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Hilfe, mein Chef ist ein Affe

Hilfe, mein Chef ist ein Affe

Titel: Hilfe, mein Chef ist ein Affe
Autoren: Patrick van Veen
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Die Macht richtig einsetzen!
    Ein spannender Fall …
    Meine Kollegen und ich hätten es uns nicht besser aussuchen können: An einem unserer ersten Workshops nahmen elf Armeeoffiziere teil, die gemeinsam etwas über Führung lernen wollten. Doch zwei Tage vor Beginn des Trainings geriet einer der Organisatoren ins Zweifeln. Er war sich nicht sicher, ob er seinen Untergebenen plausibel machen könne, dass ihnen ausgerechnet die Affen weiterhelfen könnten. Ich konnte ihn zwar überzeugen, doch als es losging, war die Skepsis immer noch sehr deutlich – bei ihm und noch mehr bei seinen Kollegen – zu spüren. Gemeinsam tranken wir auf der Terrasse des Restaurants mit Blick auf die Gorilla-Insel noch einen Kaffee. Dabei überlegten sie ernsthaft, ob man die Veranstaltung nicht besser abblasen sollte. Plötzlich erschien Bongo auf der Bildfläche, der Silberrückengorilla in Apenheul. Er war sichtlich überrascht, als er die elf hochgewachsenen Männer sah, die in typisch militärischer »Rührt euch«-Haltung mit ihren Kaffeetassen in der Hand dastanden. Und das zu einem Zeitpunkt, zu dem normalerweise noch keine Besucher im Zoo waren. Bongo war offenbar beunruhigt und begann zu imponieren: Um seine Kraft zu demonstrieren, riss er Gras und Sträucher aus und stürmte mit kräftigem Brusttrommeln vor. Die elf Offiziere erstarrten tief beeindruckt. Schon kurz darauf fragten sie mich: »Was machen wir heute?« Denn sie hatten Führung gesehen, und dafür waren sie schließlich gekommen.
    In der Ruhe liegt die Kraft
    Viele wollen nur eines wissen: »Wie werde ich eine gute Führungskraft?« Das Bild, das sie dabei im Kopf haben, entspricht genau dem, was Bongo auf den ersten Eindruck vermittelte. Und trotzdem ist ein Silberrücken nicht deshalb ein guter Anführer, weil er sich heftig auf die Brust trommelt, sondern vor allem deshalb, weil er auf subtile Weise die Ruhe seiner Gruppe aufrechterhält. Seine wichtigste Aufgabe ist das Gewährleisten von Sicherheit und Ruhe. Körperliche Kraft ist dabei unabdingbar, aber mit dazu gehören unbedingt auch Sanftmut, Nachsicht mit den Jungtieren und unter Umständen ein wenig Verspieltheit für die Halbwüchsigen und Friedensstiftung für die Weibchen.
    • Eine Gorillagruppe braucht nun einmal Ruhe.
    Den größten Fehler macht, wer ein Rezept für Führung sucht: Wie wird man Chef, und wie bleibt man es? Ich kann nur darauf verweisen, dass Führung aus biologischer Sicht ebenso viele Formen annimmt, wie es Affenarten gibt. Bei Affen kann sie auf Ruhe oder Wissen beruhen, auf Radaumachen, auf Vertrauen, Körperkraft, Bündnissen, Verwandtschaftsbeziehungen oder auf Alter und Erfahrung.
    • Welcher Chef passt zu uns? Am besten der, der zur Situation passt!
    Bei manchen Arten, den Pavianen etwa, kann die Führungsebene auch mal gewechselt werden: Wenn Gefahr droht, übernehmen die Männchen die Führung, weil sie körperlich stärker sind, bei der Nahrungssuche dagegen folgt die Gruppe den älteren Weibchen, weil sie schlichtweg mehr Ahnung davon haben.
    Ist das situative Führung? Nein! Situative Führung heißt, dass der Führende seinen Stil der Situation anpasst. Bei den Pavianen dagegen wählt die Gruppe den Anführer, der zur jeweiligen Situation passt.
    Nach meiner Überzeugung könnte eine Menge Frust und Misserfolg vermieden werden, wenn wir von einem Chef nicht immer erwarten würden, dass er ständig seinen Stil anpasst. Stattdessen sollten wir, wenn möglich, einen neuen Boss so auswählen, dass er der aktuellen Situation entspricht. Dann gäbe es bestimmt nicht so viele gestresste Führungskräfte!
Ein Vorbild sein!
    Ein spannender Fall
    Einmal nahm eine Gruppe von Führungskräften an unserem Workshop teil, die eigentlich gar keine Führungskräfte sein wollten. Zumindest hatten sie das bei der Berufswahl nicht so vorgehabt. Sie waren Chefs geworden, weil sie immer zu den »Einserschülern« gehört und immer volle Leistung gebracht hatten. Diesem Karriereverlauf begegnet man übrigens in vielen technischen Berufen.
    Nun waren diese Führungskräfte zu mir in den Zoo gekommen, weil sie zwar über fachliche Qualifikation, nicht aber über Führungsqualität verfügten. Einer der Herren Ingenieure meinte sogar, er sei so weit von der Belegschaft entfernt, und so viele Ebenen lägen zwischen ihm und seinen Angestellten, dass er sich einfach nicht mehr als Vorbild für die Mitarbeiter am unteren Ende der Hierarchieleiter sehe. Das sei den Teamleitern weit
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