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High Heels und Gummistiefel

Titel: High Heels und Gummistiefel
Autoren: M Zagha
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très sympa. Il y a un grand jardin. Là ou j’habite, c’est comme une petite village dans Londres, très mignonne. Moi, j’adore Paris, c’est mon rêve depuis toujours de vivre là. Certainement tu vas avoir beaucoup d’applications mais s’il te plaît, il faut me choisir! Tu ne regretteras pas!!
    Alles Liebe
    Daisy xxxxxxx
    Nachdem Isabelle etwas förmlicher – »Liebe Miss Keen«, »Mit freundlichen Grüßen« – geantwortet und erläutert hatte, dass sie
Doktorandin sei und in London Recherchen durchführen wolle, stellte sich im Zuge weiterer E-Mails heraus, dass Daisy in der Modebranche tätig war. Das erklärte auch den grellen rosa Hintergrund und die verschnörkelte Schrift ihrer Mails, beides nach Isabelles Dafürhalten hochgradig unpassend. Sie selbst bevorzugte für derartige Schriftwechsel die saubere Lesbarkeit von Palatino und schlichtes Schwarz-Weiß, schließlich handelte es sich um geschäftliche Korrespondenz. Enfin , Daisy war keine Französin, daher sollte Isabelle Nachsicht mit ihr haben.
    Während sie noch hin und her überlegte, gab Isabelles Freund Clothaire eines Morgens, als sie in seiner Wohnung im Bett lagen, zu bedenken, es wäre vielleicht besser, mit jemandem zu tauschen, der wie sie einen akademischen Hintergrund hatte.
    »Wenn diese Frau beruflich mit Mode zu tun hat, ist sie höchstwahrscheinlich eine Spinnerin oder ein Flittchen«, sagte er und strich ihr übers Haar, während er die Le Monde Diplomatique überflog. »Sie ist bestimmt ganz anders als du. Macht dir das keine Sorgen?«
    Tatsächlich hatte Clothaire nie besonders viel von Isabelles Plan gehalten und hatte sein Bestes getan, ihr den Tausch auszureden. London war ja für ein Wochenende ganz schön, aber warum länger bleiben? Ihr Freund, dachte Isabelle liebevoll, war ein Gewohnheitstier. Würde man ihm den Zugang zu den Buchhandlungen in Saint-Germain-des-Prés versagen, wo er so gern stöberte, die Spaziergänge im Jardin du Luxembourg, die Kinos auf dem Montparnasse und das Café, wo er jeden Tag zwischen den Vorlesungen zu Mittag aß (Salade landaise und ein Glas Brouilly), so würde er wahrscheinlich anfangen, nach Luft zu schnappen wie ein Fisch auf dem Trockenen.
    »Aber ich brauche doch nicht mit ihr zusammenzuwohnen «, wandte Isabelle in ihrem präzisen, melodischen Tonfall ein. »Genau
genommen habe ich überhaupt keinen Grund, mich mit ihr zu treffen. Das ist ein rein geschäftliches Arrangement.«
    Mit leicht verdrossener Miene legte Clothaire die Zeitung hin und nahm seine Schale mit Café au lait vom Frühstückstablett.
    »Du willst das also wirklich tun?«
    »Es ist wichtig für meine Doktorarbeit, das weißt du doch. Ich muss die englischsprachigen Quellen auswerten. Und ich finde, ich sollte jetzt fahren, bevor wir heiraten und eine Familie gründen. Danach komme ich wahrscheinlich nicht mehr dazu.«
    Eigentlich war das gar nicht Isabelles Meinung, sondern das, was Agathe gesagt hatte. Agathe war ihre beste Freundin und beriet Isabelle stets bei wichtigen Entscheidungen. Agathe mochte Clothaire – tatsächlich hatte sie Isabelle vor vier Jahren mit ihm bekannt gemacht. Isabelle könne von Glück sagen, dass sie so einen tollen Fang gemacht habe, sagte Agathe oft, um sie aufzuziehen. Andererseits hatte sie Isabelle immer zugeredet, nach London zu gehen. Es würde Clothaire guttun, wenn er sie mal eine Weile vermisste, meinte Agathe. Und er konnte ja ganz einfach mit dem Eurostar für ein Wochenende rüberfahren, wenn ihm der Sinn danach stand.
    Jetzt schmollte Clothaire hinter seiner Zeitung. »Es ist doch nur für ein Jahr«, beschwichtigte Isabelle. »Und sehr weit weg ist es auch nicht.«
    »Werd bloß nicht zur Engländerin, das ist alles«, knurrte Clothaire eingeschnappt. Isabelle lächelte ihn an und schlang die Arme um seinen Hals. Was für eine lächerliche Vorstellung. Sie war 25, und sie war Pariserin, kein naives kleines Provinzmäuschen. Sie war Großstädte gewöhnt. Wie könnte London sie irgendwie verändern?
     
    Drei Monate später, im Juni, schaute Isabelle zum wiederholten Male verzweifelt auf ihren brandneuen Londoner Stadtplan, dann
wanderte ihr Blick die Reihen roter Giebelhäuser hinauf und hinunter. Die verlassene Straße sah im morgendlichen Sonnenschein unheimlich aus, wie die Kulisse eines jener Angstträume, die sie immer vor Prüfungen oder vor einer wichtigen Vorlesung hatte. Zut, zut et zut, dachte sie gereizt. Das hier musste die richtige Straße sein, aber
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