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Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe

Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe

Titel: Hexer-Edition 09: Dagon - Gott aus der Tiefe
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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plötzlich anders, als wäre ein großer Körper irgendwo in der Nähe des Bootes aufgetaucht und störe das sanfte Hin und Her des Wassers?
    Mit aller Macht kämpfte das schwarzhaarige Mädchen die aufsteigende Panik nieder, schloss die Augen und presste die Lider so fest aufeinander, dass es wehtat und farbige Kreise vor ihren Augen erschienen. Ihr Herz schlug noch immer wie rasend, aber zumindest im Moment hatte sie sich noch weit genug in der Gewalt, die Panik ein letztes Mal zurückzudrängen.
    Als sie die Augen öffnete, war der See wieder normal. Die Geräusche, die sie umgaben, waren die des Wassers, mehr nicht, und das Einzige, vor dem sie Angst haben musste, war ihre eigene Furcht.
    Aber sie wusste, dass das nicht so bleiben würde. Der Anteil von Grau in der Farbe des Himmels war größer geworden und hinter den Wolken war eine verwaschene helle Scheibe aufgetaucht.
    Der Mond. Bald würde das Licht der Sonne vollends erlöschen, der Mond würde herrschen wie ein böses kaltes Auge und kurz darauf würde er erscheinen.
    Dann würde sie sterben.
    Jennifer dachte es ganz kalt. Sie war vor drei Wochen neunzehn geworden – eigentlich noch ein Kind, wenn man ihren Eltern glauben wollte – und vielleicht war sie einfach zu jung, um zu begreifen, was das Wort »Tod« bedeutete. Sie hatte keine Angst davor. Sie hatte ihre eigene Philosophie, schon seit langer Zeit, und alles, was sie empfand, war eine gelinde Neugier, ob – und wenn ja, was – es danach geben würde.
    Aber sie hatte panische Angst vor dem Sterben, vor dem, was er mit ihr tun würde, vor dem, was kommen würde, obwohl sie gar nicht wusste, was. Aber das war ja gerade das Schlimme. Die Ungewissheit. Die Schrecken, die ihr die eigene Phantasie vorgaukelten.
    Sie spürte, wie sich das hektische Pochen ihres Herzens beruhigte, sah noch einmal in den Himmel und stellte voller Schrecken fest, dass sich in das Grau jetzt ein sanfter Schimmer von Schwarz gemischt hatte. Noch Minuten – und die ersten Sterne würden wie kleine Leuchtkäfer am Himmel erscheinen, und dann -
    Wieder wollte Panik wie eine graue Woge aus ihrem Inneren aufsteigen – und wieder kämpfte sie das Gefühl nieder.
    Aber diesmal kostete es sie sehr große Anstrengung und zurück blieb eine Furcht, die wie das Fieber einer Krankheit in ihren Eingeweiden wühlte.
    Es wurde jetzt rasch dunkel. Von Westen – vom Meer her – trieben schwarze Wolken wie rauchige Fäuste heran und obgleich sie so lag, dass ihr der Bootsrand den Blick auf den See verwehrte, wusste sie, dass seine Oberfläche jetzt gekräuselt und vom Wind zu einem Muster aus Millionen ineinander laufender Kreise gemacht wurde. Es hatte einmal eine Zeit gegeben – und sie lag noch nicht einmal sehr lange zurück – da hatte sie diesen Anblick geliebt. Manchmal war sie sogar die drei Meilen vom Dorf her heraufgekommen, nur um diesen flüchtigen Augenblick zwischen Dämmerung und Nacht zu erleben, den kurzen Moment, in dem sich Licht und Dunkelheit zu einer verzauberten Welt vermischten.
    Aber das war gewesen, bevor sie das Geheimnis von Loch Firth kennengelernt hatte.
    Bevor die Angst Einzug in ihr Leben gehalten hatte.
    Ein eisiger Windhauch strich säuselnd über den See, und wieder schaukelte das Boot wie von unsichtbaren Händen bewegt auf den Wellen. Diesmal war sich Jennifer nicht mehr sicher, ob das Kratzen und Schaben, das sie zu hören glaubte, wirklich nur ihrer Einbildung entsprang. Sie hatte gehört, dass er erst kommen würde, wenn der Mond vollends aufgegangen war, aber wer sagte ihr, dass das stimmte? Vielleicht war er schon da, lauernd und unsichtbar, verborgen hinter den dichter werdenden Schatten der Nacht und auf eine Gelegenheit wartend, sie zu packen und zu sich herabzuziehen in die eisigen schweigenden Tiefen seines Reiches.
    Noch einmal bäumte sich Jennifer mit aller Kraft gegen die Fesseln auf, zerrte und zog mit aller Macht an den verdrillten Hanfschnüren, die ihre Gelenke banden.
    Dann riss einer der Stricke. Plötzlich waren ihre Füße frei und schlugen hart gegen den Bootsrand. Die Erschütterung ließ das kleine Schiffchen noch stärker schaukeln. Ein Schwall eisigen Wassers schwappte über seine niedrige Bordwand, durchnässte Jennifer bis auf die Haut und drang ihr in Mund und Nase.
    Aber der Schock, mit dem das Wasser wie eine Hand in ihr Gesicht klatschte, wirkte wie eine Ohrfeige. Jennifer hustete, setzte sich umständlich auf und spie Wasser und bittere Galle aus. Jetzt, da ihre
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