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Hexer-Edition 13: Ein Gigant erwacht

Hexer-Edition 13: Ein Gigant erwacht

Titel: Hexer-Edition 13: Ein Gigant erwacht
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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beobachtet, Robert. Gestern den ganzen Abend und auch danach, als wir von diesem … diesem Ding überfallen worden sind. Du hast keine Angst vor einem Schleicher wie Teagarden.«
    »Glaubst du?«, fragte ich ausweichend. Worauf wollte sie hinaus?
    »Du bist wegen Sitting Bull hier«, behauptete sie.
    Damit kam sie der Wahrheit näher, als mir lieb war. Wenn es auch nicht ganz stimmte.
    »Warum sollte ich?«, fragte ich.
    Annies Blick wurde ein ganz kleines bisschen kälter. »Ich weiß nicht, wer du bist, Robert«, sagte sie. »Und vor allem, was du bist. Aber wer immer dich geschickt hat und was immer er dir über Sitting Bull erzählt hat – es stimmt nicht. Er ist einer der aufrichtigsten Männer, die ich jemals kennen gelernt habe.«
    »Daran zweifle ich nicht«, antwortete ich, aber Annie schien meine Worte gar nicht gehört zu haben, denn sie redete einfach weiter, in jenem sonderbar gehetzten, schnellen Ton, der mir verriet, dass sie sich die Worte lange und sorgsam zurechtgelegt hatte und sie nun hervorsprudelte, um mir keine Gelegenheit zum Widerspruch zu geben.
    »Bill nimmt Sitting Bull nicht nur mit nach Europa, um seiner Show eine weitere Attraktion hinzuzufügen«, sagte sie, »sondern vor allen, um ihn endlich aus diesem verdammten Land hinauszubringen. Er ist nicht schuld an dem, was geschehen ist, glaube mir, Robert. Custer und die anderen haben die Verträge gebrochen. Sie haben die Indianer betrogen damals. Sitting Bull hatte gar keine andere Wahl.«
    »Custer?«, murmelte ich verstört. »Was hat denn Custer damit zu tun?«
    Für einen Moment wirkte Annie verwirrt. Dann huschte ein Ausdruck über ihr Gesicht, der irgendwo zwischen Ärger und Betroffenheit lag. Plötzlich stand sie auf, mit einer abrupten Bewegung, die ihre wahren Gefühle weit deutlicher verriet, als es ihre Worte getan hatten. »Du willst also nicht«, sagte sie kalt. »Gut. Ich habe es wirklich gut gemeint, Robert. Bill wird dich erschießen, wenn du auch nur einen Finger gegen Sitting Bull hebst. Ich habe dich gewarnt.«
    Sie wollte sich umwenden und gehen, aber diesmal war ich schneller und hielt sie am Arm zurück. »Zum Teufel, Annie, ich habe keine Ahnung, wovon du sprichst!«, sagte ich zornig. Das war nicht einmal gelogen. Auch wenn ich kein gebürtiger Amerikaner gewesen wäre, hätte mir der Name Custer eine Menge gesagt – aber was hatte der vor zig Jahren gefallene General mit unserer derzeitigen Situation zu tun?
    Annie riss ihre Hand mit einem wütenden Ruck los und funkelte mich an. Trotz allem wirkte sie unsicher. »Frag Bill«, sagte sie. »Vielleicht glaubt er dir ja.« Und damit fuhr sie herum und rauschte endgültig davon.
    Einen Moment lang blickte ich ihr nach, dann wandte ich mich um, bückte mich nach meiner Jacke, die ich bisher zusammengeknüllt als Kopfkissen benutzt hatte, streifte sie über und machte mich auf die Suche nach Cody. Ich würde Annie Oakleys Ratschlag beherzigen.
    Vorerst fand ich Buffalo Bill nicht, aber dafür hatte ich während der nächsten halben Stunde alle Hände voll zu tun, die schier zahllosen Verwundeten zu versorgen, auf die ich während meiner Suche stieß.
    Es gab kaum einen, der nicht auf die eine oder andere Art verletzt war, und viel zu wenig Möglichkeiten, ihnen zu helfen. Auch ein gebrochener Finger ist eine üble Sache, wenn die einzige Medizin, die man hat, aus gutem Zureden besteht. Ohne Sitting Bull, der nicht nur ein alter Indianer, sondern offensichtlich auch ein begnadeter Medizinmann war, wie ich schließlich am eigenen Leibe erfahren hatte, hätte es schlimm ausgesehen.
    Schließlich entdeckte ich Cody hinten beim Wrack des langsam ausbrennenden Gepäckwagens. Er war zusammen mit einer Hand voll anderer Männer damit beschäftigt, aus dem Wrack zu retten, was zu retten war. Auch ein Stück Zeltbahn ist immerhin ein besserer Verband als gar nichts.
    Ich hob die Hand, winkte ihm zu und setzte mich in Bewegung. Aber ich hatte kaum die halbe Strecke zurückgelegt, als ich abrupt stehen blieb.
    Aus der Dunkelheit hinter dem brennenden Wagen kamen Reiter hervor.
    Sehr viele Reiter – fünf, zehn, fünfzehn … Es war ein gewaltiger Trupp, der da herangeritten kam und im weiten Halbkreis ausschwenkte, gerade so dicht an der Grenze des flackernden Feuerscheines, dass die Männer wohl zu sehen, nicht aber zu erkennen waren. Für eine Sekunde machte sich ein Gefühl tiefer Erleichterung in mir breit. Aber nur für eine Sekunde, denn dann fiel mir auf, wie sonderbar
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