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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie
Autoren: Sonia Marmen
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ausgesetzt war. Man hat ihn mir beschrieben; man hat mir sogar erzählt, er sei in einer Taverne in Dunoon gesehen worden … Ich hatte das Gefühl, dieser Mann könntest du sein. Aber ich habe nichts unternommen, sondern nur gewartet…«
    »Das war in der Tat ich.«
    Betrübt nickte Duncan.
    »Möge Gott mich dafür strafen, dass ich nie versucht habe, mich zu überzeugen … Ich hatte meine Befürchtungen … Als ich sah, dass du deinen Namen verleugnet hast und darauf bestandest, fern von deinem Clan zu leben, hat das meinen Eindruck verstärkt, du wüsstest, dass ich auf dich geschossen habe … Oh mein Gott! Es tut mir … es tut mir so leid, mein Sohn! Ich habe dich ins Exil getrieben, Alasdair!«
    Ins Exil? Auf die Flucht schon! Aber ins Exil? Das glaubte Alexander nicht, jetzt nicht mehr. Sein ganzes Leben lang hatte er versucht, vor sich selbst zu fliehen. Seine inneren Qualen hatten an ihm gehangen wie eine Bleikugel an seinem Fuß und ihn nach unten gezogen. Der Eintritt in die Armee war für ihn so etwas wie ein Ausweg gewesen, ein Rettungsanker, den er in einem lichten Moment ergriffen hatte, damit er nicht dem Wahnsinn anheimfiel. Auf gewisse Weise waren es die Worte seiner sterbenden Großmutter gewesen, die ihn zum Gehen bewogen hatten: Lass dir nicht deine Seele stehlen  … Per mare, per terras, ne obliviscaris; über Meere und Länder sollst du nicht vergessen, wer du bist. Diese Worte hatten in ihm weitergewirkt, sein Gewissen geweckt und ihn wieder auf den rechten Weg geführt.
    Sogar jetzt vernahm er ganz deutlich die Stimme seiner Großmutter, während er auf das Wappen der Macdonalds hinuntersah, das in seiner Hand funkelte. Die Brosche war schwer, gewichtig wie die Geschichte seines Clans. Sie war sorgfältig poliert worden und glänzte wie ein frischgeprägter Sou. Alexander befestigte sie an seiner Weste und strich mit geschlossenen Augen respektvoll darüber.
    »Vater … Exil ist es nur für den, der nichts mehr ist und nichts mehr hat. Is mise Alasdair Cailean MacDhòmhnuill. Ich bin Alexander Colin Macdonald. 59 Ich bin ein Macdonald aus dem Clan von Iain Abrach. In meinen Adern fließt das Blut der Herren dieser Welt. Ich bin der Sohn von Duncan Coll, des Sohns des Liam Duncan, des Sohns des Duncan Og, des Sohns des Cailean Mor, des Sohns des Dunnchad Mor, und so weiter bis zurück in die Nacht der Zeiten. Nein, Vater, als ich fortging, habe ich mich nicht selbst verloren. Ich habe nur unsere Grenzen weiter vorgeschoben. Ein Macdonald wird – genau wie ein Campbell – immer ein Macdonald sein, ganz gleich, ob er in Schottland lebt, in den Kolonien im Süden oder in Kanada, und er wird sich immer an seinen Kriegsruf erinnern, der allzeit sein Blut zum Kochen bringen wird. Wenn ich die Augen schließe, Vater, dann bin ich wieder zu Hause …«
    Alexander legte eine Pause ein und holte tief Luft, was ihm ein Stechen in seiner verletzten Seite eintrug. Ich bin , hatte er gesagt. Er hatte sich selbst gehört, wie er mit lauter Stimme bekräftigte, wer er war; und ihm war, als habe er sich dabei selbst endgültig davon überzeugt, dass er für immer ein Highlander sein würde, sogar in diesem Land, das nicht seine Heimat war. Mit ernster Stimme fuhr er fort.
    »Du kannst ganz ruhig sein, Vater. Alles, was geschehen ist, was wir erlebt haben, sollte uns nicht mit Bedauern erfüllen… Ich habe durch viele Schicksalsschläge gelernt, dass nichts vergeblich ist und alles aus einem bestimmten Grund geschieht. Was soll ich mich über mein Los beklagen und dem nachtrauern, was nicht gewesen ist? Das Wichtigste habe ich noch… meine Seele.«
    Duncan beugte sich vor, stöhnte leise und hielt sich am Arm seines Sohnes fest. Besorgt unterbrach sich Alexander.
    »Möchtest du dich ausruhen, Vater? Ich kann…«
    Der Greis richtete sich auf.
    »Nein, es ist nichts, es geht schon vorüber. Oh Gott! Wenn ich an diesem gesegneten Tag sterbe, dann soll es eben so sein. Ich werde umgeben von den Meinigen sterben, nachdem mein Herz endlich Frieden gefunden hat. Ich gehe als der glücklichste aller Menschen.«
    Mit einem Mal zog sich Alexanders Herz schmerzhaft zusammen. Wie ein Ertrinkender, der nach einem Stück Treibholz greift, krallte er die Finger in den Tartan seines Vaters und sah ihn an. Seine Wangen waren tränenüberströmt. Er hatte sich dieses Wiedersehen angespannt vorgestellt, von Groll erfüllt. Und jetzt war alles ganz anders gekommen. Der bloße Umstand, dass er seinen Vater
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