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High Heels und Gummistiefel

Titel: High Heels und Gummistiefel
Autoren: M Zagha
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ging in Isabelles Küche, um Nachforschungen anzustellen. Abgesehen von einer Flasche Evian war der winzige Kühlschrank vollkommen leer. Daisy dachte einen Augenblick nach, dann kam die Inspiration. In dem Begrüßungsbrief von Isabelle hatte etwas davon gestanden, dass jeden Samstag auf dem Boulevard Markt war; dort würde sie sich etwas Schönes zu essen besorgen.
    Ihren Plänen entsprechend entschied sie sich bei der Kleiderwahl für eine Art Bauernlook – weiße Folklorebluse, ein langer, schwingender Rock, hochhackige rote Clogs, ein rotes Tuch um den Kopf und als Abrundung Isabelles Einkaufskorb aus Weidengeflecht, den sie in der Küche gefunden hatte.
    Als sie an der Bäckerei in Isabelles Straße vorbeikam, beschloss Daisy, Brot zu kaufen. Sie ging hinein, und die Besitzerin, eine rundliche Frau in mittleren Jahren mit riesigem weißblonden Haarknoten und rosa Schürze, sang ihr ihren Gruß praktisch entgegen: »Bonjour, Mademoiselle!«
    »Äh, Bonjour«, erwiderte Daisy fröhlich. »Une b aguette, s’il vous plaît.«
    Seit ihrer Ankunft war sie sich ständig vorgekommen wie die Hauptdarstellerin in einem Musical und hatte halb damit gerechnet, dass die Menschenmengen auf der Straße eine wohlchoreographierte Gesang- und Tanznummer hinlegten. Und wäre es nicht wirklich wunderschön, überlegte sie träumerisch, während man ihr das warme, in Papier gewickelte Brot reichte und sie ihr Wechselgeld einsteckte, wenn jetzt üppige Musik einsetzen und die Boulangère anmutig über den Tresen setzen (zugegeben, es war ein bisschen schwer, sich das vorzustellen, aber egal), sie bei der Hand nehmen und mit ihr eine Art P as d e d eux durch den Laden tanzen würde? Daisy ging hinaus und legte das Baguette behutsam in ihren Korb. Jetzt hatte sie den Teil des Boulevards erreicht, wo
der Markt begann. Eine Riesenhorde Menschen schob sich langsam zwischen den Ständen hindurch. Daisy schloss sich ihnen an und betrachtete im Vorbeigehen die hohen, symmetrischen Pyramiden aus Tomaten, Zucchini und Aprikosen. Wie lange dauerte es wohl, die zu errichten? Das hier machte viel mehr Spaß als die allwöchentlichen Fahrten mit Jules zum nächsten Supermarkt in London, wo Daisy versuchte, die Fixierung ihrer Freundin auf Baked Beans und Schokolade einigermaßen in Grenzen zu halten. Es wäre ja so wundervoll, wenn dieser (ehrlich gesagt recht leckere) Obst-und-Gemüse-Verkäufer da anfangen würde, mit ein paar Pfirsichen zu jonglieren, und die junge Mutter dort in dem umwerfenden ärmellosen Leinenkleid würde dazu einen knackigen Beat auf der Griffstange ihres Kinderwagens trommeln. Immer mehr Menschen würden es ihnen gleichtun, würden jonglieren und trommeln, bis schließlich der ganze Markt lauten Gesang anstimmen würde. Tra-la-la-la-la-la-la-la-la... Dann würde der Obst-und-Gemüse-Typ sie hoch in die Luft heben, sie würde die Arme ausstrecken und ihre große Nummer bringen: » Paris, j e t’aime! Paris, j’adore!«
    » Non mais! P ouvez p as f aire a ttention, n on?«
    Oh nein! Sie war geradewegs in einen Mann hineingelaufen, der ein Tablett voller Melonen trug, und die waren allesamt davongerollt. Er sah sehr verärgert aus.
    »Oh, p ardon! Hier, ich helfe Ihnen.« Unbeholfen hantierte Daisy herum und bemühte sich vergebens, die Melonen zwischen den wogenden Füßen der Marktbesucher ausfindig zu machen. Der Mann stellte sich geschickter an und bekam ein paar zu fassen.
    »Idiote!«, schleuderte er Daisy entgegen, ehe er mit seinem Tablett weiterging. Das war ja nicht sehr nett! Sie hatte es doch nicht mit Absicht getan.
    »C’est pour aujourd-hui ou pour d omain? «, erkundigte sich eine andere
Stimme, die ebenfalls ärgerlich klang. Daisy blickte auf. Ein Standbesitzer starrte sie erwartungsvoll an. Und hinter ihr drängten sich ungeduldige Leute. Anscheinend war sie unverhofft an die Reihe gekommen und hielt alles auf.
    »Äh, d es cerises, s’il v ous plaît. E t quatre n ectarines .«
     
    Daisy kehrte in die Wohnung zurück, nachdem sie bei einem freundlicheren Händler noch Ziegenkäse und Oliven erstanden hatte. Sie war erschöpft. Typisch pariserisch zu sein war ehrlich gesagt ziemlich harte Arbeit. Nach dem Mittagessen sollte sie sich wirklich ein paar Gedanken übers Schreiben machen. Daisy war von Sparkle, einer angesagten, erfolgreichen Internet-Modezeitschrift, beauftragt worden, einen Blog über die Erfahrungen einer Londoner Modeexpertin in Paris zu schreiben. Diese Vereinbarung war ganz kurz
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