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Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie

Titel: Highland-Saga 04 - Dolch und Lilie
Autoren: Sonia Marmen
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Stelle, an der sie Pierre zuletzt gesehen hatte. Mit einem Mal hatte sie große Lust zu tanzen und sich zu amüsieren.
    Das Orchester stimmte ein Menuett an. Die junge Frau sah sich nach ihrem Mann um, konnte ihn jedoch nicht entdecken. Dabei war er vor kaum zehn Minuten doch noch hier gewesen! Sie musterte die Menge und suchte nach seinem blonden Schopf, den er kaum gepudert hatte, weil er wusste, dass sie das hasste. Der Puder brachte sie zum Niesen.
    Auf der anderen Seite des Saals erblickte sie ihren Bruder Étienne, der immer noch im Pelzhandel tätig war. Was mochte ausgerechnet ihn, der so patriotisch war, an einen Ort führen, an dem die meisten Kaufleute Namen wie Dunn, Walker oder Livingstone trugen? Er diskutierte mit zwei Herren. Der größere, der distinguiert und arrogant wirkte, war Sieur Luc de la Corne, ein Verwandter des Abbé de la Corne, ein Militär und Pelzhändler. Sie kannte ihn, denn sie war ihm einmal bei einem Abendessen, an dem sie zusammen mit Nicolas des Méloizes teilgenommen hatte, begegnet. Der Mann hatte sich unter Montcalms Kommando bei dem siegreichen Angriff auf Fort William-Henry und bei der Belagerung von Carillon hervorgetan. Für seine Leistungen war er 1759 mit dem hochangesehenen Saint-Louis-Kreuz ausgezeichnet worden. Doch da er sich so gut mit den Sprachen und den Sitten der Eingeborenen auskannte, verdächtigten ihn die Engländer, den Aufstand an den Großen Seen zu schüren.
    Er hatte einst zur Elite der Kolonialgesellschaft gehört, die von den Besatzern ermuntert wurde, nach Frankreich zurückzukehren, und war einer der wenigen Überlebenden des Schiffbruchs der Auguste vor der Küste von Cap Bréton im November 1761 gewesen. Bei dem Unglück hatte er seine zwei Kinder und seinen Bruder verloren. Nach einer langen, mühsamen Reise durch verschneite Wälder und über zugefrorene Flüsse war de la Corne nach Montréal zurückgekehrt und hatte seinen Plan, in die alte Heimat zurückzukehren, aufgegeben. Stattdessen hatte er beschlossen, sich auf Dauer in Kanada niederzulassen.
    Der zweite Mann, mit dem sich ihr Bruder unterhielt, war ebenfalls im Pelzhandel tätig und hieß Maurice Blondeau. Étienne hatte seine letzte Expedition zusammen mit ihm unternommen. Sie waren Anfang Oktober aus Michillimackinac 2 zurückgekehrt und hatten die entsetzliche Nachricht von der Erhebung der Ojibwas und der Chippewas mitgebracht, deren Zeugen sie geworden waren: Die Eingeborenen hatten das Fort im Sturm genommen und die Garnison massakriert. Im Lauf des Jahres 1763 hatte es schon mehrere Angriffe dieser Art gegeben. Die Obrigkeit war darüber ernstlich beunruhigt und hatte in einer Verordnung allen Händlern verboten, die Indianer im Gebiet der Großen Seen mit Lebensmitteln, Waffen oder Munition zu versorgen. Ein sehr einflussreicher Häuptling der Odawa, Pontiac, bedrohte den Frieden in dieser Region. Natürlich hatten die Händler aus Montréal darauf Zeter und Mordio geschrien, denn sie sahen in der Verordnung einen Angriff auf die Freiheit des Handels.
    Ihr Bruder sah sie, lächelte ihr zu und widmete sich dann wieder seinen Gesprächspartnern. Sie erwiderte sein Lächeln und kümmerte sich dann nicht weiter um ihn. Sie sahen sich nur sehr selten und sprachen kaum miteinander. Natürlich hatte Étienne sie schon in der Rue Saint-Gabriel besucht. Er hatte sich sogar mit Pierre angefreundet, der ihm freundlicherweise bei Gelegenheit mit seinem beruflichen Wissen unter die Arme griff. So begegnete sie ihm manchmal im Arbeitszimmer ihres Mannes und servierte ihm Tea und Gebäck. Er erkundigte sich dann höflich nach seinem Neffen, obwohl er nie versuchte, den Kleinen zu sehen. Étienne würde sich niemals ändern. Manchmal verstand sie, warum zwischen ihm und Justine solche Feindschaft herrschte. Sie besaßen beide die gleiche herrische Art und konnten sich daher gar nicht verstehen.
    Die junge Frau erkannte in der bunt gemischten Gesellschaft einige bekannte Gesichter. Da war Francis Maseres, der mit dem Marquis Alain Chartier de Lotinière und seiner Frau Marie-Josephte sprach. Ein Stück weiter sah sie eine Gruppe Juristen, zu denen William Hey, Charles York und James Marriot gehörten. In ihrer Nähe schütteten sich einige Kaufleute, darunter der arrogante Thomas Walker, vor Lachen aus.
    Die Gäste standen nach ihrer Herkunft zusammen: kanadische Milizhauptleute, Damen von adliger Abstammung, die Ehefrauen von Bürgerlichen, Offiziere … Ein ganzer Teil der britischen Armee
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