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Heyne Galaxy 09

Heyne Galaxy 09

Titel: Heyne Galaxy 09
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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halb drei Uhr morgens knallten die Blechdeckel zu.
    Die Männer hasteten in die Küche. Aus dem Metallkasten tönte hastiges Scharren, begleitet von ängstlichem Quieken. Gregor schaltete das Licht ein und hielt den Kasten mit der Unterseite nach oben unter die Lampe. Obwohl er wußte, daß keine Ratte die glatten Wände erklimmen konnte, öffnete er den Deckel nur sehr vorsichtig, Zentimeter um Zentimeter.
    Das Quieken wurde lauter.
    Gespannt blinzelten sie in den Kasten und waren halb darauf gefaßt, eine Ratte in voller Soldatenausrüstung vorzufinden, die eine weiße Fahne schwenkte.
    Doch sie sahen nichts.
    Der Kasten war leer.
    »Sie kann doch nicht entwischt sein«, rief Arnold.
    »Und hinausgebissen hat sie sich auch nicht. Hör doch!«
    Das Quieken, das aus dem Kasten zu hören gewesen war, wurde wieder lauter, begleitet von seltsamen kratzenden Geräuschen, als sei eine Ratte verzweifelt bemüht, die Wände ihres Gefängnisses zu erklimmen.
    Gregor steckte die Hand in die Falle und tastete vorsichtig herum.
    »Autsch«, schrie er und zog den Arm zurück. An seinem Zeigefinger waren zwei winzige Bißspuren zu sehen.
    Der Lärm in dem Blechkasten nahm zu.
    »Wir scheinen eine unsichtbare Ratte gefangen zu haben«, sagte Gregor betäubt.
    Der Seerianer verbrachte seinen Urlaub im Majestic-Hotel auf einem Planeten in der Catakinny-Wolke. Es dauerte fast zwei Stunden, ehe eine Verbindung mit ihm zustande kam. Gregor eröffnete die Unterhaltung mit dem Ausruf: »Sie haben uns nicht gesagt, daß die Siegs unsichtbar sind!«
    »Habe ich das nicht?« fragte der Seerianer. »Wie dumm von mir. Was ist damit?«
    »Sehr viel! Vertragsbruch, wenn Sie mich fragen«, wütete Gregor.
    »Aber nicht doch. Mein Rechtsanwalt, der zufällig auch seinen Urlaub hier verbringt, hat mir versichert, daß die Unsichtbarkeit eines Tieres in den Bereich ›Tarnfärbung‹ fällt und aus diesem Grunde als außergewöhnlicher oder gefährlicher Umstand in einem Ungeziefer-Vertilgungs-Vertrag nicht genannt zu werden braucht. Im Rechtswesen lassen sich die Gerichte sowieso nicht darauf ein, daß es einen Zustand der Unsichtbarkeit überhaupt gibt, solange noch eine Möglichkeit der Aufspürung besteht. Die Juristen nennen das eine relative Trübung, die ebenfalls nicht als zwingender Bestandteil einer solchen Vereinbarung angesehen wird.«
    Gregor fehlten im ersten Augenblick die Worte.
    »Wir armen Bauern müssen uns schützen, wissen Sie«, fuhr der Seerianer fort. »Aber ich setze sehr großes Vertrauen in Ihre Fähigkeiten. Guten Tag.«
    »Er hat sich wunderbar abgesichert«, gab Arnold zu und legte den Nebenhörer aus der Hand. »Wenn wir ihn von diesen unsichtbaren Ratten befreien, hat er ein gutes Geschäft gemacht. Wenn nicht, kassiert er Strafgelder.«
    »Unsichtbar oder nicht«, sagte Gregor, »die Morganisiermethode müßte eigentlich funktionieren.«
    »Tut sie aber nicht«, wandte Arnold ein.
    »Ich weiß. Aber warum nicht? Warum schlagen die Fallen nicht an, warum versagt das Tourniersystem?«
    »Weil die Ratten unsichtbar sind.«
    »Das sollte eigentlich nichts besagen. Sie schnüffeln doch immer noch herum wie Ratten, nicht wahr? Sie hören wie Ratten, sie sehen wie Ratten, sie denken wie Ratten – oder etwa nicht?«
    »Naja«, sagte Arnold, »aber wenn die Unsichtbarkeit wirklich auf eine Mutation zurückgeht, ist es durchaus möglich, daß sich auch ihre Wahrnehmungsfähigkeiten verändert haben.«
    Gregor runzelte die Stirn. »Und eine Veränderung ihrer Sinnesorgane würde eine Änderung unserer Lockmittel erfordern. Wir brauchen jetzt nur noch herauszufinden, inwiefern sich unsere Siegs von der Norm unterscheiden.«
    »Abgesehen von ihrer Unsichtbarkeit, meinst du wohl«, fügte Arnold nachdenklich hinzu.
    Aber wie testet man die Sinnesorgane einer unsichtbaren Ratte?
    Aus dem Wechselmobiliar des Seerianers begann Gregor eine Art Irrgarten zu konstruieren, dessen Wände bei der geringsten Berührung aufleuchteten. Auf diese Weise hoffte er die Bewegungen der unsichtbaren Nagetiere sichtbar zu machen.
    Währenddessen experimentierte Arnold mit verschiedenen Chemikalien und Farben, auf der Suche nach einem Mittel, durch das die Ratten wieder sichtbar würden. Nur einmal, bei einer besonders hochkonzentrierten Farbe, zeigte sich eine vorübergehende Wirkung. Wie durch Zauberhand erschien ein Sieg im Käfig – blinzelnd, mit zitterndem Naschen. Er starrte Arnold mit aufreizender Ruhe an und wandte ihm dann furchtlos den
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