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Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod

Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod

Titel: Hexer-Edition 20: Hochzeit mit dem Tod
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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gewartet«, flüsterte sie. »Wie lange. Oh, wie unendlich lange.«
    »Wer … bist … du?«, stöhnte ich. »Wer … bist du wirklich, Pri?«
    »Nicht die, für die du mich hältst«, kicherte Priscylla, und für einen Moment verlor sie jede Ähnlichkeit mit einem Menschen, war nur noch ein Ungeheuer, Monster, Hexe, Dämon, alles in einem und doch nichts von allem.
    »Ich habe auf dich gewartet, Robert«, sagte sie kichernd. »Sehr, sehr lange. Erst auf deinen Vater und dann, als ich erfuhr, dass es ihn nicht mehr gab, auf dich. Und du bist gekommen.« Sie lachte wieder, nahm das entsetzliche grünlodernde Ding aus meinen verbrannten Händen und stand auf. Ich sah, wie auch ihre Haut unter der Hitze schwarz wurde und verkohlte, aber sie schien den Schmerz nicht zu spüren. Ihr Körper war nur eine Hülle; ein Werkzeug, das seinen Dienst – fast – getan hatte und ruhig zerstört werden konnte.
    »Du bist gekommen«, wiederholte sie. »Du bist gekommen, um das Werk zu vollenden.«
    Sie sah mich nicht an bei diesen Worten. Ihr Blick war starr auf das zuckende glühende Ding in ihren Händen gerichtet. Das grüne Licht spiegelte sich in ihren Augen, aber da war noch etwas; etwas Unheimliches, Totes, das mich fast schreien ließ.
    »Wer … bist du?«, stöhnte ich noch einmal.
    »Dein Schicksal«, kicherte Priscylla. »Du hast gedacht, du könntest vor mir davonlaufen, wie? O ja, eine Weile ist es dir sogar gelungen, aber jetzt habe ich dich eingeholt.«
    »Dann … dann warst du nie … Priscylla. Alles nur Illusion?«, wimmerte ich. Der Gedanke war schlimmer als die Schmerzen, schlimmer als das untrügliche Wissen sterben zu müssen, nicht irgendwann und irgendwo, sondern jetzt, hier und in den nächsten Augenblicken. Dies alles sollte falsch gewesen sein? Alles, was ich zu spüren geglaubt hatte – ihre Liebe, ihre Sanftheit, ihre Zuneigung – es war unmöglich.
    »Nicht alles«, sagte Priscylla hart. »Dieser Körper ist nur ein Werkzeug, einer von tausenden, deren wir uns bedient haben. Aber durch deine Hilfe ist er zum letzten Werkzeug geworden. Es wird geschehen. Nichts kann es jetzt mehr aufhalten, jetzt. Nichts!«
    Damit hob sie das grün flimmernde Ding, das sich aus den SIEGELN gebildet hatte, hoch über den Kopf.
    Von draußen drang ein ungeheurer Donnerschlag herein.
    Instinktiv sah ich zum Fenster.
    Auch das letzte bisschen Licht war erloschen. Die Dunkelheit lastete wie eine Mauer vor dem Fenster und es war mehr als bloße Dunkelheit, mehr als die pure Abwesenheit von Licht. Etwas war da, etwas, das Licht und Geräusche und alle Dinge meiner Welt durch seine bloße Anwesenheit vertrieb – und das näher kam. Näher und näher und immer näher. Der Boden zitterte. Ein tiefes, schmerzhaft klingendes Stöhnen lief durch das Haus. Die Blitze zuckten immer rascher.
    Und dann traf einer das zerborstene Fenster.
    Eine Linie aus unerträglich grellem, zischendem Licht jagte im Zickzack über den Boden, brannte eine rauchende Spur in die Dielen, berührte fast spielerisch die Bücherregale und setzte sie in Brand, huschte weniger als einen Yard an mir vorbei – und bohrte sich in das grüne Ding in Priscyllas Händen.
    Das SIEGEL und ihr Körper glühten auf. Ein entsetzlicher, durch und durch unmenschlicher Schrei übertönte das Heulen des Sturmes und das unheimliche elektrische Zischen des Blitzes. Ich spürte die ungeheure Energie, die durch das SIEGEL floss und irgendetwas in Gang setzte, etwas, das ich nicht verstand, dessen Konsequenzen aber entsetzlich sein mussten.
    Der Blitz erlosch nicht.
    Er erstarrte. Es war unmöglich, widersprach allen Naturgesetzen, aber es geschah: Der Blitz fror regelrecht ein, wurde zu einem zuckenden Tentakel aus purer, blauweiß knisternder Energie, der beinahe liebkosend über den grünen Riesenkristall strich.
    Dann traf ein zweiter, noch ungeheuerlicherer Schlag das Haus.
    Diesmal explodierte die Tür der Bibliothek.
    Wie von einem Hammerschlag getroffen, flog sie nach innen, prallte mit solcher Wucht gegen die Wand, dass sie in mehrere ungleich große Teile zerbarst, und fing Feuer. Ein zweiter, blau-weißer Blitz fraß sich seinen Weg durch Mauerwerk und Holz und traf das grüne Etwas in Priscyllas Händen. Eine Hitzewelle ließ den hereinwirbelnden Schnee verdampfen. Ich bekam kaum noch Luft.
    Ein dritter Blitz stanzte wie eine Lanze aus purem Licht durch das Dach des Hauses, brannte ein mannsgroßes Loch durch Fußböden und Decken und traf zielsicher das
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