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Heyne Galaxy 14

Heyne Galaxy 14

Titel: Heyne Galaxy 14
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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der Liebling der Weberinnen, ein rotgesichtiger Mann mit hellen Lidern und einem schelmischen Lächeln.
    »Nein, laßt auch mal die jüngeren 'ran«, sagte Vivana tadelnd. »Im Ernst, Gunner ist zu gut für euch alte Tanten.« Ohne sich um die empörten Zwischenrufe zu kümmern, fuhr sie fort: »Ich würde sagen, daß Viola die geeignetste wäre. Oder – einen Augenblick! Ich habe eine Idee – wie wär's mit Mary?«
    Die Mädchen schwiegen plötzlich und blickten auf das Mädchen in ihrer Mitte, das noch immer in ihre Arbeit vertieft war und kremigweiße Liase wob. Mary errötete heftig und senkte hastig den Kopf. Sie brachte kein Wort heraus. Sie war sechzehn und hatte noch keinen Liebhaber gehabt.
    Die Frauen blickten sie an, und ihre Gesichter verloren etwas von der Fröhlichkeit, die sie erfüllte. Hastig wandten sie sich ab und setzten ihr Geplauder fort.
    »Rudi!«
    »Ernestine!«
    »Huga!«
    »Areta!«
    »Clara!«
    Marys schmale Hände begannen zu zittern, und sie kam aus dem Takt. Sie stoppte den Webstuhl, lehnte sich vor und preßte ihre Stirn gegen das glatte Metall. Tränen brannten ihr in den Augen. Aber sie beherrschte sich. Mia, die neben ihr saß, durfte nichts merken.
    Unten auf der Straße wurde es plötzlich lebendig, und horchend erhoben sich die Mädchen. In das Dröhnen von Trommeln mischten sich die schrillen Töne von Flöten. Dazu sangen und lachten rauhe Männerstimmen.
    Ein Tor wurde aufgestoßen, und lautes Fußgetrappel kam die Treppe herauf. Die weißen Kleider raschelten, als sich die Schwestern erwartungsvoll umwandten und auf den Torbogen blickten.
    Eine Gruppe rangelnder Männer kam lachend in den Hof gestürzt, drängte sich zwischen die protestierenden und kreischenden Mädchen. Webstühle wurden umgestoßen.
    Dunkelhaarige, kräftige Mechaniker kämpften gegen blonde Chemiker, die Arme um den Hals verschränkt, während die Beine nach Halt suchten. Zwei Kämpfer verloren plötzlich die Balance und rissen zwei weitere Männer mit sich. Lachend und mit geröteten Gesichtern richteten sie sich wieder auf.
    Hinter ihnen stand eine einsame Gestalt, die Marys Blick auf sich zog. Der Mann war groß und schlank und hatte rotbraunes Haar und ein ruhiges, ernstes Gesicht. Während die anderen herumbrüllten und sich produzierten, sah er sich nur langsam um. Einen kurzen Moment ruhte sein Blick auf ihr, und sie spürte plötzlich einen Stich in ihrer Brust.
    »Liebes, was ist?« fragte Mia und lehnte sich zu ihr herüber.
    »Ich glaube, ich bin krank«, sagte Mary schwach.
    »Doch nicht jetzt!« rief Mia entsetzt.
    Wieder kämpften zwei Männer. Ein kurzer Hüftschwung, und der dunkle Mechaniker wurde zur Seite gewirbelt.
    Beifallsrufe wurden laut, und durch den Lärm dröhnte Vivanas kräftige Stimme. »Raus mit euch, ihr Fischköpfe! Seht euch das an! Die halbe Morgenarbeit habt ihr uns ruiniert! Seid ihr alle betrunken? Verschwindet!«
    »Wir haben heute frei!« rief einer der Mechaniker. »Ihr auch! Im ganzen Distrikt wird gefeiert – zu Ehren des Fischers! Worauf wartet ihr noch? Kommt mit!«
    Erregt verließen die Mädchen ihre Arbeitsplätze, und die Szene wurde noch bewegter. Nur der Fischer rührte sich nicht von der Stelle. Offen blickte er Mary an, und verwirrt wandte sie sich ab und raffte das mißratene Tuch auf, ohne daß sie es merkte.
    Sie sah aus den Augenwinkeln, daß sich zwei Mechaniker umgewandt hatten und den großen Mann jetzt über den Hof führten. »Violet! Clara!« riefen sie. Mary bewegte sich nicht und hielt den Atem an.
    Dann blieben sie an ihrem Webstuhl stehen. Der erste Augenblick war schlimm, denn sie glaubte sich nicht bewegen zu können. Schließlich blickte sie furchtsam auf. Da stand er, die Hände in den Taschen, etwas vornübergebeugt, und blickte auf sie herab.
    »Wie heißt du?« fragte er. Seine Stimme war leise und sanft.
    »Mary«, erwiderte sie.
    »Möchtest du heute abend mit mir gehen, Mary?«
    Überall in der Nähe wandten sich die Mädchen um. Schweigen breitete sich aus, und sie spürte die Sensationslust der anderen.
    Es ging nicht! Dabei sehnte sie sich so sehr danach, aber sie war viel zu ängstlich, und es gab zu viele Zuschauer. Traurig wollte sie verneinen und hielt erstaunt inne, als sie das Echo ihrer Stimme fröhlich sagen hörte: »Ja!«
    Plötzlich wurde ihr das Herz ganz leicht. Sie erhob sich, ließ den Stoff fallen, und als er die Hand ausstreckte, kuschelte sie die ihre hinein, als ob sie es nicht anders kannte.
    »Du hast
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