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Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012

Titel: Heyne - Das Science Fiction Jahr 2012
Autoren: Sascha u. a. Mamczak
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Ursprung nachzuspüren: von der mesopotamischen Unterwelt über das ägyptische Jenseits, dem Reich des Pluto, der christlichen Hölle, dem Utopia von Thomas Morus, der Insel der Houyhnhnms und von Dr. Moreau bis zum Planeten X und Gethen und Chiron. Diese anderen Welten hat es in zahlreichen Kulturen gegeben, innerhalb derer sich viele unterschiedliche Ursprungslinien nachzeichnen lassen. Ist die Neigung, solche Welten hervorzubringen, vielleicht eine wesentliche Eigenschaft der menschlichen Phantasie, des limbischen Systems und des Neocortex, ebenso wie die Empathie?
    Kleider machen Leute
    Es war einmal eine Zeit, da trugen übermenschliche Geschöpfe Gewänder wie Engel oder gar nichts wie der Teufel, doch die Kleidung der Superhelden des 20. Jahrhunderts hat ihren Ursprung in Modeerscheinungen, die nicht gar so weit zurückliegen. Die hautenge Kluft mit dem Badeanzug über dem Unterleib, dem breiten Gürtel und den wadenhohen Stiefeln stammt wahrscheinlich von der archaischen Zirkuskleidung der Jahrhundertwende ab, vor allem von der der Hochseilartisten und Kraftmenschen. (Erfreulicherweise schließt sich hier ein Kreis, wenn sich die Stars von World Wide Wrestling heute in Kostüme kleiden, die jenen der Comicfiguren ähneln, deren farbenprächtige und den Waschbrettbauch entblößende Kluft wiederum an die frühen Muskelmänner gemahnt.)

    Das Cape geht möglicherweise auf die Ritter zurück, die in der präraffaelitischen Kunst allgegenwärtig waren und den Erfindern der Superhelden geläufig gewesen sein dürften, oder – etwas zeitnaher – auf Bela Lugosi als Dracula in dem Schwarz-Weiß-Film desselben Titels, damals, als Vampire noch finstere Gestalten waren und unangenehm rochen und noch nicht im Sonnenlicht und in den Träumen junger Mädchen funkelten, wie es heute eher der Fall zu sein scheint. Außerdem gab es noch die Tarnkappe der Sagen-und Märchenwelt, die, technologisch verbrämt, in Wells’ »Zeitmaschine« wieder auftaucht und dann, in ihrer ursprünglichen magischen Gestalt, in den Harry-Potter-Büchern. In William Gibsons »Neuromancer« wurde sie dann zu einem völlig neuen Tarnmaterial. Aber keiner der frühen Comichelden besaß eine Tarnkappe, wahrscheinlich weil es nur schwer möglich war, einen unsichtbaren Menschen zu zeichnen. (Allerdings kommt der durchscheinende Hubschrauber von Wonder Woman, der mit gepunkteten Linien dargestellt wird, der Unsichtbarkeit einigermaßen nahe.)
    Das Tragen einer Maske war für Superhelden nicht obligatorisch: Weder Superman noch Captain Marvel benötigten eine Maske, um ihre Identität zu verbergen, denn beide konnten in einen völlig anderen Körper schlüpfen. (Clark Kents Fähigkeit, in einer Telefonzelle seinen Reporteranzug abzustreifen und plötzlich zu etwas weit Größerem und Muskulöserem zu werden, wurde allerdings nie angemessen erklärt.) Batmans Maske mag der Tradition der Commedia dell’arte entstammen oder der von Rittern mit geheimen Namen wie Ivanhoe. Oder – und jetzt wird es immer unheimlicher – dem Phantom der Oper oder Fantômas, einem maskierten und ebenfalls französischen bösen Genie aus der Zeit der Jahrhundertwende. Vielleicht geht sie aber auch lediglich auf die üblichen maskierten Ganoven der Comics
zurück. Da Batman sterblich ist und sich auch nicht körperlich von einer Gestalt in eine andere verwandeln kann, ist leicht einzusehen, warum er eine Maske braucht.
    Superman in der Telefonzelle – nach missglückter Wandlung
    Kleidung – oder besondere Kostüme und Insignien – dieser Art haben natürlich eine lange Tradition. Mit Zeremonien wie etwa bei Universitätsabschlüssen sind wir vertraut; dabei erhält man einen kapuzenähnlichen Gegenstand, einen Hut oder eine Schriftrolle und wird so zu einer neuen
Person. Bei der Investiturzeremonie eines Papstes bekommt der neue Papst einen Fischerring, der ihm in den Augen der Gläubigen große spirituelle Macht verleiht, über die er ohne dieses Symbol nicht verfügen würde. (Ringen werden schon lange besondere Fähigkeiten zugesprochen; man denke nur an die magischen Ringe in »Tausendundeine Nacht« oder an den Ring-Zyklus von Richard Wagner und den mit diesem durchaus in Beziehung stehenden »Herrn der Ringe« von J. R. R. Tolkien, die sich beide auf weit ältere Traditionen beziehen.) Bei Krönungen fungieren Krone und Zepter als magische Gegenstände: Sie verkörpern die Rolle des Königs, wie der König einst das Reich verkörperte, das er regierte. Je
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