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Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)

Titel: Hier und jetzt und Himbeerkuchen: Roman (German Edition)
Autoren: Agnes Nelle
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unantastbaren Erbstücke von seinen Eltern.
    »Du hast das Haus doch sowieso nie gemocht.« Jörg lächelt mich vorsichtig an. »Ständig hast du an den Antiquitäten meiner Eltern herumgenörgelt.«
    Pah! Als ob es ihm vor allem darum ginge, mich von meinen Problemen mit seinen Mief-Möbeln zu befreien!
    »Wie jung ist denn diese Frau?«
    »Einundzwanzig«, sagt er betont gelassen.
    »Einundzwanzig?« Mir wird kurz schwarz vor Augen. »Wie stellst du dir das denn vor? Wenn diese Frau nicht nur wild und so weiter ist … sondern auch noch viel jünger als du! Das ist doch lächerlich !«
    Jörg sieht mich bitterböse an und denkt kurz nach. Dann schüttelt er den Kopf.
    »Du hast zwei Wochen Zeit, hier auszuziehen, Iris.« Seine Stimme bebt leicht, und er steht entschlossen auf. »Ich gehe jetzt eine Runde Rennrad fahren!«
    »Aber … aber das machst du doch nie am Sonntagabend!«
    »Eben«, sagt Jörg und marschiert Richtung Wohnzimmertür.
    Er stolpert über seinen Trimmer, der immer noch auf dem Boden herumliegt, fängt sich aber. Wütend kickt er das Teil unter den Tisch und stapft aus der Tür.
    Also ich werde den nicht da wegräumen!
    Und reinigen schon gar nicht.

Zweites Kapitel
    Z u einer Magenspiegelung ?« Ich kann wirklich nichts dagegen tun, so schnell entgleiten mir die Gesichtszüge. Eigentlich wollte ich in der morgendlichen Stille meines Büros ungestört darüber nachdenken, was jetzt bloß aus meinem Leben werden soll.
    Oder wenigstens in Ruhe einen heißen Kaffee trinken.
    Und nun so was.
    »Iris, du guckst ja so … so gequält !«, ruft mein Vorgesetzter und, wie man sagen könnte, väterlicher Freund Bruno Feld.
    Natürlich tut er mir leid, wie er dort händeringend vor meinem Schreibtisch steht. Er ist Leiter des Ordnungsamtes und ich Sachbearbeiterin, Bereich geringe Ordnungswidrigkeiten. Sonst kann er anweisen, was ich zu tun habe. Aber nicht in diesem Fall. Nicht bei einem rein persönlichen Anliegen seinerseits.
    Und gequält gucken werde ich heute, so viel ich will.
    Bruno stützt sich auf meinen Schreibtisch und schüttelt ungläubig den Kopf. Ich sehe ihn stumm an. Er soll doch froh sein, dass ich heute überhaupt zur Arbeit erschienen bin. Nachdem ich die Nacht vor Jörgs Haus in meinem Auto verbracht habe.
    Mir blieb ja nichts anderes übrig!
    Keine Sekunde hätte ich mich noch mal neben Jörg ins Ehebett seiner Eltern gelegt. Oder es auf dem quietschenden Erbsofa im Wohnzimmer ausgehalten. Sobald er mit seinem Rennrad weg war, war ich in meinen geliebten mintgrünen Corsa geflüchtet, um zu Emma zu fahren. Oh, sie würde mir liebend gerne Asyl geben! Ich hatte den Zündschlüssel ins Schloss gesteckt und dann innegehalten. Verdammt, Emma war ja verreist! Zu einem ihrer Wellness-Wochenenden an der Ostsee!
    Mit dem Asyl würde es also erst morgen was werden.
    Seufzend hatte ich mich mit meiner Handtasche als Kopfkissen auf der Rückbank des Corsa einquartiert. Anstatt zu schlafen, war ich die ganze Nacht damit beschäftigt gewesen, so auszusehen, als ob ich schlafe. Und damit, nicht zu heulen. Falls Jörg aus dem Fenster schauen sollte.
    »Iris«, setzt Bruno in seinem gelassenen Bass noch mal an, »ich würde dich gewiss nicht bitten, Felix zu seiner Magenspiegelung zu begleiten, wenn ich selber Zeit hätte. Wenn mir nicht dieser wichtige Termin mit der Senatorin dazwischengekommen wäre. Ich bitte dich. Du bist doch sonst nicht so.«
    Oje. Das stimmt. Ich sehe Bruno ärgerlich an. Heute ist aber nicht sonst , würde ich ihn am liebsten aufklären – wenn er nicht gerade so sehr mit seinen eigenen Problemen beschäftigt wäre. Sonst übernachte ich nämlich nicht in erstaunlich kühlen Frühlingsnächten im Auto und fahre dann direkt zur Arbeit.
    Ohne Dusche.
    Ohne Frühstück.
    Und immer noch in der Jeans und dem T-Shirt, in denen ich es mir eigentlich am Abend zuvor mit einem Glas Milch und einem Buch gemütlich machen wollte.
    »Iris, ich bin da in einer wirklich schrecklichen Lage!«, stöhnt Bruno.
    Wunderbar. Er denkt, seine Lage sei schrecklich.
    Und dabei warte ich sehnlichst auf ein paar ungestörte Augenblicke, um mich mit dem Zusammenbruch meines Lebens zu befassen.
    »Bruno«, beginne ich und werfe einen Blick auf die Uhr an der Wand. Nicht mehr lange und mein erster Verkehrssünder kommt zwecks mündlicher Einlassung zu seinem Bußgeldverfahren.
    Bruno lehnt immer noch über meinem Schreibtisch, die Hände aufgestützt zwischen Behältern für Heftklammern,
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