Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe

Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe

Titel: Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe
Autoren: Wolfgang Hohlbein
Vom Netzwerk:
von hochspritzendem Schaum und Wasser und wirbelnden silbernen Luftblasen Thruman und den anderen die Sicht.
    Es war ein Blattschuss. Ein Treffer wie aus dem Lehrbuch, wie er genauer nicht mehr sein konnte. Ein dumpfer, berstender Ruck ging durch den Rumpf des Schiffes, und irgendetwas Gigantisches, Graues, schien sich hinter dem Vorhang aus kochendem Schaum aufzubäumen. Plötzlich begann das Meer zu zittern. Ein ungeheuerlicher Schatten huschte unter der Arrow hindurch, vollführte eine fast unmögliche Drehung und versank wie ein Stein. Die gewaltige Masse des Ungeheuers reichte, für Sekunden einen Sog zu erzeugen, der selbst die Arrow in Bewegung setzte. Das kleine Küstenboot legte sich auf die Seite, wurde nach vorne und herab gesogen und begann sich wie ein Kreisel zu drehen, ehe die Kraft der Dieselmotoren den Sog des Wassers brach und es stampfend und bockend zum Stillstand brachte.
    Mühsam rappelte sich Thruman auf. Der plötzliche, mehrfache Ruck hatte nicht nur ihn von den Füßen gerissen, aber keiner seiner Männer schien ernsthaft verletzt zu ein, wie er mit einem raschen Blick feststellte. Einer von ihnen war sogar schon wieder dabei, die Haubitze neu zu laden, falls das Monstrum ein zweites Mal auftauchen sollte.
    Allmählich beruhigte sich das hektische Schaukeln und Zittern des Schiffes. Das Meer schäumte noch immer, und aus der Tiefe stiegen unablässig große, glitzernde Luftblasen empor und zerplatzten rings um die Arrow – aber von dem Ungeheuer war keine Spur mehr zu sehen. Die Granate musste es auf der Stelle getötet und zurück in das eisige dunkle Grab geschleudert haben, aus dem es auferstanden war.
    Und gleichzeitig wusste Thruman, dass es nicht so war. Die Haubitze war eine gewaltige Waffe; ihre Granaten mochten in ihrer Wirkung fürchterlich genug sein, einen Elefanten zu töten, vielleicht sogar einen von Spears Blauwalen. Aber ein Lebewesen von der fünffachen Größe der Arrow? Wie ein Jäger, der einer noch unsichtbaren Beute auflauert, spürte er einfach, dass das Ungeheuer noch da war, tief unter ihnen, verborgen und versteckt, aber lauernd.
    Plötzlich erbebte das Schiff unter seinen Füßen wie unter einem Hammerschlag, er hörte Schreie, ein gewaltiges Rauschen und Klatschen, als breche etwas Riesiges unmittelbar hinter der Arrow durch die Meeresoberfläche, fuhr herum – und erstarrte vor Entsetzen.
    Das Letzte, was Kapitänleutnant Thruman in seinem Leben sah, war eine haushohe, wie eine Wand aus Glas nach vorn geneigte Bugwelle, hinter der ein gewaltiger, schwarzgrau glänzender Schatten heranraste und die Arrow unter sich zermalmte.
     
    Wir waren hinaufgegangen – nicht in die Bibliothek, denn nach vier Tagen, in denen ich mich darin eingeschlossen und praktisch ununterbrochen gearbeitet hatte, glich sie eher einem Trümmerhaufen als einem bewohnbaren Zimmer – und Mary hatte uns frischen Kaffee gebracht, dazu ein Tablett mit belegten Broten, über die Bannermann ohne ein weiteres Wort hergefallen war, als wäre er ausgehungert. Und obwohl ich vor Neugierde schier aus den Nähten platzte, hatte ich mich geduldet und die Zeit genutzt, ihn eingehend zu mustern.
    Sein Anblick erschütterte mich. Ich hatte Bannermann als zwar ernsten, aber durchaus lebensbejahenden Menschen in Erinnerung, als einen Mann, der vielleicht nicht glücklich war mit dem Platz, den ihm das Schicksal zugewiesen hatte, aber das Beste daraus zu machen verstand.
    Jetzt saß ich einem körperlichen und seelischen Wrack gegenüber. Mein erster Eindruck, dass er krank sei, war falsch gewesen. Die dunklen Linien in seinem Gesicht waren Spuren, die Sorge und Not hineingegraben hatten, und das Feuer in seinen Augen brannte vor Verbitterung. Seine Hände zitterten unentwegt und obwohl er vier oder fünf Tassen Kaffee in sich hineinschüttete, blieben seine Lippen trocken und rissig. Ich war nicht sehr überrascht, als er sein Frühstück beendet hatte und mich um einen Whisky bat.
    Schweigend stand ich auf, füllte ein Glas und nahm vorsichtshalber die Flasche gleich mit zurück zum Tisch. Bannermann leerte den ersten Drink, schenkte sich das Glas erneut – und bis unter den Rand – voll und trank beinahe gierig. Als er meinen Blick bemerkte, stockte er für einen Moment. Aber nur für einen Moment.
    »Wie lange trinken Sie schon?«, fragte ich, als er sich den dritten Whisky eingoss.
    Bannermann sah mich ernst an, nahm einen gewaltigen Schluck und drehte das Glas in den Fingern. »Seit ein paar
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher