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Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Highland-Saga 03 - Schild und Harfe

Titel: Highland-Saga 03 - Schild und Harfe
Autoren: Sonia Marmen
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aber Schottland nicht verlassen, Großmutter! Ich bin Schotte und…«
    »Schottland ist nicht nur das Land, in dem du geboren bist. Es ist auch und vor allem die Seele seines Volkes, verstehst du? Seine Sprache, seine Traditionen sind in uns verwurzelt. Der Geist, Alasdair, ist das Wichtige, und das wird dich retten. Einmal hat ein Freund, ein Arzt, zu mir gesagt: ›Die einzige Freiheit des Menschen liegt in seinem Geist. Kein Gesetz, keine Drohung, keine Ketten können ihn bezwingen.‹ Er hatte recht: Du allein bist der Herr deiner Freiheit. Die Engländer können unser Feuer nicht einfach mit ihrem bösartigen Hauch löschen. Schottland wankt, aber es wird nicht fallen. Es wird überleben, an einem anderen Ort, wenn es sein muss. Unser gälisches Blut lässt sich nicht so leicht verdünnen. Gewiss, wir werden uns mit anderen vermischen; das ist unvermeidlich und notwendig, damit wir überleben. Aber unser Blut ist stark und muss es bleiben. Der Geist, das Bewusstsein dessen, was wir sind, wird unser Volk retten. Kennst du die Devisen der Clans, die dir dieses kostbare Erbe hinterlassen haben? Per mare, per terras, ne obliviscaris; das heißt so viel wie über Meere und Länder sollst du nicht vergessen, wer du bist… Verstehst du? Vergiss niemals, wer du bist! Ich weiß wohl, dass du noch etwas jung bist, um das alles zu erfassen. Aber du trägst das Erbe deines Volkes in dir. Es ist deine Aufgabe, es zu bewahren, es weiterzugeben, um unsere Traditionen zu erhalten. In gewisser Weise vertraue ich dir eine Mission an, Alasdair. Deine älteren Brüder haben sich schon eingerichtet, haben Frau und Kinder. Natürlich sind Coll und John auch noch da. Ich vertraue darauf, dass du ihnen diese Botschaft übermittelst. Aber dir vertraue ich die Aufgabe an, meinen Traum zu verwirklichen. Wenn diese Rebellion scheitert, dann bedeutet es das Ende der Clans in Schottland, in unseren Bergen. Und das darf nicht sein…«
    »Aber was sagst du da, Großmutter? Wir werden sie schlagen! Wir werfen sie aus unserem Land!«
    »Also, ich weiß nicht… Ich will dir ein Geheimnis anvertrauen. Deine Mutter hatte eine ihrer Visionen. Darin waren unsere Täler leer. Niemand lebte mehr dort. Nur Ruinen waren noch übrig. Die Welt ist groß, Alasdair. Du musst unser Erbe in Sicherheit bringen. Es darf nicht verloren gehen. Nur wenn wir das schaffen, haben wir die Sassanachs wirklich besiegt. Deinen Geist, deine Seele … das können sie dir nicht nehmen … Versprich mir, Alasdair …«
    »Ich … ich verspreche es … Du machst mir Angst, Großmutter …«, stammelte der kleine Alexander.
    »Du wirst mutig sein, mein Junge. Ich weiß es … Du bist es ja schon…«
     
    Bestürzt blieb Duncan knien und betrachtete zärtlich seine Mutter. In Caitlins Gesicht stand ein ganzes Leben geschrieben. Die durchscheinende Haut, die sich über den Knochen spannte, ließ an den Schläfen feine bläuliche Venen erkennen. Ihre jetzt geschlossenen Augen lagen tief in den Höhlen. Trotz allem fand er sie immer noch sehr schön. Ihr langer, silbriger Zopf, der einst schwarz wie die Nacht gewesen war, ruhte auf ihrer Brust. Sie hatte diese Haartracht stets einem strengen Knoten vorgezogen. Die Altersweisheit hatte dem lebhaften Blick ihrer meergrünen Augen eine neue Dimension verliehen. Caitlin Fiona Dunn Macdonald hatte ein erfülltes Leben gehabt. Und mit neunundsechzig Jahren fand sie nun endlich ihre verdiente Ruhe.
    Abendliches Halbdunkel erfüllte die Kate. Aber Duncan zündete die Kerze nicht an. Er verharrte reglos und betrachtete das Profil seiner Mutter, das nach und nach von der Dunkelheit verschlungen wurde, und weinte. Die Hand, die er in der seinen hielt, war noch warm, würde sich aber nie wieder regen. Caitlins Züge wirkten entspannt. Die Last der Jahre schien von ihr genommen zu sein; sie sah beinahe glücklich aus.
    Liams Tod hatte seine Mutter zutiefst getroffen, und sie war nie vollständig darüber hinweggekommen. Jetzt würde sie ihren Mann wiedersehen, irgendwo auf der anderen Seite. Mit einem Mal fühlte Duncan sich angesichts von allem, was auf ihn wartete, furchtbar allein.
    »Danke, Mama«, murmelte er von Schluchzern geschüttelt. »Danke … dafür, dass du Alexander erklärt hast, was ich nicht geschafft habe, ihm zu sagen… Ach, lieber Gott!«
    Er hatte seinen Sohn schützen wollen, aber er hatte ihn von sich entfremdet. Alexander war ein Fremder in seinem eigenen Zuhause. Warum gelang es ihm nicht, ihm zu sagen,
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