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Heyne Galaxy 07

Heyne Galaxy 07

Titel: Heyne Galaxy 07
Autoren: Walter (Hrsg.) Ernsting
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Haarfarbe, die gleichen Augen.«
    Er seufzte und schüttelte seinen Kopf.
    »Haben Sie ihn eigentlich nie auf der Schule getroffen?« fragte er.
    »Nein.«
    »Sind Sie sicher? Er war für sein Alter sehr groß, fast ein Athlet. Er hatte dunkle Haare, und wenn er lächelte, war es, als bräche die Sonne durch die Wolken.«
    »Ich glaube«, sagte ich, »Sie haben vergessen, wie es damals war, Thorne. Natürlich waren die Raumakademien eine feine Sache. Aber was war mit den jungen Männern, die nicht hinein durften und die sich den Weg in den Weltraum auf andere Art erkaufen mußten? Sie lernten schnell, oder sie starben. Diese Tage sind nun vorbei, und heute ist alles bestens geordnet; alles ist sicher und nicht mehr mit dem zu vergleichen, was früher einmal war. Glauben Sie vielleicht, daß Ihr Sohn Ihnen dankbar ist für das, was Sie ihm angetan haben?«
    »Er hat selbst gewählt«, sagte Thorne.
    »Nein, Sie waren es, der ihn dazu gezwungen hat.« Ich holte tief Luft. »Im übrigen sind Sie ja nicht einmal sicher, daß er jemals die Erde verließ.«
    »Er ging in den Weltraum«, sagte der alte Mann. »Darum hat er ja das Geld gestohlen. Er brauchte das Geld, um sich seinen Platz in der Raumakademie zu erkaufen. Ich bin sicher, daß es so war.«
    »Darum also sind Sie hier auf dem Mond und sehen sich jeden an, der landet oder startet?«
    Er machte eine etwas hilflose Geste.
    »Das ist alles, was ich tun kann. Ich bin alt, um mich selbst auf die Suche zu machen. Ich habe keinen der medizinischen Tests bestanden. Vielleicht hat Tony seinen Namen gewechselt, und niemand weiß etwas davon. Aber eines Tages muß er doch nach Hause zurückkommen! Und wenn er das tut, bin ich hier und warte auf ihn.«
    »Sie sind verrückt.« Ich stand auf und schritt einige Male in dem engen Raum auf und ab. Ich betrachtete die Wand, als hätte ich sie noch nie gesehen, dann drehte ich mich um. »Jawohl, verrückt! Hören Sie mir genau zu. Wie lange sind Sie schon hier? Zwei Jahre? Drei? Und er ist immer noch nicht gekommen. Warum kehren Sie nicht endlich zur Erde zurück?«
    »Ich muß hierbleiben. Mein Herz hielte keinen Flug mehr aus.«
    Er stand auf und ging schwankend zur Tür.
    »Sie werden also hierbleiben, bis Sie sterben?«
    »Ja, Frank«, sagte er ganz ruhig. »Ich werde hierbleiben, bis ich sterbe.«
    »Und Sie werden immer dort in der Empfangshalle stehen und sich jeden ansehen, der auf dem Mond landet? Das wollen Sie tun – ein Jahr, zwei Jahre, vielleicht drei Jahre noch? Immer, wenn ich hier lande, werden Sie dort warten?«
    »Ja, so wird es sein.«
    »Gehen Sie jetzt«, sagte ich. »Gehen Sie jetzt und lassen Sie mich allein.«
    Nachdem er gegangen war, kam mir das kleine Zimmer fast wie eine Gefängniszelle vor. Eine Weile blieb ich still auf meinem Stuhl sitzen, dann nahm ich meine Toilettenartikel, ging hinaus auf den Gang und suchte den Gemeinschafts-Waschraum auf. Ich duschte, rasierte mich und tat alles, um mich frisch zu machen. Aber es war Zeitverschwendung. Wenigstens in meinem Fall.
    Wieder in meinem Zimmer, zog ich die gute Uniform an, um ein wenig auszugehen. Vergnügungen auf dem Mond beschränkten sich zumeist auf Hallensport, wenn auch neuerdings eine Firma für Bergsteigen und Staub-Ski Werbung machte. Mich interessierte beides nicht. Ich begab mich also in die Bar. Nach dem zweiten Glas sah ich auf und bemerkte, daß Dumarest den Raum betrat. Er zögerte, als er mich erblickte, dann verschwand er wieder nach draußen. Es überraschte mich nicht. Dumarest trank gern und viel, und für ihn war ich kaum der richtige Gesellschafter.
    An Bord, wo Alkohol verboten war, hatte ich nichts zu befürchten. In einer Bar aber, wo man trinken konnte, mußte ich vorsichtig sein; ich wußte, wie sehr der Alkohol die Zunge zu lösen vermag.
    Ich war seit sechzehn Jahren schon vorsichtig.
    Zwei weitere Bars suchte ich noch auf, ehe ich mich entschloß, ins Kino zu gehen.
    Der Film war eine richtige Schnulze. Er handelte von einem Jungen mit einem Hund und seiner alten weißhaarigen Mutter. Eine rührselige Geschichte ohne viel Inhalt, aber die Landschaftsaufnahmen von der Erde fesselten mich. Ich roch das Grün der Bäume und hörte den Wind in den Zweigen. Ich sah die ziehenden Wolken am Himmel und spürte fast den Regen auf meiner Haut.
    Für die Dauer des Films war ich auf der Erde, bei den grünen Pflanzen und blauen Flüssen, ich stand auf dem Boden des Planeten, auf dem ich geboren wurde und den ich ein halbes Leben
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