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Hexentraum

Hexentraum

Titel: Hexentraum
Autoren: Debbie Viguié , Nancy Holder
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glühendem Blick entgegen. Das rechte war völlig zugeschwollen.
    Sie war unendlich erleichtert, noch jemanden lebend wiederzufinden. Die letzten paar Schritte rannte sie beinahe und zerrte Tommy hinter sich her.
    Schließlich standen sie einander gegenüber. Einen Moment lang sprach niemand ein Wort.
    Dann traten Pablo Tränen in die Augen. »Ich konnte euch spüren«, sagte er in scharfem, beinahe vorwurfsvollem Tonfall. »Da hinten im Wald habe ich euch gespürt. Ich konnte euch nicht erreichen, aber ich wusste, dass ihr hierherkommen würdet, also habe ich auf euch gewartet.«
    »Wie lange denn?«
    »Ein paar Stunden.«
    Amanda starrte ihn an. Pablo besaß eine Gabe, die sonst keiner von ihnen hatte: Er konnte Gedanken lesen, den Geist von Menschen spüren und auf diese Weise sogar jemanden orten. Es schnürte ihr die Kehle zu, doch sie musste fragen: »Und die anderen?«
    Er schüttelte langsam den Kopf. »Ich weiß es nicht. Einmal dachte ich, ich könnte Philippe spüren, aber seine Lebenskraft hat geflackert.« Er holte tief Luft. »Seit wir aus der Hütte geflohen sind, habe ich sonst niemanden gespürt.«
    Sie nickte langsam.
    »Wir sollten uns waschen und versuchen, ein bisschen auszuruhen«, schlug Tommy vor. Seine Stimme war heiser, kaum mehr als ein Flüstern, und ihr Klang erschreckte Amanda.
    »Du hast recht«, sagte sie und schaute nervös zum Eingang des Motels hinüber. »Aber ich habe nichts dabei - keinen Ausweis, keine Kreditkarte.«
    »Gut.« Tommy nickte mit grimmiger Befriedigung. »Wir sollten auch nichts benutzen, womit man uns aufspüren könnte.«
    »Aber ich habe auch kein Geld dabei. Du vielleicht?«, fragte sie.
    Er zuckte mit den Schultern. »Nein.«
    »Wie sollen wir dann ein Zimmer bezahlen?«, erwiderte sie und schlang die Arme um den Oberkörper, damit ihre Rippen sich beim Sprechen nicht so viel bewegten.
    Tommy wandte sich ihr zu und sah sie liebevoll an. »Ms Anderson, ich war immer ein ehrlicher Kerl, oder?«
    »Ja«, antwortete sie verwundert.
    »Du hast noch nie erlebt, dass ich gestohlen, betrogen oder gelogen habe, richtig?«
    »Nein, nie.«
    »Denk bitte daran, wenn du hörst, was ich dir jetzt sagen werde. Wir haben kein Geld? Kein Problem. Du bist eine Hexe. Also hexe, verdammt noch mal.«
    Beinahe hätte sie vor schockierter Verlegenheit laut gelacht. Natürlich hatte Tommy recht. Sie hatten gerade einen Krieg überlebt, und sie brauchten eine Zuflucht. Sie reckte das Kinn, machte auf dem Absatz kehrt und ließ die beiden jungen Männer zurück.
    Sie marschierte zur Rezeption und sah dem verblüfften Hotelangestellten fest in die Augen. »Ich möchte ein ruhiges Zimmer mit zwei Betten.«
    »Dann... bräuchte ich bitte Ihre Kreditkarte und Ihren Ausweis«, stammelte der Mann.
    »Die habe ich Ihnen schon gezeigt«, sagte sie und senkte die Stimme. Sie stellte sich vor, wie ihre Worte über ihn und durch ihn hindurchflossen, und verlieh ihnen die Macht, seine Wahrnehmung zu verändern.
    Seine Augen wurden ein wenig glasig. »Verzeihung, Sie haben ganz recht. Wie lange möchten Sie bleiben?«
    »Ich gebe Ihnen Bescheid«, sagte sie beruhigend.
    Er nickte geistesabwesend und reichte ihr einen Zimmerschlüssel. Sie nahm ihn, versetzte dem Mann zur Sicherheit einen letzten geistigen Schubs und spazierte zur Tür hinaus. Ihre Knie wackelten ein bisschen, aber sie ging weiter.
    Sie holte Tommy und Pablo, und zu dritt betraten sie das Zimmer. Es war sauber und viel größer, als Amanda erwartet hatte.
    Sie wandte sich um und sah Tommy zum ersten Mal richtig an, seit der Angriff begonnen hatte. Er starrte sie mit weit aufgerissenen Augen an, und sie verspürte den seltsamen Drang zu lachen.
    Tommys Augenbrauen waren weg, ein Opfer der Flammen, die sie alle hatten verschlingen wollen. Ohne sie sah sein Gesicht beinahe ulkig aus. Reflexhaft hob sie die Hand und tastete nach ihren eigenen Brauen. Es fühlte sich an, als seien sie noch da.
    Mit verwunderter Miene machte Tommy ihre Bewegung nach. Seine Augen weiteten sich, als er erkannte, warum sie ihn so angestarrt hatte. Er drehte sich um und betrachtete sich im Spiegel. »So kann's gehen, wenn man mit dem Feuer spielt«, scherzte er.
    In Amanda stieg eine Woge der Liebe zu ihm auf. Tommy hatte schon immer gewusst, wie er sie aufheitern konnte. Langsam wandte sie den Kopf, bis sie ebenfalls in den Spiegel schaute.
    Sie erkannte sich nicht wieder. Aus dem Spiegel starrte ihr eine junge Frau in zerfetzter Kleidung entgegen. An
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