusammen, peinlich berührt, als könne Dunstan ihre Gedanken lesen. „Doch, doch. Falls die Tochter des Kerzenmachers den Böttchersohn heiraten will, habe ich keine Einwände.“
    Unfähig, ein Erröten zu verhindern, nippte sie an ihrem Weinpokal. Dunstan faltete derweilen demonstrativ langsam die Hände im Schoß.

4. KAPITEL
    Am nächsten Tag saß Gillian am Tisch in ihrer Schreibstube, wo sie noch einmal die Schriftrollen mit den Aufzeichnungen über den Zehnt sowie über kürzlich eingekaufte Vorräte durchging. Die Einnahmen und Ausgaben des Anwesens bedurften zwar steter Überprüfung, doch dauernd über den Listen und Zahlenreihen zu hocken, das war
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