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Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe

Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe

Titel: Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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bedächtig.
    »Lesen Sie keine Zeitung?«, fragte er plötzlich.
    Ich verneinte. »Fast nie. Warum?«
    »Sie wüssten, warum ich hier bin, täten Sie es«, antwortete Bannermann. »Es war vor … vor zweieinhalb Monaten. Ich habe ziemlich schnell wieder ein Kommando bekommen, nach der Geschichte mit der Lady, wissen Sie? Nichts Besonderes, nur ein altersschwacher Schoner, der Bananen und Taranteln von Britisch Kolumbien nach Aberdeen brachte, aber es war ein Kommando. Wir waren dicht unter der Küste, keine zwei Stunden mehr vom Hafen entfernt, als wir in einen Sturm gerieten. Nicht besonders schlimm, aber heftig genug, um draußen zu bleiben. Ich wollte … abwarten, bis das Schlimmste vorbei war, und dann in aller Ruhe in den Hafen einlaufen.« Er stockte, trank wieder einen kleinen Schluck und fuhr sich nervös mit der Zungenspitze über die Lippen.
    »Ich habe das Schiff verloren«, sagte er plötzlich. »Außer mir ist nur ein einziger Mann der Besatzung mit dem Leben davongekommen. Wir sind gesunken.«
    »Der Sturm?«, fragte ich leise.
    Bannermann starrte mich an, trank nervös und schüttelte plötzlich den Kopf. »Nein. Sie … Sie sind der Einzige, dem ich es erzählen kann. Der Einzige, der mir glauben würde. Ich habe versucht, die Wahrheit zu sagen, aber sie halten mich für verrückt. Sie glauben, ich wäre ein Feigling und Versager. Sie denken, ich hätte alles erfunden, um mich zu rechtfertigen.«
    »Was sollen Sie erfunden haben?«, fragte ich.
    »Das Ungeheuer«, antwortete Bannermann.
    »Was?« Verwirrt starrte ich ihn an.
    »Ich weiß nicht, was es war«, begann Bannermann mit leiser, stockender Stimme. Sein Blick wich dem meinen aus und seine Finger fuhren in einer unablässigen Folge kleiner, unbewusster nervöser Bewegungen über den Rand des Glases, das ich ihm gereicht hatte. Seltsamerweise trank er nicht mehr. Es schien ihm zu genügen, es in der Hand zu halten. »Zuerst dachten wir, es wäre ein Wal. Sie verirren sich manchmal in diese Gewässer, wissen Sie?«
    Ich nickte, obwohl ich ganz und gar nicht wusste, aber Bannermanns Frage war ohnehin rein rhetorisch gewesen.
    »War es einer?«, fragte ich.
    Bannermann lachte, hob nun doch das Glas an die Lippen, trank einen mächtigen Schluck und hustete. »Nein«, sagte er, nachdem sich sein Atem wieder beruhigt hatte. »Es … es kam näher und da konnten wir sehen, wie groß es war. Viel größer als unser Schiff. Viel zu groß für einen Wal. Mein Gott, Craven, ich … ich habe niemals ein Lebewesen gesehen, das so verdammt groß war.«
    »Wie groß?«, fragte ich betont. »So groß wie – «
    »Wie das Ding, das die Lady vernichtet hat?«, führte er den Satz zu Ende.
    Ich nickte, und Bannermann schüttelte den Kopf.
    »Nein. Es war größer, viel größer. Achtzig Yards, schätze ich. Wenn nicht mehr. Und es bewegte sich unglaublich schnell. Es … es kam näher wie ein Torpedo.«
    »Sind Sie sicher, dass es ein Lebewesen war?«, fragte ich.
    Bannermann lachte rau. »Was soll es sonst gewesen sein?«, fragte er. »Es hat das Schiff ein paarmal umkreist. Es war riesig, groß wie ein Berg, aber es hat sich so elegant bewegt wie ein Delfin. Ein paarmal ist es untergetaucht und wieder hochgekommen. Und dann … dann …« Er stockte, leerte sein Glas mit einem hastigen Zug und hielt es mir hin. Ich schüttelte den Kopf.
    »Was dann?«, fragte ich.
    »Dann hat es das Schiff gerammt«, sagte Bannermann. Seine Stimme begann zu zittern, und als ich in seine weit aufgerissenen Augen blickte, begriff ich, dass er in diesem Moment alles noch einmal erlebte.
    »Es … es ging alles so schnell«, sagte er. »Ich weiß nicht einmal, was wirklich passiert ist. Es gab einen Schlag und dann brach das Schiff auseinander, einfach so, wie von einer Breitseite getroffen. Ich selbst stand vorne am Bug, als es passierte, zusammen mit McGillycaddy.«
    »McGillycaddy?«, unterbrach ich ihn.
    »Der Mann, von dem ich Ihnen erzählt habe, Craven«, antwortete Bannermann. »Der einzige Überlebende, außer mir. Mein Zahlmeister. Wir wurden über Bord geschleudert, aber ich konnte deutlich sehen, wie das Ungeheuer das Schiff in die Tiefe gerissen hat. Es … es ist nichts übrig geblieben, Craven, buchstäblich nichts. Nicht einmal Trümmer.«
    »Und die Besatzung?«, fragte ich.
    Bannermanns Miene verdüsterte sich. »Tot«, sagte er. »Sie müssen ertrunken sein. Ertrunken oder von diesem Monstrum verschlungen.«
    Er sprach nicht weiter und auch ich schwieg eine
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