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Hexenjagd

Hexenjagd

Titel: Hexenjagd
Autoren: Katica Fischer
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einzusperren, damit du dich wieder besinnst. Wage es nicht! Wage es ja nicht noch einmal, mich zu belehren!“
    Das Mädchen hob eine zitternde Hand an die schmerzenden Lippen, ertastete einen brennenden, blutenden Riss und drückte gleich ein Taschentuch darauf, um die Blutung zu stoppen. Wortlos wandte es sich ab und strebte die Treppe hinauf. In diesem Augenblick hatte es nur noch einen Wunsch: in seine Kammer zu kommen – mochte diese auch noch so kalt sein! – und die Tür hinter sich zu schließen. Vergessen war der Hunger, der es nach Hause getrieben hatte. Vergessen auch der Wunsch nach Wärme. Alles was es sich jetzt herbeisehnte, war die Stille und Abgeschiedenheit seines Gemaches.
    „Die Herrin wollte dich abholen“, giftete die Mutter hinter der Tochter her. „Sie wollte dich zu ihrer Gesellschafterin machen. Aber so wie es aussieht, können wir nun nicht mehr damit rechnen. Du wirst in ein Kloster gehen müssen, denn so wie du dich verhältst, wirst du niemals standesgemäß heiraten können!“
    Die Gescholtene ersparte sich eine Erwiderung, weil sie sicher sein konnte, damit einen noch heftigeren Streit auszulösen. Sie hatte sich nichts vorzuwerfen, auch wenn die Mutter ihr immer wieder unterstellte, ein leichtfertiges Frauenzimmer zu sein. Sie hatte die Aufgabe des Vaters übernommen, weil dieser wieder einmal nicht in der Lage gewesen war, eine vernünftige Entscheidung zu treffen. Aber einer musste sich doch um die Belange der armen Kinder kümmern, dachte sie voller Trotz. Dummheit war doch der größte Feind des Menschen! Wer dumm gehalten wurde, von dem konnte man nicht verlangen, dass er die Notwendigkeit bestimmter Dinge einsah. Selbst einfache Arbeiten auf den Feldern konnten durch Dummheit zunichte gemacht werden, was die Ernte und damit den Gewinn ausbleiben ließ. Die Alten gaben ihr Wissen zwar immer weiter, aber neue Erkenntnisse fanden kaum ein offenes Ohr, weil man der modernen Wissenschaft misstraute, die meist völlig unbekannte und daher vermeintlich verdrehte Behauptungen aufstellte. Aber es war äußerst wichtig, über neue Arbeitsweisen oder eine verbesserte Bodennutzung nachzudenken, denn nur wenn man bereit war, Neuheiten als normal und brauchbar zu erkennen, würde man sich die Arbeit und somit auch das Leben erleichtern!
    „Celiska! Celiska! Mach endlich die verfluchte Tür auf!“
    Die junge Frau schreckte aus dem Schlaf und meinte, ihr Herz müsse ihr jeden Augenblick aus dem Leibe springen. Atemlos starrte sie ein paar Sekunden lang verwirrt zur Zimmerdecke hinauf, unfähig zu entscheiden, wo sie war. Dann endlich erkannte sie ihr eigenes Schlafzimmer und richtete sich auf. Ein Traum, dachte sie erleichtert. Sie hatte bloß geträumt! Merkwürdig nur, dass sie auch jetzt, da sie hellwach war, die gleiche Bedrohung zu spüren meinte wie vor ihrem Erwachen. Die bedrückende Atmosphäre des kalten Backsteingebäudes, welches sie in ihrem Traum gesehen hatte, schien nach wie vor auf ihrem Gemüt zu lasten, zumal es darin tatsächlich so dunkel und kalt war wie in einem Grab. Und auf ihrem Weg die große Wendeltreppe hinauf war sie das Gefühl nicht losgeworden, aus jedem dunklen Winkel von verborgenen Augenpaaren beobachtet zu werden. Selbst in der kleinen und eiskalten Kammer, in die sie sich am Ende flüchtete, hatte sie gemeint, man belauere sie aus allen Ecken heraus!
    „Celiska! Komm gefälligst raus! Du musst mit mir frühstücken.“
    Die Gerufene blickte auf den Wecker und sprang wie angestochen auf. Sie hatte verschlafen, erkannte sie voller Panik, weil sie am Vorabend weder richtig ins Bett gegangen war noch den Wecker gestellt hatte. Ohne weiter auf das Gezeter der Mutter zu achten, stürzte sie zur Tür hinaus ins Badezimmer. Innerhalb weniger Minuten hatte sie geduscht und frische Kleidung angezogen, um dann in rasender Eile aus der Wohnung zu laufen. Da der Bus nun weg war, blieb ihr nur noch eine Möglichkeit.
    Während sich das Taxi seinen Weg durch den Berufsverkehr bahnte, sah Celiska immer wieder auf ihre Armbanduhr, deren Zeiger unbarmherzig vorwärts rückten. Welch eine Blamage, dachte sie beklommen. Da wurde sie zur Chefsekretärin befördert und kam schon am nächsten Tag zu spät! Was würde man nun von ihr denken?
    Als der Wagen endlich den Parkplatz des Firmengeländes ansteuerte, kramte die junge Frau ihr Portemonnaie heraus, suchte die passende Summe zusammen und drückte das Geld dem Fahrer in die Hand, um dann fluchtartig das Auto zu
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