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Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit

Titel: Hexer-Edition 03: Das Haus am Ende der Zeit
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Howard hastig. »Wir müssen weg. Schnell!«
    Er kam nicht dazu, seinen Vorsatz in die Tat umzusetzen. Ein grauhaariger Mann vertrat ihm den Weg, hob in einer herrischen Geste die Hand und ballte sie gleichzeitig zur Faust. »Nicht ganz so schnell, Mister!«, sagte er. »Sie gehen nirgendwo hin.«
    Ich erkannte ihn. Es war der Mann, der uns im Treppenhaus angesprochen hatte. Ein eisiger Schrecken durchfuhr mich, als ich sah, wie sich eine Anzahl Gesichter beim Klang seiner Stimme in unsere Richtung wandten. Aus dem Haus hinter uns drangen noch immer Schreie und polternde, berstende Geräusche und mir wurde schmerzhaft bewusst, wie viele Menschen manchmal in diesen ärmlichen Unterkünften hausten. Und wie schnell sich das Feuer ausbreitete.
    »Wat willste?«, fragte Rowlf wütend. »Geh aussem Weg, Männeken! Wir müssen’e Feuerwehr rufn!«
    Aber diesmal ließ sich der Mann nicht von Rowlfs beeindruckender Erscheinung einschüchtern. Er baute sich im Gegenteil noch herausfordernder vor uns auf und streckte kampflustig das Kinn vor. Seine Stimme war laut genug, um trotz des Lärmes auch auf der anderen Straßenseite noch verstanden zu werden. »Was ist da oben passiert?«, fragte er mit einer wütenden Geste auf das brennende Haus. »Was haben Sie getan? Sie haben das Feuer gelegt!«
    Howard drückte seinen Arm herunter und versuchte sich an ihm vorbeizuschieben, aber der Mann setzte ihm mit einem zornigen Knurren nach und packte ihn mit beiden Händen an den Rockaufschlägen. »Sie haben das Haus angezündet!«, brüllte er. »Das ist alles Ihre Schuld!«
    Rowlf schlug ihn nieder. Wahrscheinlich war es das Falscheste, was er in diesem Moment hätte tun können, aber als er seinen Fehler bemerkte, war es zu spät. Der Mann sank mit einem lautlosen Seufzer in die Knie, aber aus der Menge, die sich auf der Straße versammelt hatte, erscholl im gleichen Augenblick ein vielstimmiger, zorniger Schrei.
    »Verdammter Idiot!«, brüllte Sean. Mit einem Satz war er bei Rowlf, versetzte ihm und Howard gleichzeitig einen Stoß, der beide gegen die Hauswand taumeln ließ, und baute sich breitbeinig zwischen ihnen und der näherrückenden Menge auf. »Robert, zu mir!«, schrie er. Plötzlich lag der Revolver in seiner Hand. Noch während ich mich beeilte mit einem verzweifelten Satz zu Rowlf und Howard zu gelangen, hob er die Waffe, schlug einem der näherkommenden Männer mit der flachen Hand ins Gesicht und zog gleichzeitig den Abzug zweimal hintereinander durch.
    Die Schüsse hallten wie Kanonenschläge durch die enge Straße. Die Menge, die vor einer halben Sekunde noch in einer schwerfälligen Bewegung herangeflutet war, prallte entsetzt zurück und für den Bruchteil eines Atemzuges war es so still, dass man die berühmte Stecknadel hätte fallen hören können. Selbst das Prasseln und Krachen des Feuers schien für einen Augenblick innezuhalten.
    Dann brach der Tumult doppelt heftig los. »Bringt sie um!«, schrie eine Stimme, und andere nahmen den Ruf auf und wiederholten ihn im Chor. »Sie haben das Haus angezündet!«, schrien sie, und: »Sie sind schuld daran.«
    Sean feuerte ein weiteres Mal in die Luft, aber diesmal blieb die erhoffte Wirkung aus. Die zuvorderst Stehenden versuchten vor ihm zurückzuweichen, wohl weniger aus Angst vor dem Revolver, als vielmehr vor seiner beeindruckenden Gestalt und seinen mächtigen, kampfbereit erhobenen Fäusten, aber die Männer und Frauen hinter ihnen schoben und drängten unbarmherzig weiter. Die Front drohend verzerrter Gesichter und geschüttelter Fäuste kam näher.
    »Lauft!«, keuchte Sean. »Verdammt nochmal, lauft! Ich versuche sie aufzuhalten! Wir treffen uns am Boot!«
    Howard zögerte noch einen winzigen Moment, aber dann sah er ein, dass wir keine Chance hatten, den aufgebrachten Mob zu beruhigen – oder uns gar mit Erfolg gegen ihn zu wehren.
    Verzweifelt rannten wir los. Zwei, drei Männer versuchten uns den Weg zu verstellen und uns aufzuhalten, aber Rowlf schlug sie nieder oder rannte sie einfach über den Haufen. Hinter uns peitschten Schüsse und das Grölen der Menge wurde zu einem höllischen Chor, der nach unserem Blut schrie. Für einen Moment glaubte ich Seans Stimme unter dem Kreischen der Menschenmenge zu vernehmen, dann waren wir um die nächste Straßenbiegung und rannten weiter. Aber wir hatten kaum hundert Schritte zurückgelegt, als auch schon die ersten Verfolger hinter uns auftauchten. Und ihre Zahl wuchs.
    Es war ein verzweifeltes Wettrennen.
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